Sa. 27. Juli 2024 um 7:01

Logitech G Pro X 60 im Test: Solide Tastatur, viel zu hoher Preis

von Marcel Laser 0 Kommentare
Lesedauer: 6 Minuten

Logitech G ist vor allem für sein sehr gutes Gaming-Equipment bekannt. Die Headsets wie das Pro X Wireless oder auch die Logitech G502 X Plus gehören zu den richtig guten Geräten ihrer Klasse. Tastaturen kann der Hersteller aber auch. Mit der Logitech G Pro X 60 ist nun ein mechanisches Keyboard auf den Markt gekommen, das mit 60 Prozent im Layout und vielen Features punkten will. Einige Design- und Feature-Entscheidungen des Herstellers sind, so gut einige auch wohl gemeint waren, teilweise völlig am surreal hohen Preis vorbeigeschossen. Wir haben die Tastatur nun über einige Zeit ausprobieren können.

Eigentlich schickes Design, fragwürdige Kunststoffwahl, rasselnde Tasten

Und hier sind wir schon beim ersten recht komplizierten Fall. Aber fangen wir doch einmal mit den erst mal wirklich positiven Dingen an. Die Tastatur ist stabil gebaut und ordentlich schwer. Beides sind Pluspunkte, da man nicht möchte, dass das eigene Keyboard plötzlich beim Zocken auf Wanderschaft geht. Das feine spiegelnde Akzent am oberen Rand ist ebenfalls schick. Optisch macht die Logitech G Pro X 60 schon was her. Vor allem weil sie dank 60 Prozent Layout auch recht kompakt gehalten ist. Eine Tastatur, die auf die physische Reihe der F-Tasten über den Nummern und die Pfeiltasten verzichtet. Low-Profile ist sie allerdings nicht, was aber auch nicht schlimm ist.

 

Bei einer näheren Betrachtung ist die Sache aber etwas schwieriger. Denn es gibt einige Merkwürdigkeiten rund um die Verarbeitung einzelner Bereiche, die bei einem derart hohen Preis nicht auftreten dürften. Unter anderem sind die Tasten enorm wackelig und lose. Wenn ihr die Tastatur in die Hand nehmt und etwas schüttelt, rasselt die Logitech G Pro X 60 im Test wie eine Babyrassel. Immerhin nutzt Logitech PBT-Keycaps, was an dieser Stelle für Langlebigkeit bei den Tasten spricht. Auf der anderen Seite sind die Aufdrucke der universellen Funktionen wie @, € sowie die FN-Ebenen. eher mit gemischten Gefühlen zu betrachten. Wir wissen aktuell nicht, wie lange diese durchhalten. Zwar erleichtert ein schneller Aufdruck dem Hersteller die Anpassung für verschiedene Regionen enorm, aber dürfte auch zulasten der Langlebigkeit gehen. Hier kommt es stark auf die Verwendung an.

 

Auf der anderen Seite hat das Keyboard ein Problem mit der Ausleuchtung, die vor allem im unteren Bereich enorm unausgewogen ist. So sind das A und R in der Taste “ALT GR” nur zur Hälfte ausgeleuchtet. Das gilt auch für andere Tasten wie “Shift” oder auch “Caps”. Zwar dort nicht so stark, dennoch sind kleinere Stellen sehr dumpf in ihrer Leuchkraft. Das ist für eine hochpreisige Gaming-Tastatur mit einer UVP von rund 200 SFR. bzw. Euro schon etwas abschreckend. Das sollte natürlich in dieser Form nicht passieren.


Bilder: PocketPC.ch / Laser

Tippgefühl und Gaming auf der Logitech G Pro X 60 – Tactile Brown Schalter

Wir haben für unseren Test von Logitech eine Version mit taktilen, braunen Schaltern erhalten. Die Switches zeichnen sich vor allem durch einen minimalen erhöhten Widerstand beim Druck aus um ein taktiles Feedbeck beim Druck auszugeben. Das ist ein sehr guter Kompromiss zwischen dem Schreiben von Texten und dort ein ordentlcihes Feedback beim Tippen zu erhalten und eben Gaming-Anwendungen, da der Widerstand nicht all zu hoch ist. Minimal “Clicky” hört sich das ebenfalls an, ist aber kein reiner Klickschalter, wie es bei blauen Switches der Fall wäre.

