Fr. 12. Oktober 2018 um 12:03

Review: Netac 64 GB SDXC Pro – microSD-Karte aus China getestet

von Yves Jeanrenaud 0 Kommentare
Lesedauer: 7 Minuten

Wer ein Smartphone mit der Möglichkeit besitzt, den Speicher per microSD-Karte zu erweitern, muss sich oftmals zwischen Unmengen verschiedener Hersteller entscheiden. Klar, das sind die grossen Namen: SanDisk, Verbatim, Toshiba, Kingston und wie sie alle heissen. Doch was ist mit den, bisweilen spottbilligen Produkten eher namensloser Mitbewerbsfirmen auf dem Markt? Als Beispiel schauen wir uns heute die Netac 64 GB SDXC Pro an. Wir haben die Karte über den chinesischen Onlineshop Tomtop erhalten. Nach Eingang der Bestellung vergingen knapp zehn Tage, bis die microSD-Karte verpackt in einen Luftpolsterumschlag im Briefkasten lag. Doch ist das wirklich klug, seine Daten einem Chinaimport anzuvertrauen? Nicht ohne Grund warnen viele, auch die namhaften Hersteller vor günstigen Speicherkarten. Gut, letztere sicherlich auch aus purem Eigeninteresse und Marktkalkül, aber dennoch: Was ist dran, an der Skepsis gegenüber Flashspeichern unbekannterer Shops und Herstellern aus Fernost, die wir schon fast verinnerlicht haben?

Schauen wir uns die Netac micro SD-Speicherkarte mal genauer an.

Lieferumfang der Netac Speicherkarte

Geliefert wird die Netac 64 GB SDXC Pro microSD-Karte, wie erwähnt auch überraschend schnell, in einem simplen Karton-Blister mit Kunststofffenster. Kein SD-Format-Adapter, kein Schnickschnack. Die Verpackung ist vornehmlich auf Chinesisch beschriftet, was bei einem chinesischen Hersteller und einem chinesischen Shop nicht weiter verwundert. Die Packung hat rechtsseitig eine Kartonlasche, mit der die perforierte Rückseite genau hinter der microSD-Karte aufgetrennt und damit die Netac SDXC einfach entnommen wird. Das ist begrüssenswert und auch der Plastikumfang der Verpackung hält sich in Grenzen. Nur dieses kleine Fensterchen ist nicht aus Papier gefertigt und somit schwer recyclebar. Dafür dass diese Verpackungen sowieso nicht wiederverwendet werden können, ist das begrüssenswert. Auch wenn wir gut auf das Sichtfenster auf die Karte hätten verzichten können, schliesslich wissen heutzutage fast alle sowieso schon, wie eine microSD-Karte aussieht. Notfalls hätte auch ein Produktfoto etwaige Zweifel ausräumen können, ob man da die richtige Karte in der Hand hält.


Netac 64 GB SDXC Pro microSD Karte

Das Äussere der Netac 64 GB SDXC Pro

Die Netac 64 GB SDXC Pro microSD-Karte selbst ist recht unscheinbar und exakt der offiziellen Spezifikaitonen  11.0 x 15.0 mm x 0.7 mm gross und wiegt weniger als ein halbes Gramm. Mit einem ähnlichen Design wie die bekannten Karten von SanDisk ist das obere Drittel bei Netac in Schwarz gestaltet und enthält den Schrittzug des Herstellers, die untere Partie ist bei Netac blau. Hier finden wir die Kapazität vergleichsweise gross aufgedruckt, sowie gewohnt winzig die Symbole für microSDXC, Class 10 und UHS-1 U1. Moment mal: UHS-1 U1? Die Artikelseite verspricht UHS-I U3? Hmm, eine erste Welle Zweifel befeuert unsere Skepsis, was das Produkt an geht.

Alle Schrift ist in Weiss gehalten, die Rückseide der Netac microSDXC ist schwarz bemalt, die acht Kontakte goldfarben. Hier ist unter der eingeprägten Seriennummern zu lesen: MADE IN TAIWAN. Das ist soweit alles nichts Überraschendes und macht soweit einen passablen Eindruck. Die Farbe lässt sich nicht so leicht abkratzen und auch die Kontakte sehen auf den ersten Blick tadellos und langlebig genug aus.

