Im Moment beherrscht ein Thema die Smartphone-Welt: Angeblich liegt Windows 10 Mobile auf dem Sterbebett, oder wird, wenn es nach Topjournalist Tom Warren von The Verge geht, bereits zu Grabe getragen. Dabei fällt derzeit eine sehr heikle Situation mehr oder weniger unter den Tisch. Apple befindet sich an der Wall Street seit Monaten im freien Fall und selbst die neuen Rekordergebnisse retten den Giganten derzeit nicht.
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Rekord über Rekord: Die Wall Street interessiert das herzlich wenig
Bitter… Warum? Apple fährt zwar nur ganz knapp einen neuen Rekord ein, doch sind die Zahlen höher als sie jemals waren. Nehmen wir die Situation einmal einzeln für sich heraus, dann muss man Apple einfach nur Respekt zollen, denn kein Unternehmen dieser Welt hat einen grösseren Umsatz gefahren, einen stabileren Gewinn erwirtschaftet und toppt sogar noch die iPhone-Verkäufe aus dem Vorjahr. Zwar alles nur “knapp”, aber der Rekord steht und ist in den Geschichtsbüchern bereits notiert. Die Wall Street allerdings zeigt weiterhin mit dem Daumen nach unten und Apple scheint das Schiff, aller Rekorde zum Trotz, vor den Eisberg zu fahren, dessen Spitze nur der Anfang vom Ende zu sein scheint. “Der Anfang vom Ende!” ist eine Floskel, die in den letzten Jahren immer wieder in den Mund genommen wurde, wenn es um den Konzern mit dem Apfel ging und immer wieder straften Jobs, Cook und Co. die Kritiken Lügen.
Doch was verursacht überhaupt den Absturz von Apple an der Börse? Apple ist zwar immer noch marktführend, aber nicht mehr “ultimativ” an der Spitze in den Zahlenspielen der mächtigen und Unternehmens-vernichtenden Analyst_innen. Denn diese haben weitaus höhere Zahlen rund um iPhone, iPad und Konsorten prognostiziert. Diese trafen schlicht und ergreifend nicht ein und so zeigt der Daumen weiterhin nach unten und Apple muss trotz aller Rekorde weiterhin zusehen, wie sie dem Zweitplatzierten in der Tabelle immer näher rücken.
Zudem musste Tim Cook in der Telefonkonferenz am Ende einen grossen Cut machen und mit sich und dem Unternehmen abrechnen. Die Erwartungshaltung für das nun laufende Quartal sind immens zurückgeschraubt worden. Angeblich soll der erwartete Umsatz “nur noch” um die 50 bis 53 Milliarden US-Dollar betragen. Diese Einschätzung wäre erstmals ein Einbruch von mehr als 25 Prozent und das gab es in der Konzerngeschichte von Apple bis Dato noch nie. Ein Eingeständnis von Apple selbst, dass es einfach nicht mehr läuft? Man weiss es zwar nicht, doch scheint auch die Chefetage derzeit einige Faktoren neu zu realisieren.
iPad wird zum neuen iPod Touch: Einfach belanglos?
Aporpos Absturz: Das iPad wird derzeit zum Lemming des Unternehmens und springt schon seit Jahren feuchtfröhlich grinsend mit von der Klippe. Das liegt zum einen daran, dass im Tablet-Markt kaum etwas zu holen ist, da dieser völlig übersättigt scheint, und zum anderen ARM-Tablets gegenüber den x86-Maschinen wie dem Surface Pro eh kaum eine Chance habe. Natürlich bleibt das iPad ein gutes Gerät, es macht Spass damit Inhalt zu konsumieren, es ist extrem flach, sehr leicht und eignet sich einfach als grosser Bildschirm mit leichtem Hang zum produktiven Arbeiten, je nachdem aus welcher Branche man kommt. Das Surface Pro 4 ist zwar deutlich teurer, allerdings kann es auch um Welten mehr. Das Surface Pro ist einfach ein Laptop-gewordenes Tablet und hier liegt der wahre Erfolg.
Als Apple ein über 1000 Euro/SFr teures iPad Pro auf den Markt brachte, hätte man wissen können, dass dieses die Tablet-Sparte des Unternehmens auch nicht mehr rettet. Das iPad Pro ist einfach ein noch grösseres und schnelleres iPad Air 2 und genau hier liegt der Hund begraben! Mac OS X in so kurzer Zeit auf ein rein Touch-basiertes Gerät umzuschreiben und anzupassen, ist wohl nicht gegangen und so begnügt man sich mit einem iOS, dass zumindest einige Möglichkeiten, die man hier gerne gesehen hätte, einfach verbaut.
