Eine Apple Watch aus Gold für über 11’000 Euro?! Klingt fair – oder etwa nicht?
Die Frage stelle ich mir seit gestern unentwegt. Im Netz liest man zumindest von Apple-Gegnern die härteste Kritik seit dem Design-Wechsel vom iPhone 3GS auf das iPhone 4. “Wie kann Apple nur eine Smartwatch auf den Markt bringen, die mehr als 11’000 Euro kostet?!” Davon einmal ganz abgesehen sind auch die Smartwatches für Karla-Normal-Verbraucherin alles andere als billig. Die Preise für das kleinste Modell beginnen bei 399 Euro, was mal gut 100 Euro über den teuersten Smartwatches der Konkurrenz liegt. Wer eine grössere Apple Watch aus Edelstahl und mit Saphirglas haben will, muss mindestens 550 Euro hinblättern und kann mit dem richtigen Armband sogar auf über 1’000 kommen! Fakt ist aber anscheinend, dass Apple es selber gar nicht anders will.
Apples Werbekampagne begann schon direkt nach der ersten Ankündigung ihrer Apple Watch im September 2014. Man gab die Uhr mehreren Models zum Ausprobieren und so war die Uhr nun wochen- wenn nicht gar monatelang das Highlight zweier der berühmtesten Modemagazine der Welt: Die SELF und die Vogue. Apple vermarktet seine Uhr ganz gezielt als Mode- und Fashion-Objekt und nicht als Gadget. So trug das berühmte südafrikanische Victoria’s Secret Model Candice Swanepoel die Uhr in der Sportversion auf dem Cover von SELF, einem modischen Frauenmagazin für Sport und Kleidung. Davor sah man ein Model auf der Vogue-Front in China mit der Apple Watch posieren und die Vogue ist nicht irgendeine Zeitung: Sie ist wohl die einflussreichste Modezeitschrift der Welt und sowohl Fotografen und Designer, als auch Models der Branche träumen von einer Mitarbeit an diesem Magazin.
Die Kampagne zielte vor allem auf Frauen ab, da es auf dem Markt nur wenige intelligente Uhren gibt, die auch vom Design her auf Frauenarme ausgelegt sind. Apple trifft also einen Nerv, den andere Hersteller mit seinen deutlich männlich betonten Bildern seiner Smartwatches ein wenig verwehrt blieb, auch wenn aktuelle Werbekampagnen endlich mal weibliche Personen abbilden, wie beispielsweise die LG G Watch Urbane.
Damit rückt der Hersteller allerdings weit vom technischen Aspekt seines Gadgets ab und das war auch das Ziel. Die Preise orientieren sich ebenfalls an der Kampagne. Wer eine Apple Watch kauft, bekommt Mode und kein Gadget. Das Gadget rückt in den Hintergrund, auch wenn alle Funktionen einer guten Smartwatch mit an Bord sind, will man anscheinend versuchen, das Gerät als Mode-Objekt zu platzieren und das funktioniert derzeit ausgesprochen gut.
