Das Steam Deck (OLED) kommt mit vorinstalliertem SteamOS daher, das übrigens auf Arch Linux basiert. Valve lässt euch aber alle Freiheiten der Welt und so könnt ihr ohne Probleme auch ein andere Betriebssystem nutzen. Das Team rund um Bazzite liefert diese nun schon seit längerer Zeit. Das auf Fedora (Silverblue/Kionite) basierende System fühlt sich wie SteamOS an, ist aber unter der Haube moderner. Wir zeigen euch hier, welche Vorteile es haben kann Bazzite auf dem Handheld (und auch auf anderen PC-Handhelds) zu installieren.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Bazzite überhaupt und warum ist es anders zu SteamOS?
Bazzite ist eine noch recht junge Linux-Distribution (wobei es keine Distribution im eigentlichen Sinne ist! Es ist ein angepasstes Image-Abbild von Fedora), die speziell für Gamerinnen und Gamer entwickelt wurde. Die Basis bildet Fedora Atomic/Silverblue, also ein modernes, "unveränderliches" System, das Updates in Form von Snapshots erhält und sich jederzeit zurückrollen lässt. Anders als klassische Distributionen, bei denen das System durch viele kleine Paketupdates stetig verändert wird, setzt Bazzite auf Stabilität und Berechenbarkeit, was vor allem für Linux-Anfangende ein absoluter Pluspunkt sein kann!
SteamOS hingegen basiert auf Arch Linux, das für seine Rolling-Release-Philosophie bekannt ist: Software und Kernel sind hier oft extrem aktuell, dafür können auch mal Bugs durchrutschen. Allerdings handhabt Valve das hier komplett anders und macht Arch Linux in diesem Fall ähnlich zu Bazzite eher fest. Die bekannte Arch-Flexibilität gibt es hier nicht. Valve hat seine eigenen Updatezyklen eingeführt, die alles am System aktualisieren. Meist aktualisiert man unter Arch sein System mehrmals die Woche selbst in kleineren oder grösseren Paketen. SteamOS tickt da etwas anders.
Der Unterschied in der Philosophie ist also klar:
- SteamOS versteht sich in erster Linie als "Konsolen-Betriebssystem für PC-Spiele". Die Oberfläche ist auf den Gaming-Mode zugeschnitten, der Desktop ist eher Beiwerk. Kann aber auch genutzt werden, ist aber nicht so flexibel wie die eigentliche Arch-Philosophie. Daher hängt SteamOS mit Aktualität deutlich hinterher.
- Bazzite dagegen positioniert sich als flexibles Allround-System für Handhelds und Gaming-PCs. Es will die SteamOS-Erfahrung bieten, kombiniert diese aber mit den Vorteilen einer vollwertigen Fedora-Distribution: wesentlich modernere Treiberunterstützung, Flatpaks, mehrere Desktop-Umgebungen und umfangreiche Anpassungsmöglichkeiten, ohne auf die Sicherheit zu verzichten, das System zu zerschiessen.
SteamOS könnt ihr übrigens auf der Webseite von Valve recht einfach als “Recovery Image” herunterladen und damit einen bootbaren USB-Stick erstellen. Auch Bazzite könnt ihr von der hauseigenen Webseite beziehen. Dort müsst ihr nur auswählen, was für ein Gerät ihr habt. Dann bekommt ihr ein entsprechendes Image zum Download, dass auf euer System zugeschnitten ist.
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Warum also Bazzite statt SteamOS auf dem Steam Deck installieren?
Der wichtigste Grund für Bazzite auf dem Steam Deck ist also vor allem die Aktualität der Software. Da die Distribution auf Fedora basiert, landen neue Kernel, Mesa-Treiber und Systemkomponenten oft massiv viel früher auf dem Gerät als bei SteamOS. Das bedeutet: bessere Performance, weniger Bugs bei neuen Spielen und in vielen Fällen auch längere Akkulaufzeiten (je nach Handheld versteht sich). Dabei achtet das Bazzite-Team gleichzeitig auf hohe Kompatibilität. Aktuelle Mesa-Treiber (für AMD-Grafikkarten unter Linux) können ein erheblicher Vorteil sind.
Ein zweiter Punkt ist die Flexibilität jenseits des Gaming-Modes. SteamOS fühlt sich wie eine Konsole an, was praktisch ist, aber auch einschränkt. Ihr könnt zwar den Desktop nutzen, könnt aber Systemnahe Programme nicht installieren und seit grundsätzlich eingeschränkt. Bazzite dagegen bringt einen vollwertigen Desktop mit, auf dem sich Anwendungen über Flatpaks, Distrobox oder Waydroid problemlos installieren lassen. Wenn ihr also neben dem Gaming-Mode am Display auch auf dem Desktop eine deutlich vollwertigere PC-Erfahrung haben möchtet, ist Bazzite hier viele Schritte weiter. Solange SteamOS für Gaming-PCs noch keine Freigabe erhält, dürfte sich daran auch nicht viel ändern.
