So. 16. Mai 2021 um 12:45

Amiibo selber machen mit NFC

von Yves Jeanrenaud 0 Kommentare
Lesedauer: 9 Minuten

An Animal Crossing: New Horzions war letztes Jahr allgegenwärtig. Die Serie um die putzigen Tierfiguren ist seit Jahren fester Bestandteil des Nintendo Franchise und immer wieder ein grosser Hit. Das nezeste Spiel für die hybride Konsole Nintendo Switch wiederum hat sich millionenfach verkauft und ist zeitweise bei diversen Shops einfach ausverkauft gewesen. Selbst bei Amazon war das Game wochenlang der Bestseller Nr. 1 in der Kategorie Spiele für Nintendo Switch. Auch die Animal-Crossing Edition der Nintendo Switch ist bei Amazon lange Zeit ganz oben in den Verkaufs-Charts gewesen.

 

Animal Crossing: New Horizons

Angebot

 

Im Spiel selbst geht es darum, euer eigenes kleines Insel-Paradies zu erschaffen. Keine Kämpfe, kein Blut, keine Action! Lediglich niedliche Tiere und ein total relaxender Wohlfühlfaktor machen das Spiel gerade in diesen schwierigen Zeiten fast schon zum perfekten Quarantäne-Begleiter. Ihr könnt tausende von Objekten bauen, müsst die Anleitungen dafür finden, Materialien beschaffen und wer den “Zeittrick” im Spiel nicht anwendet, kann (und das ist kein Witz) über 12 Monate am Stück immer wieder etwas neues entdecken. Es ist die teils schon unendliche Ruhe in Animal Crossing New Horizons, die euch über einen längeren Zeitraum beschäftigt.


Animal Crossing: New Horizons Screenshot
Animal Crossing: New Horizons für Nintendo Switch. Bild: PocketPC.ch / Laser

Interessant ist zudem, dass das virtuelle Dorf auf der Insel im Spiel von allerlei Charakteren bevölkert werden kann, die man einerseits im Laufe des Spiels freischaltet oder aber als Amiibo-Figur hinzufügen kann. Das geht einerseits über die begehrten Sammelfiguren aus Kunststoff, die es seit der Nintendo Wii U Konsole zu kaufen gibt.

 

 

Diese Toys-to-Life-Figuren sehen nicht nur toll aus auf dem Regal, sondern sind gerade bei Kindern ein beliebtes Sammelobjekt und Spielzeug. Mit zwar recht moderaten Preisen zwischen 10 und 20 SFr. bzw. Euro kann diese Sammelleidenschaft aber auch sehr schnell ins Geld gehen. Dass das für Nintendo ein gigantisches Geschäft sein muss, zeigen alleine die Zahlen vom Nintendo Investor Meeting; Allein bis Ende Juni 2016 wurden weltweit über 24 Millionen Amiibo-Figuren und ca. 29 Millionen Amiibo-Karten verkauft.

 

Andererseits gibt es zu Animal Crossing seit der Nintendo 3DS Version auch Amiibo Sammelkarten. Die Animal Crossing amiibo cards sind zwischen 2015 und 2016 in vier Serien erschienen, was immerhin stattliche 400 unterschiedliche Karten alleine in Europa bedeutet. Wohl auch darum hat Nintendo bestätigt, dass die Sammelkarten wieder neu aufgelegt in den Verkauf kommen werden.

 

 

Doch der Clou an den putzigen Figuren aus Kunststoff wie an den Sammelkarten ist, dass sie über einen NFC-Chip im Sockel mit dem Spielgeschehen interagieren können. Sie schalten bestimmte Boni oder Funktionen frei, erscheinen als Charakter im Spiel und diese je nach Game auch selbst spielbar. Manche Spiele, wie Animal Crossing: Amiibo Festival für die Wii U damals, basieren komplett auf den Figuren und Karten mit Amiibo Funktion und können ohne diese nicht gespielt werden. Das klappt auch bei Animal Crossing: New Leaf und Animal Crossing: Pocket Camp.

Auch andere Spiele aus dem Nintendo-Universum, etwa Super Smash Bros. Ultimate oder The Legend of Zelda: Breath of the Wild können mit Sammelfiguren aufgepeppt werden und so neue Skins oder gar Charaktere bis hin zu Vorteilen im Spiel freischalten.