Wie wichtig Apple die Aufmerksamkeit der Mode-Branche ist, zeigte die kurze Show auf der Fashion Week in Paris, einem der wichtigsten Ereignisse im Bereich Mode, vergleichbar mit der IFA oder dem MWC in der Mobilfunkbranche! Auf der Fashion Week in Paris war die Apple Watch für einen Tag lang ausgestellt worden und ausgewählte Models trugen die Uhr. Allein dieses einzige Schmuckstück zog deutlich mehr Presse, sowohl aus der Mode-, als auch zeitgleich der Technikbranche an, als die gesamte Fashion Week jemals zuvor. Jony Ive (Designer der Apple Watch), Karl Lagerfeld und Anna Wintour posierten gemeinsam für ein Bild, welches auf Instagram zu finden ist. Dort steht in den Worten geschreiben:
“Sarah Andelman of Colette with Karl Lagerfeld, Anna Wintour, Jony Ive and Marc Newson checking out every fashionista’s dream: the Apple Watcj” – Suzy Menkes, VOUGE
Dasselbe gilt nun übrigens für die sehr stark limitierte Apple Watch Edition, wo wir bei Preisen ab 11’000 Euro und sogar deutlich mehr angekommen wären. Es ist ein Markt, den viele bisher nicht im Blick hatten und den Apple nun ganz allein für sich einsammelt. Die Apple Watch Edition will die Rolex oder die Breitling der Smartwatches sein und das ist sie zweifellos auch: 18 Karat Gold, das sind 75 Prozent Goldanteil im Gehäuse! Dazu starkes Saphirglas und teure Echtleder-Armbänder im Wert bis zu 500 Euro. Wer eine Apple Watch Edition kauft, ersteht puren Luxus und wird diesen als Statussymbol nach aussen tragen. Auch wenn für viele Kritiker 11’000 Euro als ziemlich hirnverbrannt erscheinen, finde ich es absolut legitim, dass Apple hier ansetzt. Die Uhr ist exklusiv, sie ist stark limitiert und zudem verdammt teuer. Alles das, was einige Menschen in den obersten Gehaltsstufen begehren und nach aussen tragen können: Apple hat somit eine der effektivsten Werbeleinwände geschaffen, die möglich sind. Es wird bestimmt nicht lange dauern, bis erste Luxushersteller auch Apple Watches in Preisregionen von einigen 100’000 Euro bringen und vielleicht sogar mehr. Dann sind wir endgültig im Segment der teuersten Uhren der Welt angekommen.
Viele technikbegeisterte Leserinnen und Leser kaufen in erster Linie die Technik um der Technik Willen. Das kann man durchaus auch mit der Apple Watch machen, ist doch offenbar gute Technik verbaut, doch ist es nicht unbedingt das Ziel des Unternehmens aus Cupertino. In erster Linie will Apple mit der Apple Watch ein Stück weit Mode etablieren und das Luxusgefühl, welches viele der analogen Chronometer auf die Handgelenke der Leute zaubern, auch mit seiner Smartwatch erreichen. Ein Faktor, den die ersten Smartwatches auf dem Markt total ausser acht gelassen haben und somit einen grossen Teil der Käufergunst verspielten. Denn diverse Studien zeigen seit über einem Jahr, dass das Interesse gross ist, aber der Markt nicht wirklich boomt. Apple will das Luxusgefühl normaler Uhren auf seine Smartwatch übertragen und ich denke, dass genau dieses Feeling dazu führt, dass Apple Erfolg damit haben könnte, seine Uhr entsprechend für den Massenmarkt zu etablieren.
So gesehen hat also auch die 11’000 Euro teure Apple Watch eine absolute und legitime Daseinsberechtigung. Bleibt nur die Frage, ob Apples Strategie aufgehen wird, das Gefühl einer exklusiven Uhr am Arm auf eine Smartwatch zu transportieren. Bisher hat zumindest kein Hersteller so intensiv versucht, den Modeaspekt stärker nach aussen zu tragen als den technischen Hintergrund. Ich bin jedenfalls gespannt, was in gut sechs Monaten für eine Bilanz gezogen werden kann. Apple distanziert sich jedenfalls bewusst, sowohl vom Image, als auch der Preisgestaltung, von allen anderen Herstellern auf dem Markt.
Das neue MacBook: Luxus oder Fashion? Vielleicht auch beides?
Hier gestaltet sich eine Erklärung schon etwas schwieriger. Ehrlich gesagt bin ich mir noch nicht zu einhundert Prozent sicher, wie ich das neue MacBook mit 12 Zoll Display sehen soll. In erster Linie wurde zumindest ein bisher für Apple sehr wichtiges Design-Element übernommen: Die Farben Silber, Space Grey und Gold sind endlich auch bei den Notebooks von Apple angekommen und die Farbwahl macht das Gerät gleich deutlich attraktiver. Auch ich habe kurz auf die goldene und die Version in Space Grey geschielt, aber das ist natürlich auch rein persönlicher Geschmack. Was mich nur irritiert, ist das technische Design der neuen MacBooks und da bin ich mir absolut nicht sicher, wo das hinführen soll.
