HMD hatte auf er IFA2024 das Fusion Smartphone präsentiert. Das modulare Handy hat dann doch viele in der Branche überrascht, denn viele dachten, so etwas kommt nicht mehr auf den Markt, nachdem Google das Project Ara beerdigte. Das HMD Fusion lässt sich durch Hüllen anpassen und zusätzliche Hardware kommen so neue Funktionen und Features hinzu. Wir haben das Smartphone mit Snapdragon 4 Gen 2 getestet.
Inhaltsverzeichnis
Lieferumfang des HMD Fusion
Das Smartphone aus dem Hause Human Machine Device kommt zusammen einer Kurzanleitung und einer Sicherheitsbroschüre in elf Sprachen, einem SIM-Karten-Slot-Öffnungswerkzeug sowie einem USB-C-Kabel und dem Transparent Fusion Casual Outfit. Letzteres ist ein Bumper-Case aus Silikon mit transparenter Rückseite, dass durch seine Querstreifen einen Ausschnitt des mittleren Teil des HMD-Logos zwei mal aufweist. Mehr ist nicht im Karton des HMD Fusion, auch kein Netzteil mehr. Das ist aber heute bei schon sehr vielen Handys der Fall, schliesslich haben die meisten von uns schon USB-C-Ladegeräte vorrätig und brauchen nicht noch eins für die Schublade.
Hardware und Eigenschaften
Das HMD Fusion ist 164.15 x 75.5 x 8.32 mm gross und wiegt 202.5 Gramm. Auf der Vorderseite zeigt sich der 6.56 Zoll Bildschirm im Seitenverhältnis 20:9 mit einer Auflösung von HD+, also 720 x 1612 Pixel. Damit bringt das Fusion von HMD eine Pixeldichte von gerade 269.13 PPI auf die Waage. Dafür kann das Panel mit einer Bildwiederholfrequenz von 90 Hz und 600 nits, also 600 cd/m2, Spitzenhelligkeit aufwarten.
Im kleinen, mittleren Loch des Displays vorne ist eine Frontkamera mit 50 Megapixel und festem Fokus verbaut, während die rückseitige Hauptkamera auf 108 MP kommt. Sie ist mit einem Autofokus mit Smart EIS und einem 2 MP Tiefenschärfen-Sensor sowie Dual-LED-Blitz ausgestattet.
Im Inneren werkelt ein Qualcomm SM4450 SoC, der auf den Namen Snapdragon 4 Gen 2 hört. Der Octa-Core kann auf 6 GB oder 8 GB RAM sowie 128 GB oder 256 GB zurückgreifen. Zudem kann der RAM virtuell verdoppelt werden.
Der interne, austauschbare Akku 5000 mAh kommt auf einer Laufzeit von bis zu 65 Stunden und kann dank USB-PD und QuickCharge mit bis zu 33 Watt aufgeladen werden. Er ist nicht direkt zum Herausnehmen gedacht, aber dank der erneuten Kooperation von HMD mit iFixit kann mit nur wenigen Handgriffen nicht nur der Akku sondern auch so manch andere Komponente des Fusion ausgetauscht werden. Die entsprechenden Ersatzteile kann man über iFixit beziehen.
Zum Verbinden stehen dem HMD Fusion Bluetooth 5.1 und WLAN nach IEEE802.11 a/b/g/n/ac zur Verfügung. Zudem ist das Hany 802.11ax-ready. FM-Radio wird auch unterstützt.
Bluetooth 5.1 kann zudem genutzt werden, um Sound mit Qualcomms aptX Adaptive Audio mit niedriger Latenz und hoher Auflösung zu übertragen. OZO Audiowiedergabe und -aufnahme sind ebenfalls mit an Bord. Für die verschiedenen Outfits hat das HMD Fusion auf der Rückseite sechs Pins im unteren Bereich verbaut.
Der USB-C-Anschluss kann Daten mit USB 2.0 und maximal 480 Mbit/s übertragen, unterstützt USB On-the-go (OTG). Zudem ist ein analoger Audioausgang in Form eines 3.5-mm-Stereoklinkenanschluss verbaut.
NFC wird ebenso unterstützt wie GPS/AGPS, GLONASS, BDS sowie Galileo zur Positionsbestimmung und 5G Mobilfunk für die Daten- und Sprachverbindung. Die übliche Sensorik von Beschleunigungsmesser (G-Sensor), E-Kompass, Gyroskop
Näherungssensor und Umgebungslichtsensor komplettieren das Gerät.
