Der grosse, deutsche private Fernsehsender RTL brachte den Stein gemeinsam mit dem Handelsblatt ins Rollen. Der Tenor: Verschickt man ein Bild via WhatsApp an andere, so kann man sich im schlimmsten Fall kurz darauf auf Werbeplakaten wiederfinden, da man sämtliche Nutzungsrechte an WhatsApp abtrete. Meine Mieze bald ungefragt in einer landesweiten Werbekampagne für Katzenfutter? Omi in der Sparkassenwerbung? Die Medien verbreiten immer mal wieder und sehr gerne Schocknachrichten, auf die dann einige andere Medien unreflektiert aufspringen. Angst verkauft Auflage. Und nachdem WhatsApp von Facebook gekauft wurde, unter Windows Phone gerade nicht verfügbar ist, lag es wohl nahe, in die Kerbe zu schlagen. Aber ganz so schlimm ist es sehr oft nicht. Im aktuellen Fall “WhatsApp: Bild verschickt und somit verschenkt” hat sich der Journalist Andreas Rickmann den Sachverhalt und die AGB einmal etwas genauer angeschaut und in sehr treffender und korrekter Weise analysiert. Wir teilen seine Analyse weitgehend, weswegen wir euch die Bedingungen auch näher aufschlüsseln.
AGB zwar nicht leicht verständlich, aber eindeutig
Die AGB des WhatsApp Konzerns sind, genau wie die der meisten anderen Firmen, nicht gerade unkompliziert. Zudem sind sie ausschliesslich auf Englisch erhältlich, was für viele eine Hürde ist, sie sich genau durchzulesen und – seien wir ehrlich – wer liest sich AGB generell denn von vorn bis hinten durch? Dennoch sollte man sich dann auch nicht blind darauf verlassen, was andere Medien aus diesen Geschäftsbedingungen herauslesen.
So schreibt WhatsApp unter Punkt 5A der AGB, die übrigens seit 2012 unverändert ist, zum Thema Status Updates, Profilfoto, die “zuletzt Online” Angabe und “andere Mitteilungen”:
The WhatsApp Service allows WhatsApp users to submit status text, profile photos and other communications submitted by you, as well as the automatic submission of your "last seen” status (collectively, the “Status Submissions”).
So weit so klar: Man hat also die Möglichkeit, seinen Status, Profilbild etc. im Rahmen der “Status Submissions” anzugeben. Als nächstes unterscheidet WhatsApp klar zwischen Gruppen- bzw. Einzelchats und Status Updates:
For clarity, direct messages, location data and photos or files that you send directly to other WhatsApp users will only be viewable by those WhatsApp user(s) or group(s) you directly send such information; but Status Submissions may be globally viewed by WhatsApp users that have your mobile phone number on their smartphone, unless the user is blocked by you.
Hier wird ganz klar angeben, dass Chatnachrichten, sowohl in Gruppen-, als auch in Einzelchats nur für diejenigen sichtbar sind, an die sie gesendet werden. Aber, und auch das ist logisch, alle “Status Submissions”, also Status, Bild, zuletzt Online Anzeige etc. sind weltweit sichtbar und öffentlich. Alle, die eure Handynummer haben, können diese Angaben sehen, es sei denn, ihr blockt bestimmte Personen.
Die strittige Passage, auf die sich die Berichte von Handelsblatt und Co. beziehen, ist diese hier:
To be clear: you retain all of your ownership rights in your Status Submissions, but you have to have the rights in the first place. However, by submitting the Status Submissions to WhatsApp, you hereby grant WhatsApp a worldwide, non-exclusive, royalty-free, sublicenseable and transferable license to use, reproduce, distribute, prepare derivative works of, display, and perform the Status Submissions in connection with the WhatsApp Service and WhatsApp’s (and its successor’s) business, including without limitation for promoting and redistributing part or all of the WhatsApp Service (and derivative works thereof) in any media formats and through any media channels.
Also: Die Urheberrechte werden nicht angegriffen. Die Bilder, die einem selbst gehören, bleiben auch so. WhatsApp macht hier sogar klar, dass man an seinen Profilbildern selbst die Rechte besitzen muss. Aber man gibt WhatsApp mit Einstellen des Profilbilds die Lizenz, dieses weltweit zu nutzen. Nicht exklusiv, aber kostenlos. WhatsApp darf das Bild nutzen, weiterverbreiten und anzeigen, sofern es den Richtlinien und dem Gebrauch von WhatsApp entspricht.
Treten wir also die Rechte unseren Profilbildern ab? Jein. Der Punkt ist: Wir müssen Nutzungsrechte an den Bildern, die wir als Profilbild nutzen, abgeben, damit WhatsApp sie den anderen Kontakten überhaupt anzeigen darf. Das wäre sonst nämlich nicht erlaubt und nur man selbst könnte das Bild sehen – was ja irgendwie witzlos wäre. WhatsApp weist sogar mehrfach darauf hin, dass man nur solche Bilder als Profilbild wählen sollte, die man weltweit angezeigt haben möchte.
WhatsApp also keine Datenkrake?
Nun, das kann nicht abschliessend beantwortet werden. WhatsApp selbst gibt an, “normalerweise” keine Nachrichten zu speichern oder zu kopieren. Generell gilt, auch aufgrund der vielen Sicherheitslücken, die in der Vergangenheit festgestellt wurden, dass per WhatsApp keine sensiblen Daten verschickt werden sollten. Auch bei Kindern und Jugendlichen sollte man natürlich immer ein Auge darauf haben, wie sie mit den sozialen Medien und Messengern umgehen. Dazu gehört aber auch, dass sie über die Risiken und den Nutzen dieser Medien aufgeklärt werden – und eben nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. Auch Instagram, Google+ und Facebook, worüber sinnigerweise die WhatsApp-Meldung der verbreitet wurden, haben denselben Passus in ihren Geschäftsbedingungen. Wie wir festgestellt haben, durchaus mit Sinn.
Das Internet ist nicht böse, auch wenn man mit derartigen Schlagzeilen bestimmt mehr Aufmerksamkeit erzeugt. Meistens ist das Internet das, was ihr daraus macht. Eine EU-Politikerin sagte im Zuge der NSA-Affäre vor ein paar Monaten einmal, dass sie per Telefon oder Handy nur das bespricht bzw. versendet, was sie auch einer anderen Person im vollbesetzten Linienbus erzählen würde – eigentlich eine sehr gute Strategie!
Quelle: Andreas Rickmann / WhatsApp (Englisch)