Nintendo Switch Sports im Test: Fühlt sich an wie gewollt, aber nicht gekonnt …

Was habe ich mich gefreut, als Switch Sports für die Nintendo Switch angekündigt wurde. Rund fünf Jahre mussten wir darauf warten und nun ist es da: Der echte Nachfolger des legendären Wii Sports Resort! Zwar macht das Spiel durchaus Spass, doch verpasst Nintendo die Möglichkeiten das eigens kreierte Genre in eine neue Dimension zu heben: Im Gegenteil! Switch Sports fühlt sich an wie eine viel zu teure Demo. Warum es mir so ergangen ist, erkläre ich euch nun hier.
Inhaltsverzeichnis
Poliert, grafisch aufgebohrt und dennoch fehlen mir ein wenig die Miis
Optisch macht Switch Sports einen starken Eindruck. Im Vergleich zum Vorgänger Wii Sports Resort fühlt sich der Nachfolger nicht nur gründlich poliert an, sondern ist bei weitem detaillierter geworden. Die Umgebungen sehen fantastisch aus! Das fängt bei der Anlage mit seinen zig Sporthallen auf dem “Titelbildschirm” an und hört bei den wirklich niedlichen Figuren auf. Nintendo ist es hier gelungen den Charme des Vorgängers mit der mobilen Tegra-Power und optischen Inspirationen aus Splatoon und Co. auf tolle Art und Weise miteinander zu verbinden.
So sieht der Volleyball-Clash zweier Teams in der Shopping-Mall mit den Zuschauern an den Seiten wirklich gut aus! Auch die Bowling-Arena, die Bahnen, sehen weitaus detaillierter aus. Lediglich die Animationen von weit entfernten Zuschauer:innen sind auf ein Minimum reduziert und wirken abgehakt. Zudem fährt Nintendo die grafischen Anforderungen des Spiels bei zu vielen Teilnehmer:innen deutlich runter und begrenzt die FPS auf 30 Bilder pro Sekunde. Schlimm ist das zwar nicht, allerdings aber auch spürbar.
Besonders süss sind aber die neuen Charaktere, die als Avatar im Spiel dienen. Sie sind eine Mischung aus Splatoon- und Kingdom Hearts-Figuren. Das sieht wirklich klasse aus! Allerdings lassen sich diese nur sehr beschränkt in ihrer Art individualisieren, was dazu führt, dass gefühlt jede:r fünfte Gegenspieler:in identisch aussieht. Ihr könnt zwar euren gespeicherten Mii-Kopf auf den polierten Körper der Switch-Sports-Figuren setzen, doch das sieht maximal deplatziert aus, so dass ich mich für den optisch glattgezogenen Allerwelts-Charakter entschieden habe. Der sieht zwar nicht schlecht aus, aber bietet auch kaum Spielraum für Wiedererkennungswert.
Bilder: PocketPC.ch / Laser
Nur sechs Sportarten, drei sind bereits bekannt und Golf kommt im Herbst
Enttäuschend wirkt die Auswahl der Sportarten. Schauen wir uns Wii Sport Resort an, so reduziert Nintendo die Auswahl im Nachfolger deutlich. Statt satter 12 sportlicher Aktivitäten blicken wir in Switch Sports auf gerade einmal 6 Sportarten. Dabei sind allerdings drei bekannte und durchaus aus dem Vorgänger sehr beliebte Titel dabei. Auf der einen Seite haben wir das schon fast legendäre Bowling, zudem Tennis und Chanbara. Letztres ist das von Resort bekannte Schwertkampf-Spiel.
Neu hingegen sind Fussball, Volleyball (mein persönlicher Favorit) und Badminton. Während Volleyball und Fussball sich durchaus komplett neu anfühlen, so ist Badminton eine Mischung aus dem oben genannten Tennis und dem damals verfügbaren Tischtennis. Zumindest was die Steuerung und Geschwindigkeit angeht. Viele Spiele sind das also nicht und jetzt könnte man mit dem Preis von gerade einmal 40 Euro bzw. Schweizer Franken argumentieren. Während Wii Sport Resort allerdings mindestens immer 3 Minispiele pro Sportart bot und diese sich drastisch unterschieden haben, gibt es das in Switch Sport so leider nicht mehr.