Schliesslich überzeugt Bazzite hier durch sein Update- und Sicherheitssystem. Dank “rpm-ostree” lassen sich fehlerhafte Updates mit einem Neustart sehr einfach zurückrollen, und Features wie LUKS-Verschlüsselung oder Secure Boot sorgen für mehr Sicherheit unterwegs. Gerade wer sein Deck auch auf Reisen oder als Arbeitsgerät nutzt, hat so ein stabileres Fundament, da ihr hier ohne Probleme einen vollwertigen Desktop erhaltet. SteamOS setzt eher auf eine reine Gaming-Erfahrungen und will deutlich weniger ein echter Desktop sein.
Aktualität von Kernel und Mesa im Vergleich: Bazzite mit deutlichen Vorteilen!
Das Fedora-Derivat ist hier also klar im Vorteil, wenn es um Aktualität der Software, Kernel, Features und mehr geht. Selbst die Desktop-Umgebung KDE ist deutlich aktueller und kommt mit deutlich mehr Fehlerkorrekturen und Funktionen daher. Wir wollen hier einmal die Versions-Unterschiede zum Zeitpunkt des Schreibens des Artikels einmal verdeutlichen.
- SteamOS 3.7.8 verwendet den Linux Kernel 6.11. Diese Version wurde im Mai 2025 mit dem letzten grossen SteamOS Stable-Release veröffentlicht Allerdings wurde der Kernel für Linux bereits im September 2024 herausgegeben! Er ist also schon eine ganze Ecke älter.
- Bazzite 42 hingegen setzt auf einen deutlich aktuelleren Kernel. Laut dem offiziellen August-2025-Update läuft Bazzite mit Kernel 6.15.9, der im Juli 2025 veröffentlicht wurde. Das ist ein massiver Unterschied in der Aktualität zwischen den beiden Systemen.
SteamOS nutzt damit in seiner aktuellsten Version 3.7.8 einen Kernel, der fast ein ganzes Jahr älter ist! Ähnlich sieht es übrigens bei den Grafikkarten-Treibern aus. Da die verwendete GPU im Steam Deck (OLED) eine integrierte Grafikkarte ist, kommt hier “Mesa” zum Einsatz.
Valve gab im letzten offiziellen Stable-Update keine Versionsnummer an, sondern lediglich, dass der Treiber aktualisiert wurde. Allerdings hat die offizielle Beta von SteamOS in Version 3.8 eine interessante Info: Es handelt sich hier um Mesa 24.3, der im November 2024 veröffentlicht wurde. Also ebenfalls deutlich hinterherhinkt!
Die aktuellste Image-Version von Bazzite 42 integriert mit Mesa 25.2 einen extrem aktuellen Treiber. Die Version ist im August 2025 erschienen, also diesen Monat. Das ist extrem nahe am Release-Zyklus dran! Aktueller wird es nur noch mit echten sogenannten Bleeding-Edge Distros, beispielsweise mit Arch-Distributionen wie CachyOS oder eben purem Arch selbst. Ihr merkt schon: Auch wenn SteamOS ein Arch-Linux ist, geht Valve einen komplett anderen Weg.
Was ist rpm-ostree unter Bazzite und was bringt es für euch?
Der entscheidende Unterschied von rpm-ostree in Bazzite liegt in der Unveränderlichkeit (wird auch “Immutability/Immutable” genannt) des Betriebssystems. Bei traditionellen Distributionen wie Debian (Ubuntu, PikaOS) oder auch Arch (CachyOS, EndeavourOS) ist das gesamte System veränderbar. Bei diesen Distros manipulieren Updates und Software-Installationen die Systemdateien direkt, was mit der Zeit dazu führt, dass Dateien gelöscht, hinzugefügt und verändert werden. Bazzite hingegen behandelt das System wie ein einziges, schreibgeschütztes “Image”, also Abbild. Ihr könnt die Kernsystemdateien also nicht direkt verändern, was es extrem robust und stabil macht, da immer Teile des Systems als Ganzes aktualisiert werden.
Anstatt das laufende System zu manipulieren, arbeitet rpm-ostree mit einem sogenannten atomaren Update-Ansatz. Wenn ihr ein Paket installiert oder ein System-Update durchführt, wird im Hintergrund ein völlig neues System-Image (ein sogenanntes "Deployment") erstellt. Euer altes, funktionierendes System bleibt dabei unverändert und dient als sichere Rückfallebene. Das neue Deployment wird erst nach einem Neustart aktiv. Dies garantiert, dass ein Update entweder vollständig und fehlerfrei ist oder gar nicht erst angewendet wird, wodurch ihr nie in einem kaputten Zwischenzustand stecken bleibt. Das macht Bazzite als Linux-Betriebssystem für angehende Neulinge in dem Bereich zur ziemlich sorgenfreien Alternative.
SteamOS vs. Bazzite: Performance-Unterschiede auf dem Steam Deck?