Bilder: PocketPC.ch / Jeanrenaud
Ganz klassisch befindet sich im unteren Rand des HMD Fusion der USB-C-Port mittig verbaut und daneben sind Lautsprecher und 3.5-mm-Klinkenbuchse sowie das Mikrofon zu finden. Rechts sind die Lautstärkewippe sowie der Ein-Aus-Knopf mit eingebautem Fingerabdrucksensor. Links ist der SIM-Karten-Slot, der zwei nanoSIM-Karten oder eine microSD-Karte bis zu 1 TB und eine nanoSIM aufnimmt. Da das Fusion von HMD auch eSIM unterstützt, ist das aber kein Problem.
Das HMD Fusion ist nach Schutzart IP54 gegen Wasser und Staub gefeilt. Als Software kommt Android 14 zum Einsatz und es werden zwei Upgrades, also bis Android 16, von HMD versprochen.
HMD Fusion Flashy Outfit
Die dunkelblaue Hülle kommt mit einer Kurzanleitung sowie Sicherheitsinformationen in mehreren Sprachen. Auch hier ist auf der Rückseite ein Ausschnitt aus der Mitte des HMD-Logos zu sehen – dieses mal jedoch machen die Querlinien die Buchstabenteile aus und nicht die Zwischenräume wie beim Transparent Fusion Casual Outfit.
Mit sechs Pogo-Pins auf der Innenseite verbindet sich das Flashy Outfit mit dem HMD Fusion. Um den Kamerabuckel hat diese Hülle nun nämlich ein Ringlicht mit 48 RGB-LED, das stufenlos geklappt werden kann. In der Kamera-App ist alsdann auch ein neues Menü zu finden, mit dem nicht nur die Flashy-Leuchte eingeschaltet sondern auch deren Helligkeit und Farbe konfiguriert werden kann.
Testeindruck zum HMD Fusion
Das HMD Fusion macht einen sehr soliden und hochwertigen Eindruck. Auch wenn man es kaum noch gewohnt ist, Torx-Schrauben auf der Rückseite eines Handys zu sehen, wirkt es damit keineswegs billig oder all zu technisch. Die technischen Werte des Fusion können sich durchaus sehen lassen, wenngleich auch nicht im High-End-Bereich. Dafür steckt einfach zu wenig unter der Haube und das Display löst fast schon sträflich niedrig auf. Einzig der Akku scheint gut dimensioniert und praktisch bei der schwachbrüstigen Hardware.
Der verbaute Snapdragon 4 Gen 2 indes ist nicht der schnellste SoC am Smartphone-Himmel. Das zeigt sich auch in den Benchmarks.
Benchmarks: PocketPC.ch / Jeanrenaud
Leistung und Akkulaufzeit
Für den Alltagsgebrauch und ein paar Spiele ist das HMD Fusion dennoch gut zu gebrauchen. Durch die verbaute Hardware und vor allem das grobaufgelöste Display hält der Akku von 5000 mAh aber auch durchaus gut durch. 65 Stunden sind zwar selten zu erreichen, aber mehr als zwei Tage kommt man durchaus mit dem HMD Fusion aus.
Kamera und Flashy Outfit
Die 108 MP Kamera schiesst durchaus ansehnliche Bilder und ist bei Tag und Nacht gut zu gebrauchen. Auch die Selfie-Knipse ist für passable Fotos geeignet. Spannend indes ist natürlich das Flashy Outfit des HMD Fusion, dass gerade bei Nacht oder in dunklen Räumen gut zur Geltung kommt. Jedoch muss man sagen, dass selbst auf Weiss eingestellt die RGB-LED einen deutlichen Blaustich von sich geben und man so doch etwas nachkorrigieren muss. Der handelsübliche Blitz auf er Rückseite schiesst da natürlichere Bilder. Für ein Selfie-Reel zwischendurch ist der LED-Rinf des Flashy Outfits aber sehr gut geeignet.
Beispielfotos: PocketPC.ch / Jeanrenaud
Nützlich ist vielleicht auch, dass der, leider aus Kunststoff gebaute, Ring des Flashy Outfits auch als Ständer genutzt werden kann, wenn man das HMD Fusion seitlich aufstellt. Für das Videoschauen im Zug etwa ist das ganz praktisch.
