Gaming-Review: Vampire: The Masquerade – Reckoning of New York für Nintendo Switch

Hier ist es nun also, der dritte und letzte Teil der Visual Novel Saga Vampire: The Masquerade, die in New York spielt. Draw Distance hat Vampire: The Masquerade – Reckoning of New York mit dem Publisher Dear Villagers auch auf die hybride Konsole Nintendo Switch gebracht, dass in der World of Darkness der fünften Edition des Meta-Regelwerks stattfindet. Wir haben uns das Spiel angeschaut.
Inhaltsverzeichnis
Worum es geht in Vampire: The Masquerade – Reckoning of New York
Die Geschichte ist kompliziert, wie so oft in der Welt von Paradox, die sich World of Darkness nennt. Wir spielen Kali, eine Kindred der Ravnos, die sich in der Vampirgesellschaft New Yorks, den politischen Ränken zwischen den Clans der Camarilla und der Anarchen in der letzten Woche des Jahres 2024 behaupten muss.
Wir wollen an der Stelle nicht zu viel verraten, denn wie jede Visual Novel lebt auch Vampire: The Masquerade – Reckoning of New York von der Story, die Erzählt wird und den Wendungen, die die Geschichte aufgrund unserer Entscheidungen nimmt. Dabei begegnen wir unterschiedlichen Charakteren, etwa dem Caitiff Pádraic, der uns im Auftrag des Sheriffs begleiten soll. Zudem sind viele bekannte Figuren aus den vorherigen Spielen der VtM-Reihe, also Coteries of New York und Shadows of New York, wieder anzutreffen, deren Geschichten teilweise fortgesetzt werden, aber auch mal andere Wege einschlagen, als man im zweiten Teil der Trilogie vielleicht dachte. So ist auch für Fans der Reihe viel Neues in petto. Zudem kann man das Spiel nach einem von verschiedeneren Enden mit Kali auch aus Pádraics Perspektive spielen.
Und das Unleben als Vampir im heutigen New York ist nicht gerade ungefährlich. Die Hauptfigur fügt sich der Dunkelheit und dem Vampirdasein und versucht zu überleben in einer Welt voller Gefahren und Verrat. Nützlich dabei sind vor allem die drei Disziplinen genannten Kräfte: Verwirren, Animalismus und Präsenz und dass jeder Vampir-Clan eigene Interessen und Ziele verfolgt, die man gegebenenfalls gegeneinander ausspielen kann, um die eigene blutleere Haut zu retten. Gleichzeitig muss der Hunger nach Blut gestillt werden, um zu überleben und die Hunter sind uns ebenfalls auf den Fersen. Doch wer es übertreibt und den Blutdurst übersättigt, entfesselt die Bestie und verliert die Kontrolle über die Protagonistin.

Testeindruck
Zunächst fällt auf, dass Vampire: The Masquerade – Reckoning of New York wie das Vorläuferspiel nur auf Englisch gespielt werden kann. Auch wenn es keine Sprachausgabe gibt, sind alle Texte, sowohl der Dialoge als auch der Menüs, nur auf Englisch. So war das auch bei Vampire: The Masquerade – Shadows of New York, obschon der erste Teil Vampire: The Masquerade – Coteries of New York noch zudem Französisch, Portugiesisch, Russisch sowie Chinesisch unterstützte. Auch sind andere Plattformen von Reckoning of New York ebenfalls mit französischen Texten ausgestattet. Deutsche Texte suchte man in der New-York-Reihe indes schon immer vergebens.
Graphik und Sound
Das Game ist als Visual Novel mehr ein Buch als ein Spiel, so dass hier keine aufwändigen und spektakulären 3D-Ansichten und fotorealistischen Ansichten geboten werden. Der Fokus liegt ganz klar auf den Dialogen in einem minimalistischen aber guten Interface.
Die düstere Graphik von Vampire: The Masquerade – Reckoning of New York ist zwar auch nicht mehr handgezeichnet im Stil alter Gemälde wie bei den beiden vorherigen Teilen, aber dennoch im Comic-Stil sehr ansehnlich und stimmungsvoll. Die wenigen Animationen im Hintergrund wie die der Charaktere während der Dialoge und Filmsequenzen sind stimmig und passend gewählt und unterstreichen die Atmosphäre der Story ungemein. Leider haben sie etwas wenig Varianz und blicken einem stets in den selben Posen düster grimmig und argwöhnisch an, während nur ein kleiner Teile, eine Hand oder ein paar Haarsträhnen, der Rauch einer Zigarette oder ähnlich unbedeutendes, sich langsam hin- und herbewegen. Zum Glück lassen sich die Animationen im Menü auf Wunsch auch ausschalten. Aber die Graphik passt sehr gut und ist ein Fortschritt im Vergleich zu beiden Vorgängerspielen.