Drin steckt NFC Technologie

Doch wie funktioniert das? Ganz einfach: Alle Amiibo-Figuren und -Karten kommen mit einem NTAG215 Chip von NXP Semiconductors. Diese Chips für die Nahfeldkommunikation NFC haben eine 7 Byte lange einzigartige Kennung sowie 504 Byte Speicherplatz. Wie viele NFC-Chips von NXP können sie Passwortgeschützt werden. Nintendo aktiviert diesen und schützt den programmiert Speicherteil, der Informationen zu der Figur oder der Karte enthält mit einem Schreibschutz vor Veränderungen. Damit können die Karten und Figuren zwar noch zum Übertragen von Miis, den Player-Charakteren von Nintendo, genutzt werden, aber für nicht viel anderes. Wichtig dabei ist jedoch, dass nicht der ganze NFC-Chip schreibgeschützt wird. Für Spiele wie Super Smash Bros U etwa oder auch für Zelda: Breath of the Wild sind noch Bereiche offen, in denen Eigenschaften der Figuren abgespeichert werden. Ebenfalls können Daten zum Nintendo-Profil auf die Figur übertragen werden.

 

 

Da NFC-Technologie wirklich nur im “Nahfeld” funktioniert, können übrigens keine Amiibo-Figuren in ihren Verkaufsverpackungen ausgelesen werden. Wäre ja auch sehr ungeschickt, wenn man sich mit der Konsole oder dem Smartphone in der Tasche einfach alle Figuren der Spielwarenabteilung im Kaufhaus einscannen könnte.

Wie kann man Amiibo selber machen?

Doch dass der japanische Spielegigant hier auf einen Industriestandard mit grosser Akzeptanz, nämlich NFC setzt, kommt uns sehr gelegen. Die NTAG215 Chips sind weit verbreitet und, das ist noch besser, lassen sich mit vielen aktuellen und auch nicht mehr so aktuellen Smartphones und Tablets programmieren! Damit steht uns Tür und Tor offen, Amiibo selber zu machen, zu basteln, zu faken, zu hacken, zu emulieren – wie auch immer ihr das nennen wollt.

1. NFC Chips besorgen

Dazu benötigen wir zunächst passende NTAG215 Chips. Diese kommen in verschiedenen Varianten und Formen. Beispielsweise hat der bekannte NFC-Tag-Shop.de eine Vielzahl Artikel mit dem NXP NTAG215 Chip im Sortiment.

 

Schon für wenige Cent bekommt man hier NFC-Sticker mit dem entsprechenden Chip. Am günstigsten ist dabei wohl der 30 mm Sticker in weiss, der im 10er-Pack nur 12,90 Euro kostet.

Doch auch Amazon hat natürlich entsprechende Sticker, Chips und Karten im Sortiment.

 

 

Aber Vorsicht! Alle anderen Chips als der NTAG215 funktionieren nicht mit Nintendo-Hardware. Wer also auf AliExpress oder auch bei Amazon sucht und kauft, sollte genau die Beschreibungen lesen vor dem Bestellen. Nur ein NTAG215 kann als Amiibo programmiert werden.

2. App installieren

Für Android gibt es eine sehr nützliche App Namens TagMo, die es erlaubt, die Daten für ein Amiibo in einen NFC-Chip des Typs NTAG215 von NXP zu schreiben. Diese ist allerdings nicht im Google Play Store erhältlich. Man muss sie also am besten von der Code-Share-Plattform GitHub herunterladen und/oder kompilieren und die “Installation von unbekannten Apps” in den Einstellungen des Systems erlauben.

 

Das dies ein Sicherheitsrisiko darstellt, dürfte an dieser Stelle klar sein. Wir empfehlen entsprechend auch nichts diesbezüglich. Ihr wisst, was ihr tut, wenn ihr das macht und wenn nicht, lasst es vielleicht besser.

 

Für iOS gibt es eine Hand voll Apps, die ähnlich funktionieren wie TagMo.

 

‎AmiiBoss
Preis: Kostenlos
‎Ally – Collect and Backup
‎Amy Collector
Preis: Kostenlos

 

Die bekannteste wird wohl Amiiboss sein, wenngleich sich deren Umfang ziemlich gleichen. In jedem Fall benötigt ihr die Schlüssel-Dateien (siehe 3. Schlüssel laden) und Dumps der Amiibo, die ihr erstellen wollt. Nur müsst ihr in der Regel die Dumps selbst erstellen und könnt keine .bin-Dateien einlesen unter iOS. Das heisst, man muss entweder einen Emulator wie den n2 Elite einsetzen oder eine Amiibo-Sammlung scannen. Nur bei Amiiboss könnt ihr die Daten via USB auf das iPhone übertragen. Amiiboss gibt es sogar für die Apple Watch. Very fancy!

3. Schlüssel laden

Die App TagMo braucht zwei Schlüssel-Dateien, die den werksseitigen Schreibschutz aus Nintendos Hand nachahmen können. Auch manche Apps für Apples iOS benötigen dieses Key-File. Je nach Gesetzesgrundlagen, etwa in Deutschland, kann schon die Verbreitung dieses Keys ein Problem darstellen, da es als Umgehen eines wirksamen Kopierschutzes ausgelegt werden könnte. In der Schweiz jedoch eher weniger.