Immerhin wurde auf einer Vorstellung vor Veröffentlichung mit Golf für Herbst 2022 eine weitere und damals in Wii Sport sehr beliebte Sportart angekündigt. Zudem haben Fans die Roadmap des Entwicklerstudios auseinandergenommen und können so Rückschlüsse auf ein mögliches Baseball-Spiel ziehen. Auch sollen Codezeilen im Spiel von Basketball und Völkerball gefunden worden sein. Offiziell angekündigt sind diese aber natürlich noch nicht.
Warum Golf allerdings bei der sehr beschränkten Auswahl an Spielen nicht bereits von Anfang an drin war, bleibt ein Rätsel. Das Spiel kommt zwar als kostenloses Update, aber erst viele Monate später. Das lässt zumindest den Verdacht aufkommen, dass Nintendo Switch Sports nicht fertig wurde, was auch den sehr beschränkten Inhalt erklären würde. Stattdessen liefert Nintendo fehlenden Content über Zeit nach und verfrachtet so das Spiel in eine “Games as a Service”-Ecke. Aber auch hierfür fehlt es aktuell noch an Inhalt.
Switch Sports im Test: Steuerung ist ein präzises, aber zweischneidiges Schwert
Switch Sports wird ausschliesslich mit den Joy-Cons von Nintendo gespielt, die der Konsole auch beim Kauf beiliegen. Für Badminton, Bowling, Volleyball und Tennis benötigt ihr lediglich einen der kleinen Controller. Fussball benötigt zwingend beide und eine Schwertart in Chanbara, nämlich die Doppelklingen, benötigen ebenfalls zwei Joy-Cons. Während die Steuerung in Bowling, Fussball, Tennis und Volleyball recht präzise ist, so kommt es aber bei Badminton und Chanbara leider zu kleineren, aber überschaubaren Problemen.
Ab und an funktioniert im Schwertkampf das Blocken nicht präzise und auch Schläge werden nicht immer sehr präzise durchgeführt. Das kann auch ab und an an der sehr hitzigen Geschwindigkeit liegen. Daher sehe ich hier die Steuerung eher als zweischneidiges Schwert. Bei Badminton hat der Joy-Con zudem Probleme manchmal die Richtung einzuordnen und das sogenannte Null-Level zu halten, das für die Erkennung der Lage immens wichtig ist. So kann es vorkommen, dass dieser Umstand zu einem wirren Schlagabtausch führt und so präzises Zielen in die Ecken der Felder nicht mehr möglich ist.
Anders hingegen und weitaus positiver gestaltet sich die Steuerung in Volleyball. Denn hier kommt es auf das Timing der Bewegungen an, was mehr Fehler in der Ausführung verzeiht. Zwar kann es auch hier vorkommen, dass beispielsweise bei einem Spike (einem Schmetterschlag am Netz) die Richtung nicht immer einwandfrei zugeordnet werden kann, passiert aber weitaus seltener und durch geschicktes Timing, beispielsweise um den Gegner zu verwirren, lässt sich dieses gut ausgleichen. Fussball funktioniert sogar sehr präzise und die Figuren haben bislang überall dahin geschossen, wo ich den Ball auch hinhaben wollte. War das manchmal nicht der Fall, lag es oft an einer Fehlstellung meines Charakters, der den Ball nicht im richtigen Winkel traf. Hier weiss ich wenigstens, dass der Fehler bei mir liegt.
Video: Nintendo
Nintendo kann einfach kein Online! Und es zerstört den Spielspass
Immer wieder das gleiche mit Nintendo, sobald es darum geht einen Online-Service rund um ein Spiel zu bauen, funktioniert es nicht richtig. So halt auch in Switch Sports im Test. Die Verbindungen werden Peer-to-Peer, also ohne dedizierte Server, sondern direkt mit anderen Spieler:innen aufgebaut. Das hat beispielsweise zufolge, dass in einem Match mit vier Spieler:innen nur eine Person dabei sein muss, die eine schlechte Internetverbindung besitzt und es leiden ALLE Teilnehmen in der Partie. So kommt es immer wieder zu Abbrüchen mit Gegner:innen, die angeblich das Spiel verlassen oder die Bälle springen wie bekloppt während der Partie hin und her.