Daher erst einmal kurz die Sinnhaftigkeit klären: Das neue MacBook mit 12 Zoll ist deutlich leichter als ein MacBook Pro und verbraucht sogar weniger Strom als ein MacBook Air (kurz MBA). Damit ist die Bauweise auf “ultraportable” ausgelegt. Die Akkulaufzeit liegt ungefähr auf dem Niveau des aktuellen MacBook Air. Allerdings ist das neue MacBook von der Leistung her langsamer als das grösste MBA, hat nur einen einzigen Anschluss und kostet auch mal eben 200 – 300 Euro mehr! Wer zudem HDMI, eine Maus und einen SD-Karten-Reader nutzen will, muss drei Adapter kaufen und kann diese nicht einmal gleichzeitig nutzen, sondern muss einen HUB kaufen der noch einmal deutlich mehr kostet als die 90 Euro teuren Adapter von Apple. Ich glaube, ihr wisst wohin das führt. Das grösste MBA hat immerhin noch zwei USB-Anschlüsse sowie einen Thunderbolt- und einen separaten Auflade-Stecker.
Ich denke, das ist auch der Grund warum das neue MacBook erst einmal eine ganz eigene Kategorie ist und die anderen MacBook-Modelle auch noch einmal am Rande aktualisiert wurden. Das neue “Ultrabook” von Apple orientiert sich entweder an Luxushandtaschen von Frauen oder zielt auf die Menschen ab, die wirklich extrem viel Wert auf leichte Geräte mit im Verhältnis ordentlicher Leistung setzen möchten, denen alles andere aber egal ist. Das neue MacBook wird die hohe Leistung der grösseren MacBook Pro nicht erreichen und ist, was Anschlüsse betrifft, deutlich hinter den anderen Modellen. Dafür geht es kaum leichter, schlanker und komfortabler in der Klasse um 12 Zoll. Wenn man so will, scheint auch das neue MacBook ein Luxusgerät zu sein, welches vor allem im Formfaktor und beim Design punkten möchte. Wer ernsthaft arbeiten will und bisher auf ein MacBook Pro oder ein MBA setzte, wird kaum Gründe für einen Umstieg finden. Man will sich ja nicht unnötig selbst kastrieren, oder?
Was bleibt, ist eine Kategorie, die anscheinend davon lebt, dass Menschen, die das neue MacBook mit 12 Zoll Display als so krass exklusiv erachten, es auch auf jeden Fall haben wollen oder eben auf “Teufel komm raus” die letzten Gramm des MBA eliminieren wollen. Doch auch hier bleibt letztendlich eine Frage übrig: Reicht das wirklich, um diese Art des Geräts im Verhältnis der anderen beiden MacBook-Modellen zu platzieren? Ich selber bin mir jedenfalls noch nicht so sicher, aber ich werde das neue MacBook mit Sicherheit einmal im produktiven Einsatz ausprobieren. Schliesslich will ich wissen, wohin das ganze am Ende führt und mir selbst ein Bild vom Ultraportable-Device der Netbook-Klasse machen. Schliesslich sagt Apple selber: “Das MacBook ist gemacht für eine Welt ohne Kabel” und das ist mit Sicherheit auch richtig. Portabler geht es kaum noch, doch wird die Leistung auf Dauer gegenüber einem Intel Core i Prozessor nicht ausreichen.
Sollte es das neue MacBook irgendwann einmal in grösser geben, mit entsprechend mehr Leistung, einem 13 oder gar 14 Zoll Display, dann sollte die Entscheidung gegenüber einem MacBook Air deutlich leichter ausfallen. Doch ob Apple seine eigenen Produktkategorien so früh aufeinander los lassen will, ist sehr unwahrscheinlich.
Dieser Text ist eine Kolumne und gibt die Meinung eines einzelnen Redakteurs wieder. Diese muss nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.