 

Der Besitz des Keys zum privaten Gebrauch scheint jedoch in der ganzen DACH-Region kein grösseres Problem zu sein. Aber auch hier, Vorsicht: Wir sind keine Juristinnen und Juristen! Ob das Laden eines Keys für die App ein rechtliches Problem sein könnte, beantworten wir an dieser Stelle nicht und raten darum generell mal vorsorglich davon ab. Verlinken werden wir darum auch keine solchen Dateien. Wer will, wird sie problemlos mit handelsüblichen Suchmaschinen finden können.

Bilder: PocketPC.ch / Jeanrenaud

4. Amiibo-Daten laden

Nun benötigen wir noch die binären Daten von original Amiibo Karten und Figuren. Diese gibt es zuhauf im Internet, beispielsweise gab es diese auf NFC-Bank. Mittlerweile ist die Seite jedoch offline bzw. hat den Besitz gewechselt und wird für andere Zwecke misbraucht, weswegen wir an der Stelle sicher nicht darauf verlinken. Ihr findet die Collections jedoch zuhauf im Netz, denn wie ihr wisst, vergisst das Netz nicht so leicht. Diese Daten kommen in der Regel als .bin-Datei, oftmals zusammen mit einem Bild der Karte bzw. der Figur. Die oben genannte App TagMo ist dann in der Lage, alle in einem Ordner (und dessen Unterordnern) gespeicherten Amiibo zu erkennen und als Katalog anzuzeigen. Bilder, die nicht mitgeliefert werden, kann TagMo auch ganz einfach selbst aus der NFC Datenbank AmiiboAPI nachladen. Aber auch die Apps für iOS können diese .bin-Dateien laden und sozusagen als Backups eurer Figuren zu behandeln, wenngleich nicht alle und auch wenn der Transfer deutlich komplexer ist als zu einem Android-Gerät.

5. Tags schreiben

Doch damit natürlich nicht genug! TagMo, das zugegeben wenig intuitiv gestaltet ist, erlaubt es nunmehr auch, diese geladenen Daten auf einen NXP NTAG215 NFC-Chip zu schreiben. Das funktioniert sehr einfach und wird mit einem simplen “Done” und einer Vibration quittiert. Dabei wird der NFC-Tag schreibgeschützt und kann somit nicht mehr für andere Zwecke beschrieben werden.

Amiiboss oder auch Amy Collector für iOS machen das schon deutlich Nutzer_innenfreundlich.

6. Fertig!

Nun funktioniert der NFC-Chip so programmiert als Amiibo-Ersatz mit der Nintendo Switch in allen kompatiblen Spielen. Sie können nun ganz einfach auf dem rechten Joycon oder dem Nintendo Switch Pro Controller eingescannt werden. So wie bei originalen Amiibo. Schwups – schon bevölkert ein neuer Charakter in Animal Crossing: New Horizons euer Inseldorf! Natürlich auch auf den anderen Nintendo-Plattformen, wie der Wii U und dem 3DS. Klar sind auch andere Figuren und Karten, etwa für Spiele wie Super Smash Bros. oder Zelda: the Breath of the Wild so programmierbar. Diese können übrigens sogar bearbeitet werden, so dass deren Effekte, Stats und Boni manipuliert werden können. Cheat ahoi!

Bilder: PocketPC.ch / Jeanrenaud

 

 

 

Wem das zu umständlich ist, kann sich auch anders behelfen: Findige Menschen haben Hardware-Emulatoren entwickelt, wie beispielsweise der N2 Elite.

Dieses Gerät wird per Android Smartphone programmiert und kann bis zu 200 verschiedene Amiibo-Datensätze speichern, die per Tastendruck gewechselt werden können. Das hat natürlich seinen Preis. Mit ca. 80 Euro bzw. SFr. schlägt der N2 Elite NFC Emulator inklusive USB-Adapter zu Buche. Wer ein NFC-fähiges Android-Smartphone hat, kann aber auch mit knapp 50 Euro bzw. SFr. nur die N2 Elite Disc direkt benutzen.

 

 

Dieses kleine Gerät wird per eigener App programmiert und verwendet dieselben Datensätze wie TagMo oder Amiiboss. Nur eben bleibt er wiederverwendbar, speichert bis zu 200 Amiibo gleichzeitig und kann so schier unendlich viele Amiibo emulieren. Dafür ist die Grundinvestition etwas höher. Wer also nur ein paar wenige Amiibo braucht, ist mit einzelnen NFC-Chips aber sicherlich günstiger bedient.

 

 

 

Quellen:  nintendo-magazin.de (webarchive), nfc-tag-shop.de, wikipedia, wikipedia, animalcrossingworld.com (Englisch), NFC Bank (Englisch), GitHub (Englisch)

Das könnte Sie auch interessieren

Schreibe einen Kommentar

Insert math as
Block
Inline
Additional settings
Formula color
Text color
#333333
Type math using LaTeX
Preview
\({}\)
Nothing to preview
Insert
Teilen