Unser Bereichsleiter für Smartwatches im Forum hat sich bereits in einem eigenen Artikel über seine Erfahrungen mit den Wearables und deren Anwendungsgebieten geäussert. Ich gehe nun ein paar Stufen tiefer und durchwühle meinen persönlichen Gefühlskeller über den neuen Techniktrend, der mittlerweile nach und nach die Handgelenke erobert und auch im frisch gebackenen Jahr 2016 eine grosse Rolle spielen soll. Wer die CES 2016 aufmerksam verfolgte, wird ebenfalls festgestellt haben, dass der Trend auch ungebremst weiter fortschreitet. Völlig umgehauen hat mich diese Art der Branche aber bisher noch nicht, auch wenn ich sie durchaus praktisch finde. In erster Linie haben wir aber nur das grosse Display gegen ein Kleines getauscht.
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“Das ist doch keine richtige Uhr?!” – “Hast du das jetzt selbst herausgefunden?#8221;
Es ist nicht immer einfach, wenn es um Smartwatches geht. Die grösste Kritik, dass Smartwatches doch keine richtigen Uhren seien, ist allerdings mittlerweile schon leicht zurückgegangen. Ich fand die Diskussion darum ehrlich gesagt selten dämlich. Natürlich sind das keine “richtigen Uhren” und durch die verbaute Technik sahen diese auch nicht immer so aus. Wer mir also mit so einem Argument gekommen ist, ist in meinen Augen schon ziemlich arg am Thema vorbeigeschossen. Aber Smartwatches sind genauso wenig normale Uhren wie unsere Smartphones Telefone oder damals eben Handys sind.
Die Charakteristik der Geräte hat sich enorm verschoben. Dank App Stores in allen Formen und Farben, mit Apps in allen Farben und Formen und vielen weiteren Funktionen halten wir mit Smartphones einen Taschencomputer in der Hand, der eigentlich nur zufällig auch telefonieren kann. Die Telefonfunktion ist allerdings schon lange nicht mehr der führende Hauptfaktor. Dasselbe gilt für Smartwatches, nur weil diese uns zufällig auch die Uhrzeit anzeigen, sind es noch lange keine richtigen Uhren und werden es auch nie sein. Die Funktion einer Uhr ist natürlich für das Handgelenk prädestiniert und in erster Linie sehen wir auch die Uhrzeit, wenn wir den Arm Richtung Gesicht drehen. In den meisten Fällen kommt das allerdings nur selten vor, denn die berühmte Drehbewegung, die den Gyrosensor in den Watches mitteilt “Display einschalten!” wird in den meisten Fällen nur dann verwendet, wenn ich weiss, dass auch eine Nachricht eingegangen ist und so wird die Uhrzeit nur zum lustigen Zusatzgimmick.
Daher gilt zumindest für mich an dieser Stelle: Nur weil Smartphones zufällig das Wort Phone im Namen tragen, sind es schon lange keine Telefone mehr. Genau derselbe Punkt gilt für mich auch bei den Smartwatches. In erster Linie sind es eben keine Uhren! Es sind Technikspielzeuge, die einen verlängerten Arm zum Smartphone darstellen, damit wir Nachrichten schneller verarbeiten und filtern können. Ein paar nützliche Funktionen wie blinde Navigation oder das Anzeigen von Einkaufslisten, ohne das Smartphone rauszuholen, runden ein solches Featurepaket ab.
Wer also generell Schwierigkeiten damit hat, eine Smartwatch als richtige Uhr zu sehen, hat auch vollkommen recht damit. Man sollte diese Gerätekategorie auch nicht als Uhr im klassischen Sinne betrachten, denn das zerreisst einfach nur den Blick auf die Realität und was diese Devices wirklich darstellen wollen. Am besten sollte man eher von dem Wort “Uhr” Abstand nehmen, sondern sich als Technikliebhaber_in – sofern man dies überhaupt ist – auf die Features konzentrieren, die einem persönlich einen gewissen Mehrwert verschaffen könnten. Sieht man diesen Mehrwert nicht, braucht man auch das Gerät nicht. Alles andere wäre nur am Thema vorbeigeschossen.
Displayzeit verlagert sich: Der Tausch von gross auf klein
Allerdings ist die Diskussion um die “richtige Uhr”-Thematik nicht unbedingt so spannend, wie die Displayzeit, die wir mit einer Smartwatch durchaus verbringen. Zumindest ich für meinen Teil muss sagen, dass sich die Häufigkeit, mit der ich ein Smartphonedisplay betrachtet habe, generell nicht reduziert hat. Im Gegenteil, durch die Smartwatch hat sich zwar die Grösse des Displays geändert, aber meine Displayzeit blieb gleich, vielleicht ist sie aber auch höher. Die meisten von uns kennen das wohl: Immer mal wieder schaltet man das Display an, um diverse Benachrichtigungen zu checken. Sind überhaupt welche eingegangen? Hab ich was verpasst? Oftmals geschieht dies bei mir auch unbewusst, wenn ich feststelle, dass ich einfach nur den Bildschirm einschalte, um mir dort irgendwas anzuschauen.
Eine Smartwatch an meinem Handgelenk hat dafür gesorgt, dass sich nur die Position geändert hat. Um noch einmal auf das nützliche Gimmick zurückzukommen, dass eine Smartwatch auch zufällig die Uhrzeit anzeigen kann, so hat sich der Grund für meinen kurzen Blick auf das Display nicht geändert. Oft hebe ich den Arm, um zu schauen, ob neue Benachrichtigungen eingegangen sind, die Uhrzeit spielt nur eine untergeordnete Rolle.
