Sa. 02. April 2022 um 7:46

Review: TwoTrees Sapphire Plus FDM 3D Drucker im Test

von Yves Jeanrenaud 0 Kommentare
Lesedauer: 7 Minuten

Wer einen 3D-Drucker sucht, hat mittlerweile schon lange die Qual der Wahl. Zunächst gibt es verschiedene Fertigungsverfahren. Neben SLA und SLS ist vor allem FDM im Heimgebrauch weit verbreitet. FDM steht für Fused Deposition Modeling, wird mitunter auch als Fused Filament Fabrication bezeichnet. Dabei wird das Werkstück schichtweise aus einem schmelzfähigen Kunststoff, dem Filament, aufgebaut. Das Verfahren zeichnet sich vor allem durch eine grosse Materialauswahl, bis hin zu Metall und Holz, und vergleichsweise günstige Kosten aus. Wir haben uns darum den TwoTrees Sapphire Plus 3D Drucker getestet, den wir freundlicherweise von Geekbuying zur Verfügung gestellt bekommen haben.

Lieferumfang des TwoTrees Sapphire Plus FDM 3D Druckers

Geliefert wird der Sapphire Plus 3D Drucker in einem grossen Karton mit viel Schaumstoff und in mehreren Einzelteilen. Der Vollmetallrahmen muss nämlich erst zusammengebaut werden. Basis und Oberteil sind zwar fix montiert, ebenso wie Bowden-Extruder und Druckkopf mit 0.4 mm Düse, doch man muss etwa zehn Prozent der Arbeit noch selbst erledigen. Darum sind viele, etwas unlogisch aber nummerierte Tütchen mit Schrauben und Teilen dabei, ebenso wie Stangen und Kabelbinder, fünf unterschiedlich grosse Inbusschlüssel und ein kleiner Schlitzschraubenzieher. Weiter bekommen wir mit dem 3D Printer einen Seitenschneider, eine 4 GB microSD-Karte, ein USB-B-Kabel, einen microSD-Kartenleser für den USB-Anschluss  sowie eine rolle PLA-Filament als Zubehör dazu.

 

Eine englischsprachige, bebilderte Anleitung, führt durch den Aufbau und erste Inbetriebnahme. Die Anleitung ist leider unvollständig und teilweise gar missverständlich, so dass man, wenn man nicht sehr routiniert im Aufbauen von 3D Druckern ist, trotz der vergleichsweise wenigen Arbeitsschritte ein paar Stunden einplanen muss und zudem immer mal wieder doch etwas zurück baut, weil man es versehentlich verkehrt herum aufgesetzt hat. Doch dazu gleich mehr.


TwoTrees Sapphire Plus 3D Drucker
Viel zu bauen. Der TwoTrees Sapphire Plus 3D Drucker im Auslieferungszustand. Bild: PocketPC.ch / Jeanrenaud

Aufbau des TwoTrees Sapphire Plus SP5 Nano 3D Druckers

Der TwoTrees Sapphire Plus FDM Printer firmiert beim Hersteller TwoTrees auch unter der Bezeichnung SP-5 und SP5 Nano. Das liegt vor allem auch am verwendeten Board MKS Robin Nano von Makerbase.

 

Der Sapphire Plus überrascht nicht durch einen aussergewöhnlichen Aufbau. Wie von vielen 3D-Druckern dieser Grösse bekannt besteht er aus einem annähernd würfelförmigen Rahmen aus schwarzen Aluminium-Profilschienen.

 

Die grössten Teile, wie Deckel inklusive Druckkopfhalterung sowie der Achsen X und Y, Bodengehäuse mit Netzteil, zwei Motoren für die Z-Achse sowie Touchscreen und Kabelbaum sind vormontiert. Lediglich der Rest muss selbst zusammengebaut werden.

 

Es werden dazu nach und nach die einzelne Bauteile zusammengesteckt und festgeschraubt. Die Aufbauanleitung darf man sich aber nun nicht so genau wie beim schwedischen Möbelhaus, noch nicht mal wie beim dänischen Spielzeughersteller vor stellen! Manche Schritte, wie das Einsetzen des Teflonschlauchs für das Filament, werden erst gar nicht erwähnt oder andere, wie das Verbinden der verschiedenen Kabel für Heizplatte, X-, Y- und Z-Achse sowie den Druckkopf in den Kabelbaum werden angekündigt, dann aber auf der darauffolgenden Seite nur sehr rudimentär dargestellt.

