Hier ist sie nun, zumindest erst einmal zum Anfassen und nicht zum Kaufen, aber das reicht für einen ersten Eindruck. Ein Filialleiter gab uns die Chance, abseits der Masse mit der Uhr etwas herumzuspielen und wir präsentieren euch frische Eindrücke zur Apple Watch. Vor allem wohl auch interessant für unsere Schweizer Leserinnen und Leser.
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Edles Design und Verarbeitung auf extrem hohen Niveau
Was soll man sagen, ausser: Glückwunsch Apple! Die Apple Watch ist allein vom Gefühl und der Haptik her wohl die derzeit edelste Smartwatch auf dem Markt. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint, so ist vor allem die Edelstahl-Version ein echter Blickfang und vor allem auch auf der nackten Haut ganz edles Stück Technik. Die sehr hochwertigen Armbänder, welche eher mit dem Zubehör teurerer Chronographen konkurrieren als mit den bisher verfügbaren Bändern der Smartwatch-Konkurrenz. Apple will seine Smartwatch in erster Linie unter dem Aspekt der Mode verkaufen und das merkt man schon im Gespräch mit den Mitarbeitern im Store. Überall liegen Kästen mit verschiedenen Modellen mit unterschiedlichsten Armbändern zum Ausprobieren. Vor jedem Auspacken und dem Wiedereinschliessen werden alle Uhren jedes Mal sorgfältig poliert. Sowohl der Store-Leiter als auch alle Beschäftigten gingen nur bei detaillierter Fragestellung auf die Technik ein. Hauptthema waren mit grossem Abstand die verfügbaren Armbänder und Varianten der Apple Watch.
Die Auswahl hier ist zwar nicht riesig, allerdings gross genug, um den Geschmack der meisten Menschen zu treffen: Von Gliederarmbändern aus poliertem Edelstahl bis hin zu feinstem Leder mit Goldverschluss für die Edition-Modelle. Auch das günstigste der Sportarmbänder fühlt sich überraschend gut an. Gingen wir in erster Linie noch von einem handelsüblichen Kunststoffband aus, welches wahrscheinlich jedes einzelne Haar auf einem Männer-Arm unangenehm bearbeitet, war mit Apples Version eines solchen Armbands nichts dergleichen zu merken. Es war angenehm glatt, allerdings gleichzeitig nur leicht fein angeraut für guten Sitz. Es gibt Armbänder, welche Stufenlos verstellbar sind, so beispielsweise das aus feingliedrigem Edelstahl bestehende Milanaise oder das Lederarmband namens Loop. Die Preise sind für die hochwertigen Materialen und die Verarbeitung aber auch entsprechend hoch: Das Milanaise-Armband schlägt mit 169 Euro zu buche, das Loop-Lederarmband ebenfalls. Das Edelstahl-Gliederband liegt sogar bei satten 499 Euro. Die Grösse spielt hier übrigens keine Rolle. Egal ob Apple Watch mit 38 oder 42 mm, ihr bezahlt immer den selben Preis.
Wie gerade schon erwähnt, ist die Watch in zwei Grössen erhältlich. Frauen werden sich wohl eher für das Modell mit 38 mm entscheiden. Auf den ersten Blick sind die 4 mm Unterschied allerdings nicht deutlich zu unterscheiden. Beim Tragen am Arm ist die Differenz dann aber doch zu spüren und auch zu sehen. Des Weiteren gibt es auch noch Unterschiede in den Materialien: Die Sport Edition ist aus gebürstetem Aluminium und die Edelstahlversion besitzt ein glänzendes Finish. Beide Modelle gibt es in den Farben Silber und Space Grey bzw. als Edelstahl-Version auch in einem schwarz namens Space Black.