 

Verwirrend ist allerdings ein wenig, dass Logitech bei den grossen Tasten wie Leertaste, Backspace oder auch der Enter-Taste bewusst auf einen satten “Thocc”-Sound setzt, während die anderen Tasten einen sehr hellen Nebenton haben. Im Endeffekt ist es ja normal, dass vor allem die grösseren Keys etwas anders klingen, doch hier ist der Unterschied so enorm, dass es schon auffällig ist. Als wenn noch einmal bewusst nachgearbeitet wurde. Man gewähnt sich aber schnell daran.

Die Verarbeitung ist wirklich gut, dass aber ausgerechnet beim Body auf Plastik gesetzt wird, ist echt schade. Bild: PocketPC.ch / Laser

Logitech setzt bei seiner neuen Gaming-Tastatur zudem auf optische Schalter. Diese lösen zuverlässig gleichmässig aus und dürften auch im Vergleich zu herkömmlichen Switches eine längere Lebensdauer mitbringen. Bei einem Preis für rund 200 Euro hätten wir uns aber schon Hall-Effect-Schalter gewünscht. Diese sind fürs Gaming noch besser geeignet und können auch als Rappid-Trigger genutzt werden. Zudem steigern Hall-Effect-Tasten die Langlebigkeit noch einmal enorm, da kein physischer Kontakt, wie das unterbrechen einer Lichtschranke zustande kommen muss, um diese auszulösen.

 

Warum der Hersteller bei einem derart hohen Preis für eine Tastatur derartige Kompromisse eingeht, ist uns an dieser Stelle etwas Schleierhaft. Zumal Logitech in seinem Werbematerial angibt, mit Profi-Spielern zusammengearbeitet zu haben um das bestmögliche Erlebnis und Performance aus dem Modell herauszuholen. Die aktuell beste Technologie für Gamer ist einfach Hall-Effect-Equipment. Das gilt sowohl für Controller, als auch für Tastaturen. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: mehr Präzision, wesentlich höhere Langlebigkeit, sowie das Auslösen analoger Signale. Gerade letzteres kann wichtig sein, da so die Eingaben von Rappid-Fire-Aktionen möglich sind.

Keine Low-Profile-Tastatur, aber mit 60 Prozent sehr kompakt. Auch schick mit der G502 Maus vom gleichen Hersteller. Bild: PocketPC.ch / Laser

Überragende Konnektivität und sehr hohe Akkulaufzeit – Stark!

Wo Logitech im Test mit seiner G Pro X 60 glänzen kann, sind die vielfältigen Verbindungsmöglichkeiten. Per Lightspeed-Dongle ist eine sehr schnelle, kabellose 2.4 GHz Verbindung möglich, die nahezu keine Latenz bietet. Wenn ihr aber wollt, könnt ihr bis zu drei Geräte gleichzeitig mit dem Keyboard per Bluetooth 5.1 verbinden und zwischen diesen per Knopfdruck hin und her wechseln. Das hat im Test sehr gut funktioniert als wir zwischen einem MacBook Pro und einem Steam Deck OLED hin und her gewechselt haben.

 

Des Weiteren ist das USB-C Kabel im Lieferumfang nicht nur zum Aufladen da, sondern könnt ihr dieses auch für eine direkte Verbindung zum Gerät nutzen. Somit müsstet ihr euch um mögliche Verzögerungen gar keine Sorgen mehr machen, aber ganz ehrlich: Logitechs Lightspeed-Technik ist robust, schnell und extrem latenzarm. Selbst auf professionellem Level ist das schon beeindruckend und durchaus zu gebrauchen. Wer sicher gehen will, aber eben auch das Kabel nehmen.

 

Doch auch bei der Akkulaufzeit hat der Hersteller hier vieles richtig gemacht. Wir konnten aus der Logitech G Pro X 60 im Test mit voller RGB-Beleuchtung knapp über 60 Stunden herausholen. Das kommt schon sehr nahe an die versprochenen 65 Stunden heran und mit etwas gedimmter Leuchtkraft ist durchaus mehr drin. Das Ladekabel kommt also dankenswerterweise seltener zum Einsatz.

Wie lange diese Aufdrucke der Sondersymbole halten? Das muss eher ein Langzeittest zeigen. Bild: PocketPC.ch / Laser

Logitech G HUB eine gute Software, tolle Hardware-Zusatzfunktionen

Besonders gut gefällt vor allem die enorme Flexibilität. Egal ob Windows, Linux oder macOS. Die Tastatur funktioniert überall. Für Windows und macOS steht auch die Logitech G Hub App zur Verfügung, mit der ihr weitere Einstellungen vornehmen könnt. So könnt ihr für den Gaming-Modus Tasten auswählen, die beim Umlegen des Schalters an der rechten Seite deaktiviert werden, damit ihr euch nicht verdrücken könnt beim Zocken.