 

Doch was wären wir denn heute ohne das Internet? Es gibt zum TwoTrees Sapphire Plus 3D-Drucker unzählige Aufbauanleitungen in Videoform. Mit dem nachfolgenden Video aus dritter Hand klappte es dann relativ gut und ich wünschte, ich hätte von Anfang an auf YouTube gesetzt statt auf die gedruckte Anleitung, die übrigens im rar-Archiv auf der microSD-Karte ebenfalls enthalten ist. Zudem hilft ein gerüttelt Mass Nachdenken vor dem Schrauben und eben: Geduld.

Video: Angel Ma

 

So geht dann das Zusammenbauen des TwoTrees Sapphire Plus FDM 3D Druckers langsam und mit eine guten Portion Geduld doch ganz gut von statten.

 

Was mich persönlich jedoch gleich zu beginn besonders ärgerte, sind die unterschiedlichen Schraubentypen und -grössen. Zwar sind die allermeisten in eigenen Minigrip-Tütchen verpackt, die auch einen Aufkleber mit Nummer tragen. Aber in der Anleitung werden nur die Grössen selbst wie M4x8 erwähnt. Einzig in der Stückliste sind die Tütchennummern und deren Inhalt erklärt. Ich habe also zunächst mal auf allen Seiten die Nummern der Verpackungen nachgetragen, um nicht auch noch lange nach der richtigen Schraube suchen zu müssen.

 

Auch doof: Die vier vertikalen Profilschienen haben in einem der Profile eine Einkerbung auf circa. 40 cm Höhe. Wozu diese dient, wird erst beim Aufbau klar, denn da kommen die vormontierten Zylinderkopfschrauben der Querträger rein. Das bedeutet, dass man haargenau aufpassen muss, dass diese Einkerbungen alle im oberen Bereich der Schienen sind und zudem auf der inneren Seite zu liegen kommen. Denn weil nur eines der Profile passend ausgestattet ist, gibt es für jede Schiene nur zwei richtige Positionen, in der sie dann mit vier Schrauben aus zwei unterschiedlichen Grössen befestigt wird.

 

Auch wenn die Verarbeitung und das Material auf den ersten Blick einen soliden und hochwertigen Eindruck vermitteln, zeigt sich schnell die eine oder andere Ungenauigkeit bei der Fertigung. Damit der 3D Printer waagerecht steht, musste ich beispielsweise zwischen einen der vier Gummifüsse nochmals zwei Unterlagsscheiben verschrauben. Dazu passt auch, dass vier Schrauben kein Innensechskantkopf hatten, sondern mit Torx-Köpfen ausgestattet sind. Das sieht zwar auf den ersten flüchtigen Blick so ähnlich aus, aber die sechsstraligigen, sternförmigen Schraubenmitnahmeprofile reissen dann doch einfach mal aus, wenn man den Weichmetall-Inbusschlüssel reinpresst. Und die Inbussschlüssel sind wirklich auch ungewöhnlich flexibel. Daher gilt wohl der beste Griff beim Aufbau des 3D Druckers von TwoTrees zum gutsortierten Schraubbit-Satz und zum kleinen Akkuschrauber.

 

Irritierend ist zudem, dass bei unserer Ausführung die Heizplatte direkt an die Kabel angelötet wurde und das offensichtlich von Hand. Die Anleitung, und auch die vielen Videos, gehen indes von einer Steckverbindung aus. Seltsam. Und auch wenn hier nur Niedervoltstrom anliegt, ist das nicht gerade sicher. Zum Glück befindet sich der Anschluss in der Regel hinten und man läuft selten Gefahr, die Anschlüsse versehentlich zu berühren. Vertrauenserweckend wirkt das aber nicht.

 

Dennoch kann man sagen, dass die Bauweise durchaus stabil und robust ist. Wenn die Schrauben mal sitzen und mal vor allem die T-Muttern richtig eingesetzt hat in die Profile der Trägerschienen, ist auch nach stundenlangen Drucken keine locker. Auch nach einigen Wochen Benutzung ist keine Abnutzung oder Ermüdung, weder an den Schraubverbindung noch an den Bauteilen zu erkennen. Einzig der Dual Drive Extruder zickt mitunter. Nach einigen Stunden Drucken musste dieser zerlegt und die Transportwalze mit einem kleinen Inbusschlüssel festgeschraubt werden, da sich diese gelöst hatte.

