SMS waren mal der Knaller. Das Nonplusultra, der Beginn einer neuen Zeitrechnung. Wer kein Handy hatte, musste umständlich angerufen werden (und dazu auch noch zu Hause sein!). Man konnte von unterwegs nicht mitteilen, dass man sich schon im Bus befindet, sich allerdings wohl so um die drei bis fünf Minuten verspätet. Gut, das Beispiel war wohl eher eine negative Seite an SMS, genau so wie die erwartete Antwort: “OK” auf diese Ankündigung der “massiven” Verspätung.
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WhatsApp pulverisiert SMS-Anteil
Dennoch war die Meldung, dass die Anzahl an SMS immer weiter zurückgeht und die der verschickten WhatsApp-Nachrichten in astronomische Höhen schnellt doch ein wenig überraschend in ihrer Drastigkeit: Im Jahr 2015 wurden täglich in Deutschland 667 Millionen WhatsApp-Nachrichten versandt, dem gegenüber stehen gerade einmal 39.8 Millionen SMS. Der WhatsApp-Anteil ist seit 2013 geradezu explodiert, während die SMS sang- und klanglos untergeht. Aus der Grafik lässt sich erkennen, dass Messengerdienste den Markt übernehmen und SMS über kurz oder lang komplett in die Bedeutungslosigkeit schicken und auch, dass insgesamt immer mehr per Smartphone kommuniziert wird. Was leider nicht mit betrachtet wurde, ist der Anteil der Emails am Kuchen, auch wenn es in der Betrachtung um Kurznachrichten ging, wäre es interessant zu wissen, inwieweit Messenger-Dienste auch die Emails ablösen. In der Studie ging es zudem nur um den Messenger-Dienst WhatsApp, die anderen wie Facebook-Messenger, Hangouts, Threema, Telegram usw. wurden ausser Acht gelassen.
SMS früher als Kaufgrund, heute eher Störfaktor im Abo
Kommunikation hat sich in unseren Breitengraden und unserer Zeit stetig verändert – nicht, dass sie das zuvor nicht auch schon hätte, aber nun geht es bedeutend schneller von Statten als zum Beispiel noch vor dreissig Jahren. Die Entwicklung der Post, die Erfindung und schliesslich die massenhafte Verbreitung der Telefone in Privathaushalten dauerte einfach seine Zeit. Ein Handy war jedenfalls gegen Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts vor allem wegen der begehrten SMS kaufenswert. Klar, überall erreichbar sein, im Notfall jemanden anrufen können, das waren schon auch gute Nebeneffekte – SMS blieben aber wohl vor allem unter den jüngeren User_innen das Hauptargument für ein Mobiltelefon. Mit der Massenverbreitung der Smartphones wurde diese SMS nun also von WhatsApp abgelöst. Im Grunde ist es einfach eine Weiterentwicklung der SMS, so gut wie gratis und so lang, wie man möchte. Bei Handyverträgen würden viele nur zu gern die SMS-Flat (die früher mal richtig, richtig teuer war!) abstossen und stattdessen das Datenvolumen erhöhen.
Schnell, bequem, billig, viel Platz: Messenger-Nachrichten
Ich weiss nicht mehr aus dem Kopf, wann ich meine letzte inhaltlich wertvolle SMS an eine echte Person und nicht an meinen Internetprovider geschrieben habe (nachgeschaut: Es war am 28. Oktober), heute Vormittag habe ich aber bereits an die zehn Threemas sowie zwanzig WhatsApp-Nachrichten getippt und den Facebook Messenger für einige Messages benutzt. Vor ein paar Jahren noch wäre dies ohne Smartphone mit Messenger-Diensten doch unbezahlbar gewesen. Da hätte man für eine Hochzeitsplanung wohl auf Emails zurückgegriffen und eventuell, ich lehne mich jetzt einmal ganz weit aus dem Fenster, bei der Arbeit nicht noch diskutiert, wohin man zum Mittagessen geht, sondern sich erstmal vor der Tür getroffen und dann überlegt.
Vorbei die Zeiten, in denen man das Worte-Sparen und Abkürzen professionalisierte und sich nicht gerade Freund_innen machte, benutzte man diese Sprache auch im echten Leben. Ob darunter nun die Fantasie der nächsten Generation leiden wird, wage ich an dieser Stelle mal zu bezweifeln.
Papier war stets geduldig, die Displays von heute sind es auch wieder. Der Platz einer WhatsApp-, Threema- oder Telegram-Nachricht reicht dicke für eine Kettenmail inklusive vierhundert Herzchen in Form eines grossen Baumes mit daneben stehender Kuh, ganze Videos können eingebunden werden und von MMS spricht auch schon seit Jahren kein Mensch mehr – haben MMS eigentlich jemals wirklich zuverlässig funktioniert?
Ist dieser Wandel eigentlich ein Problem? Ich denke nicht immer und nicht für alle. Kommunikation ist einfacher, schneller geworden. Das ist problematisch in der Hinsicht, dass sich sehr viele Menschen nun also auch abends auf der Couch immer noch durch den Tag gehetzt fühlen, wenn alle paar Minuten das Handy piept. Verspürt man den Drang, immer wieder nachzuschauen, ob mit einem kommuniziert wird oder bekommt Schuldgefühle, wenn man nicht sofort antwortet (oder Verlassensängste, wenn einem selbst nicht gleich eine Antwort-Message erscheint), dann sollte man dringend das Nutzungsverhalten überdenken. WhatsApp und Co geben uns ein neues, sehr gut funktionierendes Werkzeug, das sehr viele Vorteile gegenüber teuren, kurzen SMS und der manchmal doch umständlichen Email bietet. Es muss nur – wie jedes Werkzeug – richtig genutzt werden. Wichtig ist vielleicht, es selbst aktiv zu nutzen und sich nicht passiv von der Kommunikation via Messenger benutzen zu lassen und dabei die Kontrolle zu verlieren.
Quelle: statista