Dabei lassen sich oft praktische Szenarien vom unhandlichen Smartphone direkt auf die Uhr übertragen und genau an dieser Stelle danke ich dem kleinen Display bisher für alles, was es für mich getan hat. Sei es das Abhaken meiner Einkaufsliste, das fast blinde Navigieren durch eine Fußgängerzone im Urlaub oder auch das Verfolgen des Fußball-Livetickers unterwegs, ohne das Smartphone herausholen zu müssen.
Aber es bleibt am Ende genau das, was es ist: Nur ein Tausch der Displaygrösse, während sich die eigentliche Zeit vor dem Gerät für mich nicht verändert hat. Wenngleich auch die Anwendungsbeispiele deutlich praktikabler geworden sind, so spule ich mit meiner Smartwatch bis heute dieselben Zeiten ab, wie mit dem grossen Smartphone in der Hand.
Warum ein Smartwatch-Akku keine 1’000 mAh braucht…
Ich bin auch kein Freund davon, die Akkulaufzeit von Smartwatches arg in Frage zu stellen, wie es bisher viele tun. Die meisten fordern mindestens eine Woche Laufzeit, was ich in meinen Augen allerdings kaum nachvollziehen kann. Das liegt aber vor allem auch daran, dass ich kein leidenschaftlicher Uhrenträger war und wohl auch nie sein werde. Ich gehe auch nicht mit Uhren, Fitnesstrackern oder Smartwatches ins Bett, weil ich das Gefühl nicht mag, etwas am Arm zu tragen, während ich einschlafen muss. Für mich persönlich ist es also kein Problem, die Uhr am Abend abzulegen und wenn ich sie ja sowieso schon abnehme und auf den Nachttisch lege, dann kann ich auch ein Kabel daran anschließen. Selbst auf Dienstreisen oder im Urlaub ist das eher selten ein Problem.
Persönliches Fazit: Ich will keine Uhr, aber jederzeit eine Smartwatch!
Ganz ehrlich? Ich bin Nerd, ich bin technophil, ich liebe Technik über alles und ja, ich will Smartwatches! Auch wenn der Trend zwar stark wächst, so befindet sich die Branche der intelligenten Uhren noch in den Kinderschuhen, doch habe ich den praktischen Nutzen für mich schon lange entdeckt. Egal ob auf dem Weihnachtsmarkt den Live-Ticker vom Lieblingsverein verfolgen, die Einkaufsliste abhaken oder einfach nur einen Timer stellen, mit dem ich die Ziehzeit meines Tees verfolge. Es sind die kleinen, praktischen Dinge, die mich an Smartwatches begeistern, für die ich nicht pausenlos mein Smartphones herausholen oder gar entsperren muss. Auch das Filtern von wichtigen und unwichtigen Nachrichten geschieht bei mir mittlerweile zunächst über die Uhr und so nutze ich das Smartphone erst dann, wenn es auch wirklich zum Einsatz kommen soll.
Ich wiederhole mich aber auch gerne: Smartwatches sind keine richtigen Uhren! Und sie halten auch nicht mehr als 100 Stunden durch, wie es “richtige Uhren” eben können. Warum soll man also eine Smartwatch in ein gedankliches Korsett zwängen, in die sie definitiv nicht reingehört? Sie sollen lediglich die Funktionen eines Smartphones ergänzen. Unterwegs ständig das Smartphone aus der Hosentasche zu holen, vor allem bei der Grösse von Phablets und dann auch noch mit einer Hülle versehen, ist oft fürchterlich unpraktisch. Der Blick auf die Smartwatch lässt uns erst einmal entscheiden, ob es überhaupt nötig ist, das Smartphone herauszuholen und einige Aufgaben lassen sich auch direkt von der intelligenten Uhr aus erledigen, ohne dass das Telefon auf dem Tisch in der Bar oder dem Restaurant liegen muss (was ich persönlich eh nicht ausstehen kann!).
Dinge die mich generell an Smartwatches stören, sind eher anderer Natur: Ich hätte gern leistungsfähigere Prozessoren, bzw. mehr native und besser programmierte Apps. Die Dinger müssen in Zukunft einfach schneller und flüssiger werden. Natürlich spreche ich nun auch einen Punkt an, der mir mehr oder weniger egal ist: Die Akkulaufzeit sollte allerdings auch nicht unter einen Tag fallen! Das will ich zumindest an dieser Stelle noch gesagt haben. Ich mache mir also erst Sorgen, wenn ich mit meiner Smartwatch keinen Tag durchhalten sollte, aber da mir noch keine einzige Smartwatch untergekommen ist, die das nicht geschafft hätte, sehe ich da zukünftig auch erstmal kein Problem. Jedenfalls kann ich damit gut leben, die Uhr abends auf ihre Dockingstation zu legen.
Ich für meinen Teil bleibe also den kleinen Nerdgadgets treu und die meisten von ihnen, egal ob Apple Watch, Moto 360 oder Gear S2, sehen zudem auch noch gut aus. Die Designfrage stellt sich für mich in vielen Fällen eher nicht, da ich sowohl Uhren mit eckigen Displays mag, als auch runde Displays ganz schick finde. Auch wenn ich runde Displays bei Smartwatches immer noch für unpraktisch halte, allerdings ist das wiederum ein ganz anderes Thema.
Was die Zeit mir mit meiner Smartwatch allerdings wirklich aufzeigte, wenn wir vom praktischen Teil einmal absehen, ist der “psychologische” Umstand, dass ich das grosse Display meines Smartphones nur gegen das kleine Display meiner Uhr eingetauscht habe. Ich sitze genauso lange vor einem Bildschirm mit Informationen, wie vorher eigentlich auch. Nur der “Ort” und die Grösse haben sich letztendlich geändert. Das Konsumverhalten und die Zeit hingegen nicht.