So. 18. August 2024 um 7:11

Review: HMD Skyline – Nokia Lumia Erbe mit iFixit-Reparierbarkeit im Test

von Yves Jeanrenaud 0 Kommentare
Lesedauer: 6 Minuten

Ihr wisst, wie sehr wir bei PocketPC.ch den Nokia Lumias zu Zeiten von Windows Mobile und Windows Phone verbunden waren. Gerade die Nokia Lumia-Reihe war hierbei prägend und gleichzeitig mit die letzten Geräte, die Windows 10 Mobile erhielten. Lang ist es her. Nun hat das finnische Unternehmen HMD, dass die Lizenzrechte für Handys und Smartphones unter dem Namen Nokia hält, vor Kurzem ein neues Gerät vorgestellt, das HMD Skyline. Dessen Gehäuse erinnert sehr an die Lumias. Wir haben das Android Smartphone für euch getestet.

Lieferumfang des HMD Skyline

Das HMD Skyline kommt in einem Karton mit kaum Plastik daher, was wir zunächst einmal begrüssen. Neben einem USB-Typ-C-Kabel und einer Kurzanleitung in zwei Dutzend Sprachen ist dabei nur die Sicherheitsbroschüre und ein SIM-Fach-Öffner enthalten. Ein Ladegerät sucht man vergeblich, denn schliesslich haben die meisten von uns schon zig USB-Ladegeräte herumliegen, so dass hier wertvolle Ressourcen geschont werden.

Hardware und Eigenschaften

Das Gerät selbst ist in lediglich zwei Farben erhältlich: Twisted Black und Neon Pink. Das Smartphone ist 159.84 x 75.66 x 8.9 mm gross und wiegt 209 Gramm. Natürlich unterstützt das HMD Skyline neben aktuellem Bluetooth 5.2 mit LE Audio auch WLAN nach IEEE 802.11 b/g/n/ac/ax/6e (2×2 MiMo), also WiFi 6. Hinzu kommt GPS/A-GPS, Galileo L1/L5 dual band, GLONASS, BDS und NFC sowie Qi2 Wireless Charging. Das Smartphone ist nach Schutzart IP54 gegen Staub und Spritzwasser gefeilt und hat einen 6-Axen G-sensor, ein Barometer, einen Beschleunigungsmesser (G-Sensor), E-Kompass, einen Näherungssensor sowie einen Umgebungslichtsensor verbaut.

Display und Akku

Ein pOLED-Display von 6.55 Zoll Bildschirmdiagonale löst hier mit 1080 x 2400 Pixel FHD+ auf, was einem Seitenverhältnis von 20:9 entspricht und eine Pixeldichte von 352.40 PPI ergibt. Das Display hinter Corning Gorilla Glass 3 hat eine Bildwiederholrate von stolzen 144 Hz und bringt eine maximale Helligkeit von 1000 Nits auf die visuelle Waage.

 

Der austauschbare (!) Akku fasst 4600 mAh und bringt eine Akkulaufzeit von bis zu 48 Stunden. Mit 33 W Ladeunterstützung (QC4.0 und PD3.0 PPS kompatibel) sowie 15 W magnetisches kabelloses Laden nach Qi2 zertifiziert kann der Akku schnell aufgeladen werden. Klar ist das HMD Skyline auch abwärtskompatibel zu langsameren Ladestandards, etwa 5 W Qi Wireless Charging.

SoC, RAM, ROM und DualSIM

Im Inneren des HMD Skyline werkelt ein Snapdragon 7s Gen 2 von Qualcomm SoC mit 8 GB oder 12 GB RAM und 128 GB bzw. 256 GB Flash-Speicher. Zum Erweitern werden microSD-Karten unterstützt mit bis zu 512 GB Kapazität. Allerdings braucht die mSD den Slot für die zweite SIM-Karte, denn das Smartphone, dass mit Android 14 von Haus aus daher kommt, unterstützt zwei NanoSIM-Karten gleichzeitig im 5G-Mobilfunknetz. Es kann jedoch auch eine davon als eSIM hinterlegt werden, so dass der zweite Slot frei wird für die Speichererweiterung. Der SIM-Karten-Slot befindet sich an der Unterseite des Handys.


