Review: Red Dead Redemption für Nintendo Switch

Red Dead Redemption ist fast 13 Jahre alt und hat ein beinahe eigenes Genre geprägt. Als Nachfolger von Red Dead Revolver hat der Gaming-Kassiker von 2010 aus den Action-Adventure-Meisterschmieden von Rockstar Games das Abenteuer nicht in die Strassenschluchten von San Andreas oder Vice City verfrachtet, sondern man findet sich im amerikanischen Wilden Westen (und in Mexiko) zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts wieder. Ein reines Konsolen-Abenteuer, damals für Microsoft Xbox 360 und Sony PlayStation 3, konnte viele Gamer begeistern und sich zahlreiche Fans sichern. So sehr, dass der langersehnte Nachfolger Red Dead Redemption II als Prequel vor fünf Jahren abermals Bestnoten und Lob allenortes einfahren konnte.
Nun ist der Blockbuster von Rockstar San Diego auf der Nintendo Switch auch als physische Version erschienen. Viel wurde schon daran kritisiert, vor allem, dass sowohl die Spielkarte als auch zuvor die digitale Version von RDR ein altes Spiel auf dem Stand von 2010 darstellt und den Multiplayer-Modus abgeschafft hat, dass aber dennoch den Vollpreis von 49,99 Euro bzw. 64.90 SFr. abruft. Lohnt sich das? Wir haben uns Red Dead Redemption genauer angeschaut, das zudem den DLC Undead Nightmare enthält, das später als das Original-Game auch als eigenständiges Spiel veröffentlicht wurde.
Inhaltsverzeichnis
Worum geht es in Red Dead Redemption?
Das Western-Spiel ist schnell umrissen. In bewährter Third-Person-Perspektive begleiten wir einen Revolverhelden namens John Marston durch fiktionalisierte amerikanische Südstaaten New Austin and West Elizabeth, später auch durch den mexikanischen Norden im Form des Bundesstaates Nuevo Paraíso. Den Hauptcharakter steuern wir hier von Aufgabe zu Aufgabe in einer riesigen Open World um die Geschichte hinter und vor John Marston nach und nach zu enthüllen.
Bei der Erkundung der Spielwelt können wir Zeuge zufälliger Ereignisse werden und an ihnen teilnehmen. Darunter fallen öffentliche Hinrichtungen, Überfälle, Hilferufe, Begegnungen mit Fremden, Ride-by-Shootings und Angriffe wilder Tiere. Es gibt auch optionale Nebenaktivitäten wie in jedem Adventure-Spiel, beispielsweise Duelle, Kopfgeldjagden, Kräutersammeln, Glücksspiel und die Jagd.
Ruhm und Ehre
Red Dead Redemption verwendet ein Ruhm-System, das misst, wie die Handlungen des Spielers in Bezug auf die Moral wahrgenommen werden. Moralisch positive Taten, wie die lebendige Gefangennahme eines Gesetzlosen oder die Rettung eines Fremden, erhöhen das Ansehen des Protagonisten. Umgekehrt werden negative Entscheidungen wie Mord von der Ehre abgezogen. Karma halt. Und Karma kickt zurück, denn das Ansehen beeinflusst, wie Nicht-Spieler-Charaktere (NPCs) auf uns reagieren. Wenn John über viel Ehre verfügt, wird er von NSCs gegrüsst und erhält in einigen Geschäften Rabatte, etwa seine Drinks im Saloon gratis. Ist sein ansehen niedrig, verhalten sich NPCs unsicher und Geschäfte können ihre Türen für uns auch schliessen.
Um dem zu begegnen, kann man sich etwa mit einem Tuch vor dem Gesicht maskieren, wenn man kriminelle Handlungen begeht. Man kann also einen gnadenlosen Outlaw, einen gesetzlosen Mörder und Banditen spielen – man muss aber nicht. Leute erschiessen lässt sich jedoch nicht vermeiden. Wilder Westen eben, irgendwie.

