Google hat in den vergangenen Jahren immer wieder betont, dass Chrome OS und Android voneinander profitieren sollen – doch bis jetzt fehlte ein klares Bekenntnis zu einem echten Plattform-Zusammenschluss. Damit ist nun Schluss: Sameer Samat, Präsident des Android-Ökosystems bei Google, verriet in einem Interview, dass das Unternehmen Chrome OS und Android zu einer einzigen Plattform vereinen wird.
Die Aussage fiel nicht zufällig. Samat begann das Gespräch damit, den TechRadar-Autor nach dessen MacBook- und Apple-Watch-Nutzung zu befragen – aus purer Neugier, wie Menschen heute am Laptop arbeiten. Sein Ziel: genau verstehen, welche Aufgaben künftig von einem modernen, Google-geprägten Gerät erledigt werden sollen. Dass Googles Spitzenmanager das Thema aktiv anspricht, gilt als erster öffentlicher Beweis, dass hinter den seit Monaten kursierenden Gerüchten tatsächlich ein konkreter Fahrplan steckt.
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Android 16 ebnet den Weg
Passend zum Fusionsplan hat Google auf der I/O 2025 mit Android 16 (Codename “Baclava”) das umfangreichste Design-Update seit vier Jahren vorgestellt. Die neue “Material 3 Expressive”-Optik bringt flüssigere Animationen, mehr Anpassungsspielraum und vor allem eine bessere Skalierung auf grosse Displays – ein klarer Fingerzeig in Richtung Notebook- und Desktop-Formfaktoren. Wenn Chrome-Hardware künftig auf einem Android- Unterbau läuft, ist bereits sichergestellt, dass Fenster-Management, externe Monitore und Maus-Steuerung nicht mehr wie Fremdkörper wirken.
Schnellere Releases dank Trunk Stable und Android Drops
Damit die zusammengelegte Plattform genauso agil bleibt wie heutige Chromebooks, zieht Google die Veröffentlichungstaktik an: Ein internes Modell namens “Trunk Stable” erlaubt es, neue Android-Versionen in kürzeren Abständen stabil auszuliefern. Ergänzend dazu gibt es vierteljährliche “Android Drops”, die ohne komplettes OS-Upgrade zusätzliche Funktionen auf kompatible Geräte bringen. Die Endkundschaft erhält lediglich eine Pop-up-Meldung: “Dein Telefon (oder bald vielleicht dein Chromebook) ist gerade besser geworden.”
Gemini & Co.: KI als Differenzierungsmerkmal
Samat betonte im Interview mehrfach, dass viele Innovationen “zuerst auf Android zu sehen” seien – und nannte als Beispiel die tiefe Gemini-Integration: Der generative Assistent kann Kontext auf dem Display erkennen, YouTube-Videos zusammenfassen oder gar Kaufentscheidungen vorbereiten. Funktionen wie “Einkreisen zum Suchen” und der systemweite Zugriff auf Gemini sollen auf jedem künftigen Android- (und damit Chrome-) Gerät per langem Druck auf die Seitentaste erreichbar sein.
Chancen und offene Fragen
Für Anwender und Anwenderinnen könnte der Schritt lang ersehnte Klarheit bringen: Ein einheitliches Betriebssystem erleichtert das Wechseln zwischen Formfaktoren, beseitigt App-Inkompatibilitäten und reduziert Wartungsaufwand für Developer. Zugleich bleiben Fragen offen. Bereits im November befürchtete man bei Android Authority höhere Hardware-Anforderungen und kürzere Update-Versprechen für ältere Chromebooks. Was daraus wird, bleibt abzuwarten.
Google wird sich daran messen lassen müssen, ob es Leistungsklassen klar abgrenzt und gleichzeitig den langfristigen Update-Support wahrt, für den Chromebooks bislang gelobt werden.
Auch Partnerunternehmen wie Samsung stehen vor der Herausforderung, ihre eigene KI-Strategie (Galaxy AI, Bixby) mit Googles Gemini zu harmonisieren. Für die Kundschaft kann das zwar mehr Auswahl bedeuten, birgt aber das Risiko verwirrender Überschneidungen.
Ausblick
Für deutschsprachige Nutzerinnen und Nutzer – und speziell für uns bei PocketPC.ch – wird 2026 spannend: Erste Geräte, die den neuen Android-Chrome-Hybriden nutzen, könnten schon zur nächsten MWC-Saison erscheinen. Gerätehersteller müssen dann kein zweites Betriebssystem mehr pflegen, was besonders kleineren Marken aus der DACH-Region den Markteintritt erleichtern könnte. Gleichzeitig eröffnet sich ein breiter Test‐ und Bastelspielplatz für die Community: Von Desktop-Docks für Smartphones bis hin zu Dual-Boot-Experimenten mit Windows-on-ARM sind vielfältige Set-ups denkbar.
Google hat nun das Narrativ gesetzt und die Branche wird genau beobachten, ob aus den Worten des Android-Chefs auch tatsächlich eine konsistente Produktstrategie erwächst. Klar ist: Wer künftig ein neues Notebook, Tablet oder Foldable ins Auge fasst, sollte schon ab jetzt, spätestens aber nächstes Jahr verstärkt darauf achten, ob das Gerät bereits den vereinten Unterbau nutzt. Denn wenn Google Wort hält, könnte sich das Ökosystem zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt grundlegend neu sortieren und Android- beziehungsweise Chrome-Fans bekommen womöglich das Beste aus beiden Welten in einem einzigen, stetig aktualisierten System.
Quellen: TechRadar (Englisch), Android Authority (Englisch)