HMD Skyline
Fühlt sich an wie ein Lumia. Das HMD Skyline. Bild: PocketPC.ch / Jeanrenaud

Tasten, Anschlüsse und Design

Was sehr viel mehr auffällt, als die inneren Werte des HMD Skyline ist für alte Häsinnen der Smartphone-Welt die Design-Anleihen bei den Nokia Lumia Geräten. Der Aluminium-Rahmen aus vollständig recycletem Material mit den markanten Antennenunterbrüchen und das rechteckige Design trotz abgerundeten Displayecken lässt Erinnerungen wach werden. Interessant ist aber auch, dass nicht nur rechtsseitig ein anpassbarer Ein-Aus-Taster mit Fingerabdruckscanner sowie die Lautstärkewippe verbaut sind, sonder auf der rechten Seite des Gerätegehäuses eine weitere Hardwaretaste, die selbst belegt werden kann.

 

Während unten ein Lautsprecher und ein Mikrofon verbaut sind, ist hier mittig auch der USB Typ-C Anschluss mit USB 2.0 und USB OTG sowie der SIM- und microSD-Karten-Schacht zu finden. via USB-C wird auch ein analoger Audioausgang unterstützt. Ein 3.5-mm-Stereoklinkenanschluss ist indes nicht vorhanden. Dafür kann das HMD Skyline auch Qualcomm aptX Adaptive Audio und unterstützt kabelloses Bluetooth-Audio mit niedriger Latenz, robuster und hoher Auflösung. sowie die OZO Audiowiedergabe und -aufnahme. OZO ist ein Patent der Marke Nokia für verschiedene Audiotechnologien.

Das zweite Mikrofon ist in der oberen Gehäuseseite verbaut.

 

Natürlich ist die Selfie-Kamera, wie bei vielen Geräte heutzutage, als Loch in der Mitte des Display oben eingelassen.

Kamera

Die Frontkamera im Display löst mit stattlichen 50 MP auf und bietet Autofokus mit Eye-Tracking-Fokus, Hybrid OIS+EIS, 50-mm-Porträtmodus, Nachtmodus 3.0, 0,5- bis 4-fach-Zoom, AI Portrait, UW- und Teleaufnahme Fusion, Selfie-Gesten, Selfie-Slow-Mo, 4K-Videoaufnahme sowie OZO Spatial Audio Capture (räumliche Audioaufnahme) mit Windgeräuschunterdrückung. Auch Gesichtsentsperrung ist damit kein Problem.

 

Die Hauptkamera in einem wenige Millimeter hohen Kamerabuckel auf der Rückseite bietet 108 Megapixel und hat einen Autofokus mit optischer Bildstabilisation (OIS) und ein weiteres 13 Megapixel starkes Ultraweitwinkel-Objektiv mit Capture Fusion Technologie und zudem ein drittes 50 MP Teleobjektiv.

Auch der obligatorische LED-Blitz ist auf der Rückseite zu finden. Sonst ist hier in der Glasabdeckung des HMD Skyline nur die Wortmarke des Herstellers zu sehen sowie zwei, vergleichsweise grosse, Konformitätslogos.

Bilder: PocketPC.ch / Jeanrenaud

Testeindruck

Das HMD Skyline macht auf den ersten Blick einen guten Eindruck. Nicht nur das Nokia-esque Design vermag zu gefallen. Auch die Verarbeitung ist sehr gut und wirkt hochwertig. Das 100-prozentig aus recycletem Aluminium gefertigte Gehäuse des Smartphones ist verwindungssteif und robust, fühlt sich gleichzeitig aber dank abgerundeter Kanten auch angenehm und hochwertig an.

Reparierbarkeit

Die Rückwand aus gehärtetem Glas kann ebenso einfach ausgetauscht werden wie das Display, der Akku und der der Ladeanschluss. HMD nennt das Gen 2 Reparierbarkeit und hat dazu eine Partnerschaft mit iFixit lanciert, über die man die Ersatzteile kostengünstig beziehen kann. Zum Austauschen reicht ein Plektrum oder ähnliche Kunststoffteile zum Aufspreizen der Rückseite und ein kleiner Kreuzschlitzschraubenzieher. . Mit einer kleinen Drehung gegen den Uhrzeigersinn springt die Ecke der Rückabdeckung auf, sodass man das Hebelwerkzeug darunter schieben kann. Dies enthüllt einen einfachen, aber eleganten Mechanismus: Ein schraubenangetriebener Rotationsarm, der durch eine Feder zurückgezogen wird, wenn er losgelassen wird. Durch Drehen drückt sein Nocken gegen eine Platte auf der Rückabdeckung, die sich wieder zusammenklappt, sobald der Vorgang abgeschlossen ist.