Bilder: PocketPC.ch / Jeanrenaud

Hardware und Eigenschaften

Der TwoTrees Sapphire Plus FDM 3D Drucker ist 18 kg schwer und 48.5 x 46 x 59 cm gross. Filament mit 1.75 mm Durchmesser wird von dem einzelnen Extruder verarbeitet und durch eine Düse mit bis zu 260 °C zu 0.4 mm, 0.6 mm, 0.8 mm oder 1.0 mm aufgeschichtet. Mitgeliefert ist eine Düse mit 0.4 mm Auslass. Die Schichthöhe beträgt damit zwischen 0.1 mm und 0.4 mm. Die minimale Verarbeitungstemperatur beträgt 100 °C, womit auch holzbasierte Filamente benutzt werden können. Neben Holz kann er auch ABS, PLA und PETG verarbeiten.

 

Als Positionsgenauigkeit wird für die X- und Y-Achse 0.01 mm angegeben, für die Höhe (Z) 0.025 mm. Die maximale Druckgeschwindigkeit beträgt beachtliche 300 mm/s, wobei die empfohlenen 60 mm/s durchaus ausreichen.

 

Wichtig ist natürlich der Dimension des Bauraum bzw. die maximale Druckgrösse, die beim TwoTrees Sapphire Plus 300 x 300 x 350 mm beträgt.

 

 

Der Stromanschluss mittels Kaltgerätekabel von 110 V bis 220 V Wechselstrom erfolgt in der Basis des Druckers auf der rechten Seite mit einem beleuchteten Ein-Aus-Schalter. Linksseitig befindet sich ein USB-B-Anschluss zur Datenübertragung sowie ein microSD-Kartenslot. Auf der Vorderseite ist ein 3.5 Zoll grosser, vollfarbiger Touchscreen zur Steuerung des 3D-Druckers vorhanden.

 

Besonders ist zudem das gitterartige Glasheizbett. Über der Heizplatte wird nämlich eine Glassplatte mit Gitterbeschichtung angebracht. Dafür sind entsprechende U-Winkel beigelegt, aber nirgends in der Anleitung erwähnt. Bei unserem Modell war zudem die Glasplatte auf der Unterseite mit einer Klebefolie ausgestattet, so dass sie auch ohne Schraubanpressverbidung angebracht werden konnte. Die Glasplatte hat ähnlich wie beim heimischen Herd den Vorteil, dass sie sich auch bei hohen Temperaturen nicht verformt, wobei beim 3D-Druck meist nur 60 °C angelegt werden hier. Zudem steigt die Temperatur schnell an und fällt schnell wieder ab, was Zeit sparen kann. Dank der glatten Oberfläche sehen die gedruckten Modelle zudem besser aus und können leichter abgelöst werden.

 

Das Heizbett sitzt auf vier gefederten Schrauben mit grossen Handrädern, die das Austarieren so deutlich erleichtern.

TwoTrees Sapphire Plus 3D Drucker
Fertig. Der TwoTrees Sapphire Plus FDM 3D Drucker. Bild: PocketPC.ch / Jeanrenaud

Testeindruck zum TwoTrees Sapphire Plus FDM 3D Drucker

Nachdem das Gerät aufgebaut wurde, kann die erste Einrichtung erfolgen. Dazu wird im Touchscreen-Menü, das nach knappen 10 Sekunden Bootvorgang bereits einsatzbereit und auch auf Englisch und Französisch verfügbar ist, der Abstand richtig eingestellt. Dabei ging erst nochmal einiges an Zeit für das Austarieren der Z-Achse drauf. Diese quietschte sehr unangenehm mal links, mal rechts und auch gerne mal beidseitig, bis der richtige Abstand an der Aufhängung des Druckbetts, der Z-Achsenwellen und der entsprechenden Winkel gefunden war.

 

Danach wird in allen vier Ecken und in der Mitte des Druckbereichs die Druckkopfhöhe manuell eingestellt, indem diese im entsprechenden Menü ausgewählt werden und ein Blatt Papier zwischen Düse und Glasplatte geschoben wird. Mit Dreh an den vier grossen Stellschraubenmuttern wird so die Bettnivellierung durchgeführt.

 

Von da an kann gedruckt werden, nachdem der Druckkopf und das Heizbett auf Temperatur gebracht wurden. Für die bei PLA-Filament übrlichen 200 °C und 60 °C sind keine fünf Minuten Wartezeit nötig. Für den 3D-Druck selbst kommen entweder Modelle im Dateiformat G-Code direkt von der Speicherkarte aus in Frage. Alternativ können die Modelle direkt aus der Slicing-Software als STL,OBJ oder JPG gedruckt werden, indem das mitgelieferte USB-Kabel benutzt wird. Wer möchte kann aber auch via WLAN drucken. Dazu muss ein ESP-basiertes WLAN-Modul auf das MKS-Board gesteckt werden, was separat erhältlich ist. Das kann insbesondere für grössere Makerspaces durchaus interessant werden.