Die Netac 64 GB SDXC Pro microSD-Karte im Benchmark

Doch wie sieht es mit den inneren Werten der Netac 64 GB SDXC Pro microSD-Karte aus? Die Bezeichnung SDXC, kurz für Secure Digital eXtended Capacity, sagt ja nichts weiter, als dass wir einen nichtflüchtigen Flash-Speicherkarte vor uns haben, die den Secure Digital-Format entspricht (also auch Sicherheitsfunktionen wie DRM und Kartenpasswörter unterstützt) und mehr als 32 GB (das wäre eine SDHC-Karte) Speicherkapazität umfasst. Aber was sagen die anderen Daten?

Netac verspricht viel

Der Hersteller verspricht mit der Netac SDXC Pro gute Datenraten: Class 10 bedeutet, dass mit mindestens 80 Mbit/s (sprich 10 MB/s) sequenziell geschrieben wird. Das heisst, wenn das Gerät kontinuierlich abspeichern will, beispielsweise bei Videoaufnahmen, dann sind mit Class 10 etwa 1080p-FullHD Aufnahmen in Echtzeit möglich. UHS bezeichnet den Speicherbus, hier Ultra High Speed, der in drei Klassen (I, II und III) eingeteilt wird und die Taktung des Flash-Speichers sowie die Übertragungsraten über mehrere Datenbahnen einbezieht. Wichtig ist für uns, dass mit UHS-I technisch maximal 104 MB/s möglich sind, während UHS-III technisch 312 MB/s schafft. Das muss aber erst mal auch das Smartphone können. Zum Glück sind die UHS-Modi abwärtskompatibel.

 

 

Um nun aber raus zu finden, wie es um die Netac 64 GB SDXC Pro microSD-Karte bestellt ist, haben wir sie mit zwei Tools ins Rennen geschickt, die in der Regel für solche Tests ausreichend verlässliche Daten liefern.

Testumgebung und Setup

Als Testsystem kam ein Lenovo X380 Yoga Ultrabook mit IntelCore i7-8550U und 16 GB RAM unter Windows 10 zum Einsatz. Wir haben die Speicherkarte im Auslieferungszustand getestet sowie neu formatiert mit dem Dateisystem FAT32. Letzteres ist, im Gegensatz zu exFAT, weiter verbreitet und kompatibel zu Linux-Distributionen auf embedded devices, beispielsweise Raspian auf dem Raspberry Pi 3. Vorteilig ist, dass es eben nicht wie exFAT eigens lizenziert werden muss. Markantester Nachteil von FAT32 gegenüber exFAT ist die Beschränkung der Dateigrössen auf kleiner als 4 GB. Darum, und vermutlich auch weil Microsoft Teil des SDA Konsortiums ist und alle Patente für das Dateisystem hält, ist exFAT das vorgeschriebene Dateisystem für alle (micro)SD-Karten mit mehr als 32 GB. JEde SDXC kommt also formatiert mit de, exFAT Dateisystem aus der Fabrik.

Netac im CrystalDiskMark Benchmark

Einerseits nutzen wir CrystalDiskMark 6.0.1 x64 portable, welches uns mit mehreren Durchläufen verschiedener Tests die Lese- und Schreibraten der Karte analysiert. Ohne jetzt auf die Details der Benchmark-Mechanik von Crystal Disk Mark einzugehen, zeigen sich im Test durchaus passable Werte.

 

Doch schauen wir uns die Zahlen aus dem CrystalDiskMark Benchmark an, das wir auf den Standardeinstellungen belassen haben.