Ausserhalb der Missionen können wir John frei in der offenen Welt bewegen. Verschiedene Pferde unterschiedlicher Rassen sind die wichtigsten Transportmittel, die jeweils unterschiedliche Eigenschaften wie Ausdauer und Geschwindigkeit haben. Pferde müssen in der wild gefangen und gezähmt, gestohlen oder gekauft werden, um sie benutzen zu können. Ausserdem kann man Züge und Kutschen für schnelle Reisen gegen Bargeld benutzen.
Das unerschlossene Land der nordamerikanischen Prärie macht den grössten Teil der Spielwelt aus und bietet verschiedene zerklüftete und weite Landschaften mit gelegentlichen Reisenden, Banditen und wilden Tieren. Die städtischen Siedlungen reichen von isolierten Bauernhäusern bis hin zu relativ überfüllten Städten, die gefühlt jedem klassischen Westernfilm entsprungen sein könnten.
Revolverheld und Verbrecher
Schiessereien sind eine wesentliche, wenn nicht die zentrale Spielmechanik in Red Dead Redemption. Dabei geht der Hauptcharakter und die KI-Figuren in Deckung, visiert eine bestimmte Person oder ein Tier an oder schiesst blind durch die Gegend. Auch einzelne Körperteile können anvisiert werden, um Ziele ohne tödliche Wirkung auszuschalten, etwa um das höhere Kopfgeld für lebende Gangster zu kassieren. Ihr seht schon, ein Kinderspiel in beiden Wortsinnen, ist Red Dead Redemption nicht – darum auch die Altersfreigabe nach PEGI und USK ab 18 Jahren. Zu dem ganzen Morden hinzu kommen Prostituierte, Glücksspiel, Nacktheit und Alkoholmissbrauch.
Als Waffen stehen John Marston unterschiedliche Revolver, Pistolen, Gewehre, Schrotflinten, Messer, Sprengstoff und Lassos zur Verfügung. Beim Zielen kommt eine Spielmechanik des Revolverhelden zum Einsatz, die Dead Eye genannt wird und stark an die Bullet Time von Max Payne oder aus den Matrix-Filmen erinnert. Durch Tastendruck können wir für kurze Zeit die Zeit verlangsamen und Ziele markieren, die dann abgeschossen werden. So haben die gegnerischen Banditen und angreifenden oder fliehenden Wildtiere kaum eine Chance. Das Dead-Eye-System lässt sich im Laufe der Geschichte aufrüsten und gibt uns weitere Fähigkeiten. Es erholt sich nach Gebrauch im normalen Schwierigkeitsgrad selbst wieder, kann aber auch mit Kautabak schnell nachgefüllt werden.
Dead or Alive
Neben den Aufgaben der Hauptstory und freien Kopfgeld-Jobs können in Red Dead Redemption aber auch Poker und andere Minigames spielen, etwa Hufeisenwerfen, tote Tiere häuten oder Leichen plündern. Zudem reiten wir Pferde zu, treiben Rinderherden über die Weiden oder suchen vermisste Personen. Einmal in Mexiko angekommen, nehmen wir gar an einem lokalen Bürgerkrieg teil!
Doch ein Action-Adventure von Rockstar wäre kein selbiges, gäbe es nicht das bekannte Kopfgeldsystem, das seit Grand Theft Auto etabliert ist. Greifen wir etwa einen Gesetzeshüter an oder begehen zu viele oder zu schwere Verbrechen, so werden wir vom lokalen Sheriff und seinen Leuten verfolgt – wie in GTA. Anders als in GTA können wir zwar den Gesetzeshütern entkommen, indem wir auf der Flucht deren Kreis verlassen, doch von da an jagen uns Kopfgeldjäger mehr oder minder zufällig. Diese verfolgen uns so lange immer wieder von Neuem, bis wir das Kopfgeld per Telegram bezahlen oder ein Begnadigungsschreiben vorlegen.