Druckqualität

Was beim Drucken positiv auffällt, ist die hohe Druckgeschwindigkeit. FDM Drucker sind selten so schnell, auch wenn die angegebenen 300 mm/s übertrieben scheinen. Die ersten Probedrucke, darunter der unten zu sehende XYZ-Würfel, wurden schnell und erfolgreich gedruckt und in durchaus guter Qualität. Da sah ich schon schlechtere 3D-Prints aus FDM-Druckern. Die Abweichungen sind wirklich nur minimal, wie der Hersteller angibt, wie das 20 x 20 x 20 mm kleine Modell, was in knapp 45 Minuten gedruckt wurde, zeigt.

 

Selbst bei grösseren Modellen ist die Qualität noch sehr gut und zeigt auf den Oberflächen kaum Unregelmässigkeiten, die nicht durch Einstellungen in der Slicing-Software beseitigt werden könnten. Überhaupt ist das Konfigurieren der Software und die Druckeinstellungen in der GCode-Datei das A und O bei diesem Drucker. Von TwoTrees gibt es darum zum Sapphire Plus eine 3mf-Projektdatei mit auf der Speicherkarte, auf deren Basis eigene oder importierte Modelle etwa in Cura oder Repetier gespeichert werden können. Allerdings braucht es hier doch auch einiges an Ausprobieren.

 

Auch fällt auf, dass der TwoTrees Sapphire Plus relativ leise arbeitet. Zwar hört man den Lüfter des Netzteils und die beiden Lüfter des Druckkopfs schon, aber besonders laut ist der 3D-Drucker nicht und auch nach einigen Stunden noch durchaus im Rahmen. Ein PC-Netzteil ist hier mitunter schon mal lauter.

 

Positiv hervorzuheben ist zudem, dass ein Filament-Sensor mitgeliefert wird, der ein Abreissen der Materialzufuhr erkennt und so den Druckvorgang pausiert. Auch kann der Druckvorgang automatisch fortgesetzt werden nach einem Stromunterbruch. Das hat bei unserem Test jedoch nicht immer funktioniert. Ein mal hing das Gerät dann nach einem absichtlich herbeigeführten Stromausfall in einem Bootloop fest, der nur durch ein Entfernen der microSD-Karte und ein Abbrechen des Drucks beseitigt werden konnte. Man sollte sich also vielleicht weniger darauf verlassen.

Bilder: PocketPC.ch / Jeanrenaud

 

Preis und Fazit

Der TwoTrees Sapphire Plus FDM 3D Drucker kostet bei Amazon derzeit 479,99 Euro bzw. SFr. Geekbuying indes veranschlagt lediglich 403,51 Euro bzw. SFr. für das Gerät und liefert, vielleicht etwas langsamer, aber ebenso zuverlässig.

 

 

Der Sapphire Plus SP-5 von TwoTrees vermag vor allem durch die maximale Druckgrösse von 300 x 300 x 350 mm und die beachtliche Geschwindigkeit von 300 mm/s zu überzeugen, wobei die Maschine selbst gar nicht mal so gross ausgefallen ist. Ein passables Touch-Display zur Bedienung ohne Rechner, die Kompatibilität zu verschiedenen Slicer-Programmen und die Möglichkeit, verschiedene Düsen zu verwenden machen den TwoTrees SP-5 Nano zu einem recht vielseitigen 3D Printer.

 

Die hochwertigen und klaren Druckergebnisse, die schnell und ohne viele Unregelmässigkeiten erzeugt werden, das schnelle Aufheizen und das Glasbett machen den TwoTrees Sapphire Plus zu einem guten 3D Drucker im mittleren Preissegment.

 

Schade ist nur, dass der Aufbau doch recht umständlich ist und an manchen Stellen unnötig komplex bzw. undokumentiert. Der Support von TwoTrees ist ungewohnt schnell und kompetent und kann in formidablem Englisch und mit vielen individuellen Videos weiter helfen, wenn Fragen auftauchen, sowohl beim Aufbau als auch beim Betrieb des TwoTrees Sapphire Plus FDM 3D Druckers. Wäre das Austarieren nicht so umständlich und von Hand zu erledigen, wäre der Drucker trotzdem eine Empfehlung auch für alle, die in das Feld des 3D-Drucks einsteigen möchten. So ist doch etwas mehr Geduld erforderlich, was manche abschrecken und zu einem vollständig fertig gebauten Modell bewegen könnte.

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