Als wir uns unter die interessierte Masse mischten, um die Menschenmenge nach ihrer Meinung zu fragen, war das Ergebnis extrem eindeutig: Die Frauen sind froh, dass es endlich auch eine Uhr für ihre Handgelenke gibt und die Männer würden am liebsten direkt die Edelstahlversion mit Gliederband einstecken. Diese hat allerdings auch ihren Preis: Das 42-mm-Modell kostet nur mal eben 1’149 Euro. Die Masche als Mode-Artikel zieht allerdings, denn die meisten Interessierten sahen die Uhr als schickes Accessoire mit tollen Nebenfunktionen. Apple scheint hier wohl einen Nerv getroffen zu haben, den andere Hersteller zu Beginn übersehen haben.
Viele Funktionen, anfangs unübersichtliche Bedienung
Die eine Stunde reichte bei Weitem nicht, um den riesigen vorinstallierten Funktionsumfang der Apple Watch ausgiebig unter die Lupe zu nehmen. Es bedarf daher einiges an Einarbeitungszeit, um auch die entlegensten Winkel der Software in Augenschein zu nehmen. Zudem ist die Bedienung anfänglich Apple-untypisch kompliziert. Jeder Wisch kann in unterschiedlichen Ebenen der Software auch unterschiedliche Aktionen hervorrufen. Bis man tatsächlich alles herausgefunden hat, kann es unter Umständen etwas dauern.
Die Krone der Apple Watch ist allerdings tatsächlich ein Highlight in der Bedienung. Erst einmal ist einem auf den ersten Blick nicht wirklich klar, wie praktisch diese für das Navigieren in der Uhr sein kann, bis man völlig intuitiv nach ihr greift. Das stufenlose Zoomen, ohne seine Finger auf dem kleinen Display herumrutschen zu lassen, ist durchaus ein angenehmes Feature. Das gleiche gilt für das scrollen von langen Listen oder gar das stufenlose Anpassen der Grösse von Zifferblättern. Ein Druck auf die Krone bringt euch jederzeit zurück auf den Homescreen mit den Apps. Der Druck auf den länglichen Button darunter hingegen bringt euch zu den Listen von favorisierten Kontakten.
Generell waren alle von Apple entwickelten Apps bereits vorinstalliert. Diese helfen beim Pulsmessen über den Sensor unter der Uhr, beim Nachrichten senden, beim Telefonieren, beim Schritte zählen, beim Navigieren und bei vielen weiteren Aktivitäten. Auch die von Apple bereits angekündigten Watchfaces waren integriert. Nach einer Stunde Herumspielen waren nicht viele Prozente von der Akkuanzeige heruntergepurzelt. Grund zur Annahme, dass die Laufzeit von einem Tag bei stärkerer Nutzung wie von Apple versprochen auch erreicht wird. Dennoch würde diese Angabe immer noch unter dem Ergebnis einiger derzeitiger Topmodelle liegen.
Wird der iPhone-Zwang zur Achillesferse?
Der Funktionsumfang ist aber ordentlich und auf sehr hohem Niveau. Meldungen darüber, dass die Apple Watch nur teures Spielzeug sei, kann man getrost beiseite legen. Sie harmoniert perfekt mit dem iPhone zusammen und ergänzt es in Form – sinnbildlich gesprochen – eines verlängerten Armes. Doch hier fängt die Problematik an: Trennt man den Arm ab, ist er nutzlos. Heisst im Klartext, dass ohne das iPhone nicht viel geht. Sie funktioniert zwar auch ohne Apple-Telefon, wird allerdings dann ohne Internetverbindung nur noch auf wenige Funktionen reduziert. Beispielsweise könnt ihr zwar immer noch joggen gehen, es werden die Schritte gezählt und daraus die gelaufene Entfernung berechnet. Es ist aber zu ungenau. Durch fehlendes GPS ist die Apple Watch zu mehr Datenaufbereitung nicht fähig, sie braucht also die Unterstützung des Phones.