Besonders schlimm ist das im Fussball von Switch Sports im Test zu spüren. Denn die Berechnung der Physik des Balles – inklusive Kollisionsabfrage – übernimmt die Switch der Person, die das Match hostet. Hat diese eine schlechte Internetverbindung, wird es nahezu unmöglich den Ball zu treffen. Das gilt übrigens mehr oder weniger auch für die andere Sportarten.
Das ist wirklich schade, denn für Wii Sports Resort haben sich die Fans so innig einen Online-Modus gewünscht. Jetzt nach über 13 Jahren warten auf einen Nachfolger, schafft es Nintendo noch immer nicht eine funktionierende Online-Plattform auf die Beine zu stellen. Zumal der Offline-Modus des Spiels keinerlei Mehrwert bietet. Ihr könnt dort nichts freischalten, es gibt lediglich drei Schwierigkeitsgrade, die allesamt zu leicht zu sind und allgemein wird das Spiel offline mit seinen sechs Sportarten schnell langweilig. Wenn ihr euch also wirklich mit Nintendo Switch Sports beschäftigen wollt, ist online spielen einfach Pflicht und dieses verkommt ein wenig zum Glücksspiel.

Verschenktes Potenzial auf dem Spocco Square inkl. Online-Ligen
Ich habe Eingangs erwähnt, dass sich Switch Sports eher wie ein Rückschritt anfühlt, was einfach mit dem verfügbaren Inhalten zusammenhängt. Es gibt nicht nur weniger Sportarten, wirklich in der richtig schön designten Welt bewegen könnt ihr euch auch nicht. Nintendo hat in Switch Sports mit dem Spocco Square ein kleines Abenteuerland geschaffen und zwar mit richtigen Shopping-Malls, in denen ihr eure Wettkämpfe austrägt. Auch werden euch im Ladebildschirm auch tolle Dinge erklärt, wie ein Shuttle-Bus, der alle 15 Minuten fährt und die Sportanlagen miteinander verbindet. Zu sehen gibt es diese nicht, benutzen könnt ihr diese also auch nicht. Stattdessen klickt ihr in einem zugegebenermassen sehr schönen, minimalistischen Menü eines der Sportarten an und schon geht es los.
In Wii Sports Resort gab es Schwertkämpfe und Fahrrad-Rennen direkt auf der Insel. Ihr konntet sogar mit dem Flugzeug über die Insel hinweg fliegen und euch die Schauplätze so direkt anschauen. So war es sogar möglich Geheimnisse zu entdecken! Quasi eine Mini-Open-World mit interessanten Gimmicks. Es fühlte sich eben wie ein lebendiges Resort an, wo ihr euren Sport-Urlaub geniesst. Zumindest im Rahmen der Möglichkeiten einer damals schon schwachbrünstigen Wii-Konsole. Hier hingegen fühlt sich Switch Sports im Vergleich wie eine ulkig gemachte Minispiel-Sammlung an, wo die Hätte der Games schon bekannt bekannt sind und diese sogar in ihren Modi beschnitten wurden. Alles andere wurde einfach rausgeschnitten oder einfach nicht mehr integriert.

Das gleiche gilt übrigens auch für die Online-Ligen. Ihr könnt daran teilnehmen und wenn ihr gewinnt, dann steigt ihr auf. Verliert ihr zu viel, steigt ihr ab. Mehr nicht. Es gibt aber kein allgemeines Ranking, sondern einfach nur ein einfacher Badge in der Ecke der Anzeige, der euch symbolisiert in welcher Liga ihr euch gerade befindet. Das ist das mit Abstand rudimentärste Ligasystem in einem Online-Spiel, das ich bisher gesehen habe. Da war selbst die Formkurve in Wii Sports Resort mit ihrer “Meister”-Linie motivierender.