 

Das HMD Skyline ist zwar damit nicht auf dem Niveau eines Fairphone 5 was die Reparierbarkeit an geht, aber ihr könnt die Batterie, die untere Platine mit Ladeanschluss austauschen oder auch das Display selbst. Das ist löblich und dürfte durchaus auch die Langlebigkeit des Geräts verlängern. Bei iFixit kosten die Einzelteile vergleichsweise wenig: Das Ersatz-Display gibt es für 94.95 Euro bzw. SFr. zu kaufen, die Glasrückseite ist für 29.95 Euro bzw. SFr. im Sortiment. Das Modul mit dem USB-C-Ladeanschluss, Lautsprecher und Mikro kann man für 19.95 SFr. bzw. Euro austauschen und für 24.95 SFr. bzw. Euro gibt es den 4600 mAh starken Ersatzakku für das HMD Skyline.

Software: Android 14, Bloatware und Digital Detox

Als Betriebssystem kommt das HMD Skyline mit einem relativ unberührten Android 14 Betriebssystem und der Hersteller verspricht zwei Upgrades, also bis Android 16. Das sind somit zwei Jahre garantiert auf dem aktuellen Softwarestand. Zudem sollen drei Jahre Sicherheits-Patches geliefert werden. Ein Anfang. Wenn man jedoch bedenkt, dass das Fairphone 4 beinahe sechs Jahre lang Updates bekommen hat, steht das natürlich auf einem anderen Blatt.

 

HMD nennt seinen Android Launcher Balance Interface. Der ist schlicht und hübsch, kann auf Wunsch die allermeisten App-Icons in dezentem Monochrom anzeigen oder in der Themenfarbe passend zum Hintergrund einfärben. Nett.

 

Leider ist auch ein Satz Bloatware vorinstalliert, darunter die Apps für Facebook, Instagram LinkedIn, Amazon, Booking.com, Fitbit und Kindred. Alle dieser unerwünschten Nicht-System-Apps können jedoch deinstalliert werden. Bis auf Facebook. Diese App kann man lediglich deaktivieren. Sehr schade.

 

Zudem hat das HMD Sjyline aber auch Dumbphone-Funktionen mit an Bord. Der Detox-Modus schaltet auf Wunsch einfach die sozialen Netzwerke ab. Angesichts der zunehmenden Verbreitung der Digital-Detox-Bewegung, insbesondere unter der Generation Z, bringt HMD einen weitergehenden Modus. Auf Wunsch eingerichtet können nur noch ausgewählte Apps und Kontakte genutzt werden, bis der Detox-Modus deaktiviert wird. Dies kann einerseits ein Soft-Detox mit einem einfachen PIN-Code sein, oder ein Hard-Detox, der nur nach einer beim Einschalten gewählten Zeitspanne wieder ausgeschaltet wird. So kann man sich quasi selbst dazu zwingen, im Urlaub endlich mal die Arbeits-E-Mails oder TikTok und Co. ruhen zu lassen. Im Notfall hilft ein Neustart aber, um auch den Hard-Detox zu deaktivieren.

Zu dem ganzen Digital Detox indes passt die oben bereits erwähnte Bloatware so gar nicht.

Screenshots: PocketPC.ch / Jeanrenaud

Leistung und Akku

Die Benchmarks ordnen das HMD Skyline klar im hinteren Mittelfeld ein. Der Snapdragon 7s ist auch in der zweiten Generation immer noch kein Hochleistungsbolide. Für den Alltag mit Multitasking und auch leistungshungrigeren Apps reicht das aber vollkommen aus, was der Qualcomm Chipsatz hier abliefert.

 

Viel spannender ist indes der Akku mit etwas kleinen 4600 mAh an Kapazität. Dieser hält gut zwei Tage lang durch, wenn man das Gerät nicht ständig in die Hand nimmt. An hektischen und geschäftigen Tagen indes ist nach gut 30 Stunden schnell mal das Licht ganz aus, so dass auch das HMD Skyline eigentlich jede Nacht an die Steckdose muss. Dank QuickCharge per USB-C-Kabel und auch dem stärkeren Qi2 Wireless Charging kann das Handy jedoch auch kabellos relativ schnell aufgeladen werden. Die 15 Watt reichen hierbei, um den Akku innerhalb von vier Stunden aufzuladen.