Somit liefern Uhren wie die Samsung Gear S mit SIM-Modul in erster Linie mehr: Sie laufen auch völlig autonom und können gewisse komplexere Aufgaben eines richtigen Smartphones übernehmen, sofern es die App erlaubt, oder wenn es überhaupt eine passende gibt. Die Apple Watch schafft das nur mit gekoppeltem iPhone, dafür ist die App-Ausbeute der Apple Watch schon vor Marktstart höher als auf Android.
Diverse Anbieter, wie Fluggesellschaften, Runtastic, OneFootball und viele mehr haben bereits jetzt schon Apps am Start. Wir haben im Apple Watch Forum bereits eine grössere Liste an Apps gesammelt, die die neue Uhr unterstützen und das sind bei Weitem noch nicht alle. Unter dem Link von Watchaware findet man bereits vor Marktstart fast 200 Apps und dort sind teils richtig grosse Namen vertreten. Das Angebot wächst mittlerweile täglich weiter und die Uhr erscheint erst am 24. April. Sogar Tesla und BMW bieten bereits Apps an, mit denen ihr euer Auto öffnen bzw. verschliessen, per Glance-System den Parkort ausfindig machen könnt oder die Füllstandsanzeige auf die Uhr gesendet bekommt.
Fazit: Richtig tolle Smartwatch! Allerdings nicht der heilige Gral
Tolle Überschrift, oder? Insgeheim war es ja klar. Apple hat sich Gedanken gemacht und die Apple Watch hat viele tolle Funktionen. Das Zusammenspiel zwischen iPhone und Apple Watch ist superb und macht einfach nur Spass. Somit wird die Smartwatch aus Cupertino nicht nur zu einem netten Spielzeug mit Begeisterungsfaktor, sondern auch zu einem sehr nützlichen Werkzeug. Leider habe ich (noch) keinen BMW, um die App des Autoherstellers zu testen, aber ich frage mal ein “Testgerät” an, bezweifle nur leider, dass ich eines bekomme.
Abzüge gibts für die anfänglich mehr oder weniger undurchdachte Bedienung. Eine derartige Orientierungslosigkeit war man von Apple-Produkten bisher nicht gewohnt. Zweiter Kritikpunkt und damit auch ein wirklich grosser ist und bleibt die Akkulaufzeit. Zwar scheint es durchaus möglich, bei moderater Belastung den Tag zu überstehen, doch ist dieser eine Tag für eine Uhr eine seltsame Erfahrung. Allerdings muss sich das alles noch in einem echten Test über mehrere Tage hinweg beweisen. Schlussendlich ist auch das fehlende GPS ein No-Go für ein Device, welches sich offensichtlich auch als Fitnesstracker versteht. Eine Samsung Gear S oder SmartWatch 3 von Sony können den Weg auch ohne Smartphone beim Laufen aufzeichnen und auswerten. Die Apple Watch kann das ohne iPhone einfach nicht, was Lauf-Enthusiasten auf Dauer störend aufstossen könnte. Diese wollen nämlich deutlich mehr Daten auswerten als nur die gezählten Schritte und die daraus berechnete ungefähre Entfernung.
Unterm Strich bleibt eine super Smartwatch und ich greife hier gerne wieder den verlängerten Arm auf: Sie ergänzt das iPhone auf eine praktische Weise. Apple konnte wieder einmal zwei Geräte perfekt miteinander verbinden. Alles greift aus erster Hand und macht ordentlich Spass. Zieht man nun die anderen Kritikpunkte hinzu, merkt man aber auch, dass es Apples erster Versuch ist, sich in diesem Segment zu behaupten. Ein durchaus gelungener Einstand – keine Frage – aber auf jeden Fall nicht perfekt und auch nicht ganz so weit von der Konkurrenz entfernt, wie man das vielleicht denken würde. Die extrem schnell anwachsende App-Vielfalt wird den Nutzen allerdings auch noch steigern, aber die Kritikpunkte wohl nicht völlig vergessen machen.