Undead Nightmare
Im Exta-Spiel Undead Nightmare, das für Xbox 360 und PS3 damals als Download zur Verfügung stand und auch als eigenes Spiel vertrieben wurde, versuchen wir als John Marston verzweifelt eine Heilung für eine Zombie-Seuche zu finden. Und natürlich diese Apokalypse zu überleben, indem wir die untoten Horden niederstrecken.
Komplettiert wird das ganze um Outfits und ausrüstbares Zubehör, wie Patronengurte, Schnaps oder Hasenpfoten. Letzteres etwa führt zu einer kleinen Erhöhung der Geldbeute beim ausplündern von Leichen.
Screenshots: PocketPC.ch / Jeanrenaud
Testeindruck
Zunächst einmal muss ich voranstellen, dass ich Red Dead Redemption im Original nur sehr kurz gespielt hatte damals, ebenso wie Undead Nightmare. Ich kenne das Spiel, oder die Spiele, also nicht vollständig. Darum habe ich mir, YouTube sei Dank, nach einigen Spielstunden alte Videos angeschaut, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu finden.
Das Spiel auf der hybriden Konsole Nintendo Switch ist nahezu identisch mit dem Original der Game-of-the-Year Edition aus dem Jahre 2010 mit allen Updates und Zusatzinhalten. Bis auf den Multiplayer-Modus, der im Re-Release für die Nintendo Switch – wie auch für die PS4 – einfach ersatzlos gestrichen wurde.
Graphik und Sound
Die Graphik von Red Dead Redemption ist gut gealtert, wenngleich sie nicht sichtbar nachbearbeitet wurde. Keine neuen Texturen, keine Verbesserungen sind hier zu sehen. Klar, ein Top-Titel wie The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom sieht auch auf vergleichsweise schwachbrüstigen Switch besser aus. Aber das macht im Spielgeschehen kaum einen Unterschied, zumindest für mich. Der Sound ist ebenfalls authentisch aus dem Original mit den gleichen Stimmen und Schauspieler:innen, Soundeffekten und Hintergrundsongs. Alle Personen sprechen Englisch, zumeist zumindest, mit unterschiedlichen amerikanischen Akzenten, was der Illusion des Western-Settings im Jahre 1911 sehr gut steht. Die Untertitel sind optional und auf Spanisch, Französisch, Deutsch, Italienisch, Portugiesisch, Russisch, Koreanisch sowie Chinesisch verfügbar.
Rundum fühlt und hört sich John Marston und die Welt von Red Dead Redemption meist gut und staubig, schmutzig und dreckig an. Passt soweit. Aber auch die alten Graphik-Bugs – falsches Clipping etwa, bei dem unsere Figur halb in der Wand verschwindet – sind noch da. Schade, denn das hätte Rockstar durchaus beheben dürfen.
Steuerung und Gameplay
Die Steuerung von Red Dead Redemption ist für ein Action-Adventure intuitiv und mit nahezu allen verfügbaren Tasten ausgelegt, die aber auch nicht angepasst werden können. Dass das Wildwest-Game von der Konsole kommt, sieht man neben der dafür ausgelegten Steuerung auch dem Gameplay an. Es ist vieles so konzipiert, dass es mit handelsüblichen Controllern problemlos bewältigt werden kann. Beim Zureiten von Wildpferden etwa wackeln wir den Analog-Stick des linken Joycons entsprechend passend hin und her, um zu verhindern, dass uns der Zosse einfach abwirft. Das macht Spass, ist meist nur mässig herausfordernd und schnell erlernt. So fällt die Lernkurve des Spiels nicht zu steil aus und Frustration nicht zu schnell breit. Auch die häufigen Schiessereien lassen sich, ob mit oder ohne Zielunterstützung, gut mittels Analog-Sticks meistern. Dead Eye ist ein nettes Feature, das ich aber zugegebenermassen fast nie benutzt habe nach dem Tutorial, einfach weil ich es vergessen hatte und es so gar nicht in die Wildwest-Atmosphäre passt.