Ebenso die hypnotische Hintergrundmusik, die stets ein düsteres, melancholisches bis bedrohliches Thema in das Szenario einbettet. Doch sind dramatische Entscheidungen zu treffen oder werden popkulturelle Anspielungen im Spiel gemacht, schwingt die musikalische Stimmung eben auch entsprechend um. Das Ganze untermalt die Atmosphäre nochmals deutlich und sehr passend.
Steuerung und Gameplay
Die Steuerung in Vampire: The Masquerade – Reckoning of New York ist ebenso simpel gehalten wie das UI und kann auch nicht angepasst werden. Während man mit dem linken Analog-Stick oder dem D-Pad eine aus mehreren Antwortmöglichkeiten, Aktionen oder Wegpunkte auf der Karte von New York auswählt, benutzt man in dem Spiel vornehmlich das rechte Joycon der Nintendo Switch zur Steuerung. Mit der Taste A wird die Auswahl bestätigt oder der Dialog fortgesetzt, während der rechte Analogstick das Scrollen durch den Dialog erlaubt oder das automatische Scrollen aktiviert bzw. deaktiviert. Nur der Touchscreen im Handheld-Modus der Nintendo Switch wird wieder einmal gänzlich vernachlässigt von diesem Spiel. Und die Schrift der Dialoge ist etwas klein, gerade im Handheld-Modus. Sie kann zwar in den Einstellungen vergrössert werden, aber manchmal reicht auch das nicht.
Screenshots: PocketPC.ch / Jeanrenaud
Glossar, Wörterbuch und Journal
Hervorzuheben ist hier noch die Wörterbuch-Funktion hinter der Taste X, mit der bestimmte orange hervorgehobene Begriffe aus der Welt von Vampire: The Masquerade kurz erklärt werden können. Zudem können die Schultertasten genutzt werden um das Journal mit ZR aufzurufen oder das Glossar mit ZL anzuzeigen, in denen alle Begriffe abermals und ausführlicher nachgelesen werden können. Ebenfalls sind hier fast alle Charaktere nochmals beschrieben, nachdem sie einmal in einem Dialog erwähnt wurden oder wir ihnen begegnet sind. Nur von den Hunters, den selbsternannten Vampir-Jägerinnen und -Jägern, gibt es selten ein eigenes Profil. Diese sind aber nicht minder gefährlich für uns.
Dialoge
Insgesamt klicken wir uns ohne Zeitdruck oder andere Tempomacher in Vampire: The Masquerade – Reckoning of New York während bis zu sieben Nächten durch viele, mehr oder minder interessante Dialoge, um in der Geschichte voranzukommen.
Die Hauptfiguren entwickel sich im Spielverlauf mehr und mehr, was zu ihren Gunsten oder Ungunsten ausfalle kann – je nach dem. Dabei wird nach und nach auch mehr zur den Hintergründen der Figuren erzählt, so dass die Story auch deutlich an Tiefe aufnimmt. Entscheidungen, die getroffen werden müssen im Spiel, haben allesamt und immer Konsequenzen. Und sei es, dass uns ein Weg dann verschlossen ist oder wir eine Figur nicht oder erst später antreffen.
Die Sprache der Dialoge schwankt, je nach Gegenüber, zwischen sehr flapsigem amerikanischem Englisch mit seinen Eigenheiten und Redewendungen sowie einer eher gehoben anmutenden, vielleicht aristokratisch hochgestochenen Sprache, die man auch eher selten zu lesen bekommt ausserhalb der Visual Novel. Das macht Spass und passt sehr gut zu den Charakteren, die in der Geschichte gezeichnet werden, wenngleich wir auch nicht alle gleich gut kennen lernen und so manche etwas flach bleiben. Aber das hat ja auch durchaus etwas realistisches an sich: Schliesslich kennt man auch im echten Leben nicht alle Menschen gleich gut und das ist vielleicht auch besser so. Genauso auch in Reckoning of New York.
