In der Schweiz herrscht irgendwie eine angespannte Stimmung. Zumindest im Finanzsektor, genauer beim kontaktlosen Bezahlen mit dem Smartphone. Swisscom hat im Juli einen ersten Versuch mit der App Tapit gestartet, doch noch ist daraus nichts geworden. Nun will die Kartengesellschaft Viseca/Aduno die Schweiz zum europäischen Test-Markt für Apple Pay machen. Im Hintergrund arbeitet aber eine Gruppe bereits an einem ganz eigenen System. Doch der Reihe nach.
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Swisscom Tapit
Der ehemals staatliche Konzern Swisscom versuchte sich Anfang Juli an dem Dienst Tapit. Diese App sollte die Grundlage werden für das kontaktlose Bezahlen mit dem Smartphone. Voraussetzung sind eine geeignete Kreditkarte (derzeit lediglich vier verfügbar), eine spezielle SIM-Karte und ein von Mastercard und/oder Visa zertifiziertes Smartphone mit Android. Weder Windows Phone, noch Blackberry oder Apple werden unterstützt. Während bei den meisten Betriebssystemen nur eine App fehlt, wird es bei Apple wohl nie zu einer Unterstützung kommen, da auch im neuesten iPhone 6 (Plus) NFC nur für Apple Pay benutzt werden kann. Eine ziemlich spezifische Auswahl also, wie auch die Übersicht auf der Website zeigt. Auch die zugehörige App schneidet im Play Store eher schlecht als recht ab, es bleiben gerade einmal 2.5 von 5 Sternen. Auch die Beschränkung auf nur einen (zwar den grössten) Mobilfunkprovider schmälert die mögliche Akzeptanz. Kurzum: Bisher hat es nicht gefruchtet.
Die Kreditkartenfirmen haben eigene Ideen
Ebenfalls zum harzigen Start von Tapit beigetragen haben massgeblich die Firmen in der Schweiz, welche Kreditkarten ausstellen. Die Viseca/Aduno-Gruppe will so beispielsweise auf Apple Pay setzen. Der Leiter des Marketings, Roland Zwyssig:
“Wir sind in engem Kontakt mit den Kreditkartenfirmen Visa, Amex und Mastercard. Und wir planen im Oktober ein Meeting mit Apple.”
Ziel ist es, das Unternehmen aus Cupertino zu einem Testlauf in der Schweiz zu überzeugen. Zwyssig sieht reelle Chancen, immerhin habe die Schweiz die zweihöchste Dichte an Funkterminals, zudem habe das sich das Land schon mehrfach aufgrund der Grösse als guter Testmarkt gezeigt.
Natürlich sehen die Kartengesellschaften hier nicht nur einfach ein überlegeneres System, nein, es geht ihnen auch darum, die Kontrolle zu behalten. Bei einem System wie Tapit läge diese in den Händen der Swisscom und der anderen Provider. Die Kreditkartenfirmen und Banken wären lediglich Dienstleister, welche die Karten und das Geld zur Verfügung stellen würden. Und das schmeckt ihnen nicht.
Projekt SwissALPS
Genau darum arbeitet man im Hintergrund bereits an einem eigenen System. Dieses soll einige Vorteile bieten gegenüber bestehenden Lösungen. Es soll “offener” sein als beispielsweise Tapit und alle möglichen Services sollen integriert werden können – so auch Apple Pay. Und – jetzt kommt aus Sicht von Roland Zwyssig das Killer-Feature – es soll ohne spezielle SIM-Karte funktionieren. Auch wenn im Moment noch ein Pilotversuch mit angepasster SIM läuft, so ist nun eine Variante ohne in Entwicklung. Zwyssig:
“Die Zukunft wird ohne SIM funktionieren. Bringen nicht wir eine solche Lösung, tut’s ein ausländischer Anbieter.”
Es tut sich also etwas auf dem schweizerischen Markt für kontaktloses Bezahlen. Wie so oft gibt es zu Beginn eine Vielzahl Möglichkeiten, die alle recht spezifisch funktionieren und erst mit der Zeit wachsen. Es wird sich zeigen, welche oder welcher Anbieter sich durchsetzen werden. Gelingt es dem Konsortium aus Banken und Kartengesellschaften, Apple mit an Bord zu holen, wird es sicherlich schwierig für Swisscom.
Quelle: Schweiz am Sonntag