So gesehen passt an Red Dead Redemption für Nintendo Switch eigentlich sehr vieles. Das Spiel ist spannend und die 18 Stunden für die Hauptstory sind abwechslungsreich und action-geladen aufgebaut. Will man möglichst alles vom Spiel sehen, sind mehr als 45 Stunden Spieldauer keine Seltenheit.
Das zusätzliche Game Red Dead Redemption: Undead Nightmare, das nicht als eigener Menüeintrag auf der Nintendo Switch erscheint sondern im Hauptspiel freigeschaltet wird, bietet nochmals weitere 8 Stunden Spielzeit für die Hauptstory und weitere fünf für alle Nebenschauplätze auf.
Dass man die damals sehr beliebten Multiplayer-Modi einfach sang- und klanglos gestrichen hat, ist indes für viele Leute sehr bedauerlich. Ich vermisse ihn ehrlich gesagt eher weniger. Und immerhin weist Rockstar gleich auf den Box darauf hin, wenngleich nur klein, dass es keine Multiplayer-Funktion gibt.
RDR lässt sich auf der Switch problemlos zocken. Bildraten-Einbrüche sind nie zu verzeichnen, auch wenn hier nie mehr als wohl 30 fps zu sehen sind. Reicht aber für flüssige FullHD-Bilder durchaus aus. Das Spiel macht übrigens keinen Gebrauch vom Touchscreen der Nintendo Konsole, kann aber auch im Handheld-Modus sehr gut gespielt werden. Nur etwas dunkel ist es dann mitunter, so dass man versucht ist, an den Einstellungen zu drehen.
Preis und Fazit
Red Dead Redemption inklusive Undead Nightmare für die Nintendo Switch gibt es als Vollpreis-Game für 49,99 Euro bzw. 64.90 SFr. im Nintendo eStore und als physische Version mit Spielekarte.
Lohnt sich also der Vollpreis für ein altes Spiel? Jein. RDR war und ist wegen Rockstars proprietärer Gaming Engine und dem Motion-Capturing für realistischere Bewegungen der Charaktere sowie der fünfjährigen Entwicklungszeit eines der teuersten Videospiele aller Zeiten. Es kostete mit geschätzten 170 Millionen US-Dollar alleine für die Entwicklung eine Unsumme und auch wenn es eines der meistverkauften Games geworden ist, kann man verstehen, dass Rockstar das Spiel nicht einfach verscherbeln mag. Dennoch, im Angesicht der Tatsache, dass der Titel vermutlich längst amortisiert ist und dadurch, dass Rockstar und Double Eleven offensichtlich kaum grössere Mühen beim Portieren gemacht haben, ist der Vollpreis eine Frechheit. Dass längst bekannte Bugs einfach immer noch vorhanden sind, ist etwas enttäuschend und zeigt, wie wenig Arbeit man sich gemacht hat. Genauso, dass der Multiplayer-Modus einfach fehlt und somit noch nicht mal laufende Kosten für einen Online-Serverbetrieb anfallen beim Publisher, enttäuscht das Re-Release, das eben kein Remaster geworden ist, doch etwas. Egal, wie gut das Spiel gealtert ist: Das ist einfach schade. Ob es denn vollen Preis wert ist, kann man also durchaus bezweifeln. Hat man das Spiel aber gekauft, ist es auf keinen Fall rausgeworfenes Geld.
Als Occasion-Titel oder im eSale, etwa für 20.- SFr. bzw. Euro jedoch, kann ich Red Dead Redemption für die Nintendo Switch vorbehaltlos empfehlen und allen Gamern ans Herz legen, die auf Action und vielleicht auch auf das Wildwest-Thema stehen. Egal, ob man die klassischen Abenteuer von 2010 nochmals zocken will oder zum ersten mal mit John Marston durch Armadillo reitet: Red Dead Redemption ist immer noch ein sehr, sehr gutes Spiel.
Video: Rockstar Games
Übrigens ist RDR bis zum 3.12.23 gerade im Black Week Sale und kostet als digitaler Download 30 Prozent weniger, also nur noch 34,99 Euro bzw. 45.43 SFr..