 

Wir sehen, dass die Netac 64 GB SDXC Pro microSD-Karte gute Lese- und Schreibraten unter exFAT. Sequentiell mit 32 Anfragen und einem Thread schreibt das Wertungsprogramm eine 1 GiB (also 10243 byte) grosse Datei auf den Speicher in fünf Durchläufen mit durchschnittlich 30.52 MB/s und liest diese mit 80.09 MB/s. Dieser erste und wichtigste Test, den CrystalDiskMark mit Seq Q32T1 abkürzt, zeigt uns, dass wir hier vor uns eine schnelle SDXC-Karte haben. Die Schreibrate qualifiziert für UHS-I U3, da wir mit mindestens 30 MB/s schreiben können und somit 1080p FullHD- und 4K UltraHD-Videos mit 60/120 fps machbar sind über den UHS-Bus der Karte. Wir vermuten, dass der Aufdruck U1 (das kleine, eckige U mit der Ziffer 1 darin) einfach falsch ist. Denn die Karte kann wirklich UHS-I (wie die römische Ziffer darunter bescheinigt) mit U3-Datenraten. Dass die weiteren Tests der Netac Speicherkarte von CrystalDiskMark mit zufälligen Zugriffen deutlich schlechter ausfallen, ist technisch bedingt und kein Grund zur Beunruhigung. Ein zufälliges Adressieren von Flashspeicher ist immer langsamer als ein sequentielles. Dass hierbei die 4 KiB (also 4 x 1024 byte) grossen Datensätze durch die Bank mit über 0.5 MB/s geschrieben und mit über 2.8 MB/s gelesen werden konnten, egal ob ein, acht oder 32 Queries und einer oder 8 Threads eingesetzt wurden, zeigt die Stabilität des Speichercontrollers auf der Netac 64 GB SDXC Pro microSD-Karte.

 

Der Vergleich der beiden Dateisysteme zeigt, dass hier nur marginale Unterschiede in den Leseraten zu verzeichnen sind. Wohl aber schreibt es sich auf die Netac SDXC unter FAT 32 deutlich schneller sequentiell, nämlich mit etwas unter 28 MB/s. Das ist schon bemerkenswert.

 

Die Leseraten hingegen sind in beiden Fällen unter den Versprechungen des Shops Tomtop, der hier 90 MB/s anpreist. Schade.

Netac SDXC Karte im H2testw

Als zweites schickten wir die Netac SDXC durch das etwas betagte Tool H2testw v1.4, welches von Harald Bögeholz für das c’t Magazin im Jahre 2008 geschrieben wurde, um gefälschte USB-Sticks zu diagnostizieren. Das Tool ist nur für Windows verfügbar ab Windows XP (es läuft auch unter Wine). Es eignet sich aber auch heute immer noch sehr gut, um zu prüfen, ob die Speicherkapazität, die der Hersteller angibt, auch wirklich geliefert wird. Immer wieder gab und gibt es Speichermedien, die nur auf dem Papier die versprochene Datenmenge fassen. Auch wenn diese Daten dem Betriebssystem gemeldet wurden, gehen ab einer gewissen Speicheradresse dann alle Schreib-Prozesse einfach ins Nichts und die Daten sind verloren. Dass das Betrug ist, dürfte einleuchten und um diesem einfach und auch zu Hause auf die Schliche zu kommen, hat c’t dieses kleine Programm veröffentlicht.

Dazu schreibt H2testw das ganze Volumen mit knapp 1 GB grossen Dateien voll und überprüft diese anschliessend minutiös.

Das Tool liefert seine Ergebnisse recht spartanisch als Textausgabe:

Netac 64 GB SDXC Pro bei H2testw formatiert auf exFAT

Achtung: Nur 60318 von 60319 MByte getestet.
Fertig, kein Fehler aufgetreten.
Sie können die Testdateien *.h2w jetzt löschen oder nach Belieben
nochmals überprüfen.
Schreibrate: 22,4 MByte/s
Leserate: 67,9 MByte/s
H2testw v1.4

Netac 64 GB SDXC Pro bei H2testw formatiert auf FAT32

Fertig, kein Fehler aufgetreten.
Sie können die Testdateien *.h2w jetzt löschen oder nach Belieben
nochmals überprüfen.
Schreibrate: 22,3 MByte/s
Leserate: 73,0 MByte/s
H2testw v1.4

 

Die Fehlermeldung unter exFAT kann getrost ignoriert werden und rührt daher, dass das Tool technisch nicht in der Lage ist, das letzte MB der Speicherkapazität auszukosten.