Für absolvierte Spiele erhaltet ihr übrigens Punkte. Ab einem erreichten Maximum von 100 Punkten erhaltet ihr einen zufälligen Gegenstand, mit dem ihr euren Charakter ein wenig umgestalten könnt. Der Online-Modus ist stumpf minimalistisch, genau wie das Menü und die Welt. Einfach ein Spiel suchen, ihr bekommt zufällige Partner:innen zugeteilt und es geht los. Das ist schnörkellos und wird bestimmt auch einigen Gefallen, aber der Spielspass ebbt innerhalb kürzester Zeit ab, denn darüber hinaus gibt es einfach nichts. Im Endeffekt handelt es sich um eine inhaltslose Minispielsammlung, wo jedes Minispiel sogar weniger Spielmodi besitzt, als im Vorgänger.
Hier wäre so viel mehr drin gewesen. Warum gibt es keine Lobby, wo man sich mit Freunden treffen könnte und so vielleicht die einzelnen Hallen aufsucht? Vielleicht sogar gemeinsam die im Spiel verfügbaren kosmetischen Items in den Einkaufshallen kaufen. Die Punkte dafür könnte man ja weiter in den Sportarten verdienen. Schön wären vielleicht auch wöchentliche oder monatliche Events gewesen. Beispielsweise auch das Bilden von Vereinen oder Teams, die gemeinsam an Ligen oder Events teilnehmen können, damit der Online-Modus mehr an Bedeutung gewinnt und so die Spieler:innen weiter motiviert. Cool wären auch lokale Ligen, beispielsweise für Familien gewesen, um auch dort den Wettbewerb und damit auch den Spass weiter anzukurbeln.

Fazit: Nintendo Switch Sport macht Spass, enttäuscht aber mit wenig Inhalt
Versteht mich bitte nicht falsch… Nintendo Switch Sports macht durchaus Spass. Es ist ein tolles, lokales Party-Spiel, wo es nicht auf eine stabile Internetverbindung der Personen ankommt und hat in Matches wie Volleyball, Bowling oder Fussball seine absolut starken Momente. Einfach ein paar Freunde einladen oder mit der Familie zocken und loslachen. Denn einige witzige Situationen wird es fast immer geben. Doch der eigentliche Kern des Spiels verfehlt sein Ziel, denn der Online-Modus ist unheimlich schwach umgesetzt. Nicht nur wegen der Verbindungsprobleme zu anderen Spieler:innen, sondern auch wegen der nicht genutzten Möglichkeiten, diesem einen echten Mehrwert zu geben. Gerade zum unvergesslichen Preis von 49,99 Euro bzw. SFr.
Jetzt kann man zwar mit dem Preis argumentieren, doch selbst für die “nur” gezahlten 40 Euro bzw. Schweizer Franken ist der Inhalt extrem wenig und ihr seid damit nur 10 Zähler von einem Vollpreis-Switch-Titel entfernt. Nintendo bietet zwar wöchentlich neue Zufallspakete an kosmetischen Gegenständen an, die es zu gewinnen gibt, doch in einer Woche habt ihr die alle gewonnen (und sie rotieren einfach nur durch…). Selbst wenn ihr 90 Prozent eurer Spiele verliert, bekommt ihr dennoch Punkte, die ihr dann für das Item-Glücksrad einsetzt. Das war es auch schon. Das ist der gesamte Inhalt: Sechs Sportarten (mit weniger Modi als in Wii Sport Resort), jede hat eine Liga in der es kein Ranking gibt und ihr bekommt Punkte egal ob ihr verliert oder gewinnt. Der lokale Offline-Modus bringt rein gar nichts und macht maximal nur im Multiplayer mit anderen Personen Spass.
Nintendo verpasst einfach die Möglichkeit, aus Switch Sport Resort ein tolles Social-Sport-Game zu machen. Zwar ist Switch Sports im Detail optisch poliert und aufgehübscht worden, im Kern ist es aber sogar schlechter als Wii Sports Resort, da es an Inhalten fehlt und der Vorgänger hatte nicht einmal einen Online-Modus! Es gibt in Switch Sports eigentlich gar nichts zu tun und das ist wirklich schade. Richtig schlecht ist der Titel aber nicht. Er macht durchaus Spass und hat eben seine Momente, auch im Online-Spiel. Dennoch wirkt der Titel wie in den frühen 2000er-Jahren inhaltlich und auch technisch stehengeblieben. Dabei sind wir mittlerweile in 2022 angekommen und ich muss an dieser Stelle einmal mehr enttäuscht feststellen, dass Nintendo bis heute “Online” einfach nicht kann.
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