 

Zudem lassen sich unterschiedliche RGB- und Gaming-Profile speichern. Entweder gebt ihr WIndows die Kontrolle über die Beleuchtung oder ihr stellt etwas eigenes ein. Auch gibt es Firmware-Updates für die Tastatur, die über den G HUB ausgeführt werden können.

 

Ebenfalls stark funktional ist die Tastatur selbst. Links an der Seite habt ihr ein unendliches Drehrad, mit dem ihr beispielsweise die Lautstärke schnell anpassen könnt. Das ist wirklich enorm hilfreich, wenn ihr in hitzigen Spiele-Situationen die Finger nicht von der Tastatur nehmen könnt. Das ist nicht nur ein nettes Gimmick, sondern hat sich auch im Spielbetrieb als wirklich nützlich erwiesen.

Screenshots: PocketPC.ch / Laser

Gerade der Lieferumfang hätte so vieles besser machen können

Was mich aber persönlich stört, ist der wirklich mickrige Lieferumfang. Logitech verlangt eine UVP von 200 Euro bzw. Schweizer Franken für das die G Pro X 60 und obwohl ihr die Switches austauschen könnt, gibt es keinen Keycap- oder Switch-Puller. Das Kabel ist nicht gerollt und es gibt nicht einmal Ersatz-Keycaps oder Keycaps für die Nutzung an macOS. Das ist in Anbetracht des Preises wirklich enorm schwach.

 

Zum Vergleich: Meine Keychron K3 V2 hat zig Ersatz-Keycaps, einen Switch- und Keycap-Puller sowie auch Tasten für den Betrieb auf macOS im Lieferumfang und kostet deutlich unter 100 SFr. bzw. Euro. Auch bringt die Tastatur einen 2.4-GHz-Dongle mit. Zudem besteht das Chassis vollständig aus Aluminium, bei Logitech ist es komplett aus Plastik. Der Unterschied ist massiv und im Endeffekt gibt es kaum Vorteile für die Logitechtastatur.

 

Der Lieferumfang ist leider enorm schwach für den Preis. Kein Keycap-/Switch-Puller, keine weiteren Ersatztasten. Bild: PocketPC.ch / Laser

Fazit: Von Profis mitentwickelt? Aber mit merkwürdigen Entscheidungen

Die Beziehung im Test zur Logitech G Pro X 60 zeigt sich mehr als kompliziert für mich. Ich habe keine Ahnung, was den so immens hohen Preis rechtfertigen soll. Meine Keychron K3 V2 ist in den meisten Bereichen ebenbürtig und in allen anderen einfach überlegen: Bessere Materialwahl beim Chassis, schickere gleichmässigere Beleuchtung, viele Tasten im Lieferumfang inkl. Ersatz-Switches und Keycaps, auch für macOS. Ja, die Logitechtastatur hat eine schicke Transporttasche, aber das ist auch alles. Sie kommt in Schwarz und Weiss sowie Pink als TKL (Tenkeyless) als Farbvarianten daher, und läuft auf macOS und Windows anstandslos mit einer guten Softwareintegration.

 

An sich macht sie einen soliden Job. Das Tippgefühl ist wirklich gut, auch wenn der Klang-Unterschied zwischen den grossen Tasten und den Buchstaben-Keys schon recht hoch ist. Das ist aber nicht tragisch. Auch gefällt mir das Scrollrad an der Seite für die Lautstärke, was die Bedienung ein Stück weit komfortabler macht und bei der einfachen Bedienung der G HUB Software hat Logitech ein Händchen.

 

 

Aber ein an und für sich solider Job ist für eine Tastatur keine 200 SFr. wert. Logitech verpasst die Chance hier Hall-Effect-Tasten zu verbauen, die gerade im Profibereich mittlerweile eine weite Verbreitung geniessen. Keine Ahnung, welche Profis dort die Beratung vorgenommen haben und dachten, dass optische Schalter hier der Way-to-Go seien. Aus Kostengründen kann ich mir das persönlich nicht vorstellen, da die Tastatur doppelt so teuer ist, wie die meisten mit gleichem oder grösserem Leistungsumfang und Lieferumfang. Die Endgame Gear KB65HE bietet beispielsweise Hall-Effekt und kostet 40 Euro weniger und setzt beim Body komplett auf Aluminium.

 

Bis um die 120 Euro UVP hätte ich vielleicht sogar noch eine Empfehlung ausgesprochen. Wirklich schlecht ist die Tastatur nicht. Sie ist nur wirklich einfach viel zu teuer für das, was sie kann und mitbringt.

Video: Logitech

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