Software
Das Android 14 auf dem Fusion ist relativ nah an Stock, wobei HMD einen eigenen Launcher mitliefert. Unerklärlicherweise ist zudem die Vodafone AppBox mit an Bord. Auch liefert HMD weitere Bloatdware mit aus – darunter Facebook, Booking.com, Kindred, Amazon, Fitbit und LinkedIn sowie Express VPN. Das mag ich nun mal gar nicht. Alles bis auf Facebook kann man aber zum Glück deinstallieren. Auch die Vodafone AppBox. Besser ist das.
Die Integration der Fusion Outfits in das System ist nahezu nahtlos. Das Flashy Outfit springt sofort in der Kamera-App an und kann dort eingestellt werden. Apps anderer Hersteller, OpenCamera etwa, sehen die zusätzliche Leuchte entsprechend jedoch nicht.
Screenshots: PocketPC.ch / Jeanrenaud
Mehr Outfits?
HMD bietet neben dem Flashy Outfit das Fusion Causal Outfit an, das eine handelsübliche Hülle ohne Extrafunktion darstellt. Aber es gibt auch das Fusion Rugged Outfit, mit zwei Ösen für den Tragegurt sowie breiterem Bumper für besseren Schutz. Zusätzliche Features sind aber auch da nicht enthalten.
Was für weitere Outfits der Hersteller zum HMD Fusion noch veröffentlichen wird, bleibt abzuwarten. HMD hat ein Open-Source-Toolkit für Fusion Outfits veröffentlicht, mit dem sich alle ihre eigenen Fusion Outfits bauen können. Dabei handelt es sich jedoch um ein elf-seitiges PDF-Dokument mit den Massen, der PIN-Belegung etwas Beispielcode. Da die sechs Pins für die Outfits eigentlich nur den USB-Bus und einen weiteren für die Erkennung der Stromstärke enthalten, ist das Ganze auch nicht sonderlich kompliziert. Alles, was von Android via USB benutzt werden kann, ist hier vorstellbar. Vom Labeldrucker bis zur Wärmebildkamera und vielem mehr.
Dennoch würde ich mir hier wünschen, dass gleich Beispiel-Dateien für 3D-Drucker im OBJ- oder STL-Format vorliegen würden. Dafür kann das Outfit auch das Verhalten auf dem Smartphone beeinflussen, etwa das Hintergrundbild ändern oder eben ein externes Gerät versorgen. Einen Discord gibt es auch für Fusion Outfit Developer.
Reparierbarkeit
Auch beim HMD Fusion ist wieder iFixit mit an Bord und es können Display, Rückwand, Akku sowie Ladeanschluss einfach nachbestellt und ausgetauscht werden. Die Torx-Schrauben sind einfach zu lösen und das Gerät intuitiv und einfach zu zerlegen. Entsprechende Schritt-für-Schritt-Anleitungen von iFixit für das HMD Fusion sind ebenfalls vorhanden und erleichtern es auch ungeübten, das eigene Handy schnell und unkompliziert zu reparieren.
Preis und Fazit
Das HMD Fusion kostet beim Hersteller 229,99 Euro bzw. SFr. statt 269,99 Euro bzw. SFr. UVP mit 6 GB RAM und 128 GB internem Speicher. Für 8 GB RAM und 256 GB Speicherplatz sind 249,99 Euro bzw. SFr. statt 299,99 Euro bzw. SFr. fällig.
Die Fusion Outfits sind für 9.99 SFr. bzw. Euro statt 23,99 Euro bzw. SFr. im Falle des Casual Outfits zu bekommen und färben den Rücken des HMD Fusion entweder mit Pink, Cyan oder Blue.
Das Fusion Flashy Outfit verkauft HMD in Indigo Blue und Pink, wobei genauso wie für das schwarze Rugged Outfit weder Preis noch Verkaufsstart angegeben werden.
Insgesamt ist das HMD Fusion ein interessantes Smartphone geworden, wenngleich nicht die höchste Leistung zu erwarten ist. Die Erweiterungsmöglichkeit durch die Outfit-Hüllen hat Potential, wobei abzuwarten bleibt, ob mehr als nur der Selfie-Ring auf den Markt kommen werden. Ein Qi-Wirless-Charging Case würde ich mir zunächst sicher basteln wollen, aber auch andere spannende Anwendungen liessen sich sicherlich umsetzen. Toll indes ist die Reparierbarkeit, die HMD in Zusammenarbeit mit iFixit realisiert sowie dass wir zwei Jahre lang Upgrades, also bis Android 16, erwarten dürfen.
Video: HMD