Zuerst einmal die verwirrende Nachricht für viele Nutzende: Im direkten Vergleich konnten wir keinerlei deutliche Geschwindigkeitsunterschiede zwischen SteamOS und Bazzite auf dem Steam Deck und auch dem OLED-Modell feststellen. Aber wie kann das sein, wenn Bazzite doch so viel aktuellere Software wie Kernel und Treiber mitbringt, sogar fast ein Jahr voraus ist? Die Antwort ist hier recht einfach: SteamOS ist bis auf den letzten Bit auf die Hardware des Steam Decks angepasst. Damit integriert Valve bereits die mitunter besten Optimierungen im Kernel und Treiber für sein hauseigenes Betriebssystem, dass schliesslich für die Hardware zugeschnitten ist.
Bazzite hat hier allerdings den Vorteil, dass die neusten Treiber eine bessere Kompatibilität für neuere Games mitbringen können. Zudem können neuere Kernel weitere Funktionen mitbringen oder mehr Unterstützung für weitere Controller oder andere externe Hardware, die ihr vielleicht über ein Dock verwenden möchtet. Einen minimalen Performance-Boost kann es für Bazzite übrigens schon geben, aber der liegt im Bereich von maximal 5 Prozent und liegt dann eher im Bereich der Fehlertoleranz. Deutliche Performance-Unterschiede zwischen SteamOS und Bazzite gibt es also nicht und sollte eure Entscheidung in diesem Fall nicht beeinflussen.
Flatpak Paketmanager weniger flexibel als traditionelle Linux-Wege
Traditionelle Distributionen verwenden Paketmanager wie “apt” oder “dnf”, die das System direkt manipulieren. Die Programme werden also direkt mit dem System verbunden, da sie dort reingeschrieben werden. Sie legen Dateien an, überschreiben sie oder löschen sie, was mit der Zeit zu einem Zustand führen kann, den man als “Zustandsdriften” in der Tech-Szene bezeichnet. Euer System kann dadurch instabil werden, Updates können fehlschlagen und im schlimmsten Fall sogar zerschiessen. Vielleicht sogar ohne eine einfache Möglichkeit, zu einer früheren Version zurückzukehren. Dieses System ist flexibel, meist auch aktueller, kann aber auch anfälliger für Fehler sein und ist es meistens auch.
Anstatt also derart ins System einzugreifen, installiert ihr Programme und Apps über sogenannte Flatpaks. Diese kreieren eine Sandbox, in der die Programme laufen. Der Vorteil ist hier, dass diese dann abgekoppelt vom eigentlichen Hauptsystem in ihrer eigenen Umgebung laufen. Sie bringen also ihre eigenen Abhängigkleiten mit und schreiben diese nicht in wichtige Systembereiche. Der “App Store” dafür unter Bazzite ist seit neustem der Paketmanager Bazaar. Dieser verhält sich wie ein echter App Store, wo ihr Programme suchen, installieren und auch deinstallieren könnt. Schnell, einfach und sicher.
Video: Nerd Nest
Solltet ihr Bazzite auf dem Steam Deck ausprobieren? Ja, unbedingt!
Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Ein sehr aktuelles System, das übrigens auch als vollwertiger Desktop genutzt werden kann. Ihr erhaltet immer aktuelle Software, Treiber und Kernel. Auch wenn diese nicht so “Bleeding-Edge”, wie bei CachyOS oder Arch generell ausfallen, so seit ihr dennoch sehr nah an den Release-Zyklen dran. Dank des “rpm-ostree”-Aufbaus ist Bazzite übrigens auch sehr stabil in seiner Update-Sicherheit. Sollte hier doch einmal was schiefgehen, könnt ihr beim Bootvorgang wieder auf die vorherige Version zurückspielen und seit so auf der wirklich sicheren Seite.
Ein paar Nachteile gibt es aber dann doch und die will ich an dieser Stelle auch nicht verschweigen: Bazzite ist in keinster Weise mit Valve verbunden und damit kein offizielles SteamOS, auch wenn es von vielen Magazinen und YouTubern so bezeichnet wird. Es gibt also keine offizielle Unterstützung. Eine sehr hohe Aktualität wie bei Bazzite kann aber auch zu Problemen führen, die erst in der Breite der Installation sichtbar werden. Beispielsweise experimentelle Features, die gerade in neue Kernel eingespielt wurden und dann zu Problemen führen. Das kommt allerdings nur extrem selten vor. Hier hat SteamOS einfach eine etwas höhere “out-of-the-box”-Kompatibilität. Einfach weil es auch zu 100% auf das Steam Deck zugeschnitten ist.
Macht euch der Mehraufwand bei einer Neuinstallation und das einarbeiten in ein neues Linux-System nichts aus, würden wir euch Bazzite aber ans Herz legen. Nicht nur auf dem Steam Deck, sondern falls ihr Lust habt eventuell auch auf einem Gaming-PC. Es ist wirklich sehr einfach zu bedienen, es bringt alles fürs Zocken “out-of-the-box” mit und ist fürs Gaming bereits vorkonfiguriert und optimiert, mit entsprechenden Patches im Kernel und modernen Proton-Versionen, wie Proton-GE und Co. Wollt ihr euch das aber nicht antun, ist auf dem Steam Deck die Standardlösung mit SteamOS ebenfalls völlig ausreichend und aufgrund der damit verbundenen Kompatibilität wohl auch die bessere Lösung.