Screenshots: PocketPC.ch / Jeanrenaud

 

Display, Sound und Kamera

Das HMD Skyline kommt mit einem hellen pOLED-Display mit einer Bildwiederholrate von 144 Hz und HDR10-Videowiedergabe daher. Das sieht man auch in Sachen Farbe und Klarheit der Bilder.

Der Klang kommt über die Stereo-Lautsprecher hervorragend zur Geltung.

 

Gut ist zudem auch die Kamerakombination im Skyline von HMD. Die 108 MP Kamera auf der Rückseite schiesst schöne Bilder mit tollen Kontrasten und lebendigen Farben. Die Kamera-App ist intuitiv umgestaltet und bietet etwa problemlos Zugriff auf vier digitale Zoom-Stufen und einen Bokeh-Effekt, der sich sehen lassen kann. Bei schlechten Lichtverhältnissen ist das HMD Skyline immer noch brauchbar und kann mit wenig Bildrauschen aufwarten.

Die 108 MP Hybrid OIS Dreifach-Hauptkamera liefert somit fast immer gut Bilder. Der Porträtmodus ermöglicht 50-mm-Aufnahmen mit einem schönen natürlichen Bokeh-Effekt. Zudem können gestochen scharfe Nahaufnahmen mit der x4-Zoomfunktion erreicht werden. Der Nachtmodus 3.0 balanciert die Belichtung und erhält Details, indem das Rauschen auch vor allem per Software reduziert wird.

Beeindruckende Landschaften und Gruppenaufnahmen im sind im 0.5x Ultraweitwinkelmodus möglich Zudem gibt es AI Capture Fusion, um maximalen Detailreichtum bei Zoomaufnahmen zu gewährleisten und die obligatorischen Selfie-Gesten für die Frontkamera.

Beispielfotos: PocketPC.ch / Jeanrenaud

Extra-Taste

Richtig nett ist auch die Custom Button-Funktion des HMD Skyline. Man kann so einfach einstellen, was der Button auf der linken Seite des Geräts für eine bestimmte Aktion ausführen soll, wenn er gedrückt gehalten wird. Oder eine andere, wenn er doppelt gedrückt oder gehalten wird. So hat man eine schnelle Verknüpfung zur Lieblingsapp, zur Navigation nach Hause oder mehr.

Preis und Fazit

Das HMD Skyline kostet in der Schweiz ab 579 Schweizer Franken UVPmit 256 GB Speicherplatz und 12 GB RAM. In Deutschland und Österreich liegt der Preis bei ab 499,99 Euro für die grosse, 399,99 Euro für die kleinere Variante mit 128 GB und 8 GB RAM. Verfügbar ist das Smartphone in den beiden Farben Neon Pink und Schwarz. Zudem bietet der Hersteller alle Komponenten zur Reparatur auf der hauseigenen Webseite zusammen mit iFixit an, falls man diese nachbestellen muss. Detaillierte Anleitungen inklusive.

 

 

Insgesamt macht das HMD Skyline vieles richtig und ist für ein Mittelklasse-Smartphone durchaus attraktiv ausgestattet – Digital Detoxing inklusive. Der vergleichsweise hohe Preis kann verkraftet werden, wenn man die Reparierbarkeit berücksichtigt. So kann das Smartphone für kleines Geld einfach und schnell selbst repariert werden und damit deutlich länger genutzt werden. Dass dabei aber die Software nur zwei Jahre Betriebssystem-Upgrades und nur drei Jahre Sicherheits-Patches verspricht, ist sehr schade. Wie lange zudem die Reparaturteile vorrätig gehalten werden, wenn das HMD Skyline aus den virtuellen Regalen längst verschwunden ist, bleibt auch fraglich. Dennoch ist der Schritt in die richtige Richtung gemacht worden und somit das HMD Skyline ein aktuelles Gerät, das für viele durchaus interessant sein dürfte. Gerade, wenn man das Lumia-Design immer noch schön findet.

Video: HMD Global

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