 

Was nun bei der Interpretation der Daten zunächst auffällt, ist, dass die Datenraten tiefer sind, als beim Test zuvor. Dies liegt daran, dass CrystalDiskMark nicht die ganze Speicherkarte bewertet sondern einen mehr oder minder zufälligen Punkt auf dem Flash-Speicher. Das ist soweit also OK. Wer die ganze Speicherkarte mit 1 GB grossen Dateien füllt, etwa bei Videoaufnahmen, hat über die ganze Zeit verteilt eine Schreibrate von mindestens 22 MB/s. Das ist ein durchaus guter Wert.

Spannend ist, dass, zumindest unter Windows 10 mit dem künstlichen Benchmark durch H2testw, die Leserate unter FAT32 besser ist, als die unter exFAT.

 

Beim Schreiben der ganzen 64 GB zeigt sich, dass diese unter FAT32 knappe 60.320 MB fasst. Unter exFAT technisch Bedingt knapp weniger, nämlich 60.319 MB.  Aber sowohl im Auslieferungszustand unter exFAT- wie unter FAT32-Formatierung beendet H2testw alles erfolgreich. Das bedeutet, dass der Wert, den der Controller der Karte an das Betriebssystem meldet, auch stimmt.

Das bedeutet nicht, dass hier nun Speicherplatz fehlen würde. Denn die 64 GB-Angabe von Netac bezieht sich, wie ihr sicherlich von anderen Speichermedien schon längst wisst, nicht auf IEC-Norm 10243 byte, sondern auf 10003 byte. Darum gibt es ja seit 1998 die Einheitenangabe Gibibyte, kurz GiB, die dies eineindeutiger macht. Wir können also mit rund 59.8 GiB Kapazität rechnen, was von der Netac auch knapp erfüllt wird, wenn wir die Overheads für Dateisysteme und Clustergrössen abziehen.

Netac SDXC im Langzeittest

Wir haben den H2testw nunmehr über sieben Tage kontinuierlich laufen lassen, um ein Abnutzungsverhalten zu simulieren. So wurde die Speicherkarte knapp dreissig mal komplett beschrieben und ausgelesen, ohne dass es zu Fehlern oder Problemen gekommen wäre. Das ist gut so.

Preis

Die Netac 64 GB SDXC Pro kostet bei Tomtop derzeit 9,99 Euro bzw. 12.34 SFr., was ein durchaus konkurrenzfähiger Preis ist. Damit sind wir mindestens 9 Euro bzw. SFr. unter den Laden- und Onlinepreisen der Markenhersteller. Wer mehr will, kann auch direkt für 34.87 SFr. bzw. 28,22 Euro die 128 GB-Variante kaufen. Amazon will da auch noch etwas mehr Geld für die Karte haben. Dafür kommt sie dann auch per Amazon Prime am darauffolgenden Tag zu euch nach Hause.

Fazit

Mit der Netac 64 GB SDXC Pro, gekauft bei Tomtop, eine gute, vergleichsweise günstige Speicherkarte im microSD-Format. Sie hält im Grossen und Ganzen, was sie verspricht. Auch wenn der Aufdruck weniger hohe Schreibraten verspricht als die Artikelbezeichnung im Shop, ist die SDHX UHS-I U3 Karte ein guter Kauf für die meisten Anwendungen. Ja, die Leseraten könnten einen Tick besser sein und die Kapazität ist knapp auf Knopf gemessen. Aber wer günstig eine Speicherkarte braucht, macht mit der Netac SDXC Pro sicherlich nichts verkehrt. Denn im Alltag wird man die paar MB genauso wie die paar MB/s beim Lesen kaum bemerken und Schreibend ist die Karte ja immerhin schnell genug für 4k UHD Aufnahmen. Wozu wiederum Angaben fehlen, sowohl im Shop als auch bei Amazon, ist die Garantielaufzeit.

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