Das Ganze liest sich dann sehr gut in den Zahlen wieder: Während Microsoft mit dem Surface Pro 4 und dem Surface Book zusammen ein Wachstum von mehr als 29 Prozent für sich verbuchen kann, stürzt das Apple Tablet mit rund 25 Prozent in die umgekehrte Richtung die Treppe hinab in den Keller. Falsch verstehen darf man das an dieser Stelle nicht, denn das iPad Pro ist ein tolles Gerät, wie wir es auch bei uns im Test festgestellt haben, aber wir vermissen auch das gewisse “etwas”, um dieses für den Markt interessant oder durchschlagskräftig genug zu machen. Wie sehr die Menschen einen vollwertigen Desktopersatz in Tablet-Form haben wollen, zeigt Microsoft in nahezu beeindruckender Weise.
Fehlt es dem iPhone an Innovationen oder ist die Branche Schuld?
Im Prinzip macht das iPhone nicht viel falsch: Es hat den fortschrittlichsten und schnellsten Prozessor in der Branche, die Kamera ist ebenfalls gut und vor allem 3D-Touch ist wirklich seit längerer Zeit mal wieder ein interessanter Innovationsfaktor. Apple sind die ersten mit dieser (funktionierenden!) Technologie am Markt und sie bauen diese sogar nicht nur spassig, sondern auch gewinnbringend ins System ein. Es erleichtert die Bedienung an einigen Stellen ungemein, zeigt neue Wege in der Nutzung auf und ist generell eine wirklich tolle Sache, die ich persönlich gerne auch in Zukunft in allen anderen Systemen sehen möchte.
Wie oben aber bereits geschrieben, hat Apple mit den Verkaufszahlen des iPhone 6s die Wall Street alles andere als beeindruckt. Schuld daran sind vor allem die Erwartungen der Broker, die immer mehr neue Innovationen sehen wollen, die Branche es aber nicht liefert. Zwar ist 3D-Touch eine schöne Geschichte, doch sie ist den Menschen an der Börse einfach nicht zukunftssicher genug.
Die Branche im Bereich der Smartphones steht einfach still. Richtige Innovationen oder eklatante Verbesserungen gab es in den letzten Jahren einfach nicht. Klar, Apple hat 64-Bit in der ARM-Welt etabliert, Nokia hat ein bärenstarkes Lumia 1020 mit genialer Kamera auf den Markt gebracht und Samsung machte den Stift für Phablets mit seiner Galaxy Note-Serie salonfähig. Aber wenn wir uns die letzten Jahre einmal genauer anschauen, so finden sich wirkliche Innovationen nur eher extrem selten und höchstens in Designfragen. Kein Wunder: Was sollen denn weitere Innovationen in der Welt der Smartphones denn noch können? Kaffeekochen? Ein integriertes Feuerzeug für Raucher? Ein Induktionsplatte hinter dem Display, um Outdoor-Smartphones auch Camping-fähig zu machen?
Daher setzt Microsoft auch derzeit verstärkt alles in seine Cloud-Dienste, welche ein sattes Wachstum von mehr als 120 Prozent für sich verbuchen konnten. Die Wall Street feiert das Redmonder Unternehmen daher frenetisch und es geht bergauf, obwohl die Lumia-Sparte von Microsoft den tiefsten Fall überhaupt einstecken musste. Der Wall Street sind Smartphones derzeit allerdings egal und Cloud-Dienste sind der Renner und Microsofts Ambitionen in den Bereichen tragen daher mittlerweile verdientermassen Früchte.
Ist der Hype um Apple also nun tatsächlich vorbei?
Wie Eingangs erwähnt, passt der Spruch auch nun zum Ende hin wieder wie die Faust aufs Auge: “Ist das der Anfang vom Ende?#8221; oder auch der von vielen Apple-Gegner_innen prophezeite Fall des Hypes scheint langsam eine ernstzunehmende Gestalt anzunehmen. Was man früher durch die in den weiten Himmel erstreckten Zahlen bisher für unmöglich hielt, zeichnet sich seit Monaten bei der New Yorker Börse ab. Apple befindet sich einfach im freien Fall, doch ist das auch das Ende des glorreichen Unternehmens?
In erster Linie ist die Frage (noch?) etwas hochgestochen. Apple steht weiterhin unangefochten mit seinem iPhone an der Spitze, doch genau hier liegt das Problem. Die einzige Sparte, die Apple derzeit am Leben erhält und für diese Rekordergebnisse sorgt, ist das iPhone, welches die Wall Street allerdings wohl nicht mehr sehen kann. Zumindest ist das all den Analyst_innen viel zu wenig Aussicht auf die Zukunft. Es fehlen die spannenden und neuen Produkte oder zumindest Innovationen in bereits vorhandenen Sparten.
Apple macht anscheinend auch bisher nicht viele Anstalten genau das zu ändern und ein oder zwei gute Produkte reichen an dieser Stelle auch absolut nicht. Sollte also das kommende iPhone nicht grundlegend etwas anders machen oder zumindest nicht den durchschlagenden Erfolg haben, den man sich in Cupertino davon verspricht, dann sieht es in den nächsten zwei bis drei Jahren für Apple wahnsinnig düster an der Börse aus und dann können noch so hohe Rekordzahlen eingefahren werden. Den Börsenmenschen ist das dann nämlich schlicht und ergreifend “scheissegal”.
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Bild Quelle: Apple und GeekCulture (Englisch)