Die Disziplinen
Zudem sind die genannten Superkräfte, die Disziplinen, wichtig für das Fortkommen der Geschichte und bringen, wie in World of Darkness üblich, haufenweise moralische Dilemmata mit sich. Während wir zu Beginn zwei Skill-Punkte nach Belieben vergeben können um diese zu verbessern, tauchen im Verlauf des Spiels durch besondere Ereignisse weitere Upgrade-Punkte auf. Mit den Fähigkeiten zum Verwirren, Englisch Obfuscate, kann sich die Hauptfigur vor den Blicken anderer verstecken. Egal ob Vampir oder Sterbliche, sie sehen uns plötzlich nicht mehr, obschon wir nur Reglos im Schatten stehen. Animalismus erlaubt es der Hauptfigur, Tiere zu kontrollieren und je nach dem auch mit ihnen zu kommunizieren, während die dritte Disziplin, Präsenz, es ermöglicht, durch schiere übernatürliche Persönlichkeit andere zu überzeugen, ihnen unseren Willen aufzuzwingen oder sie in Angst und Schrecken zu versetzen. Das klingt alles nützlich, ist aber nur in bestimmten Dialogen benutzbar und öffnet oder versperrt so eben die eine oder andere Option. Alle Dialoge sind immer in der rechten Hälfte des Bildschirms untergebracht, so dass die Figuren, mit denen wir es zu tun haben oder der Hauptcharakter selbst, wenn wir Selbstgespräche führen oder in Gedanken sind, auf der linken Seite Platz findet.
Der Hunger
Hinzu kommt noch der Hunger. Das Stilen des Blutdursts ist, wie erwähnt, notwendig aber nicht ungefährlich, wozu zwei einfache Anzeigen oben links auf dem Bildschirm unter dem Namen des derzeitigen Kapitels, der Nummer der Nacht sowie der Ortsbezeichung zu finden ist. Der Hunger ist in zwei Stufen eingeteilt, wobei die zweite schon sehr dringend nach frischem Blut schreit. Ebenso verhält es sich mit dem Biest, dass bei Übersättigung mit dem Blut sterblicher uns ins Verderben zu stürzen droht. Aber man muss sich schon fast bemühen, das auszulösen.
Das alles passt super ineinander und erzählt die Geschichte packend und kurzweilig, so dass man schnell auch stundenlang an der Konsole sitzt, nur um zu erfahren, wie es nun als nächstes in der Story weiter geht. Gespeichert wird übrigens automatisch oder über das Pausen-Menü zu Beginn einer jeden Szene und nach jeder Entscheidung. Da es nur einen Speicherslot gibt, kann man auch nicht einfach zurück springen und den anderen Weg beschreiten, doch nach Beendigung der Story ist es möglich, einzelne Kapitel erneut zu besuchen und so von dort weiter zu spielen, um zu sehen, zu welchem Ende dies vielleicht führen mag.
Preis und Fazit
Die Visual Novel Vampire: The Masquerade – Reckoning of New York gibt es für Sony PS5, Microsoft Xbox One und Series X|S sowie PC via Steam und Nintendo Switch für 19,99 Euro bzw. 27.99 SFr. zu kaufen.
Derzeit ist das Single-Player Game mit der Altersempfehlung ab 12 nach USK und 16 nach PEGI im Nintendo eStore jedoch mit 20 Prozent Rabatt bis zum 8. November 24 im Sale und somit für 15,99 bzw. 22.39 SFr. zu haben. Wer die Vorläufer der Story, Vampire: The Masquerade – Coteries of New York und/oder Vampire: The Masquerade – Shadows of New York noch nicht auf der hybriden Konsole hat, kann diese ebenfalls bis zum 08.11.2024 mit 85 Prozent bzw. 70 Prozent Rabatt, also für 2,99 Euro bzw. 4.20 SFr. und 3,89 Euro bzw. 5.46 SFr. super günstig abstauben. Auch auf Steam ist das Game derzeit günstiger.
Insgesamt ist Vampire: The Masquerade – Reckoning of New York eine tolle Visual Novel und, wenngleich nicht für alle ein geeignetes Spiel, sicherlich nicht nur für Fans der Vampire: The Masquerade-Tabletop- und Rollenspielwelt. Wer die World of Darkness schon kennt, erlebt hier die eine oder andere unerwartete Wendung und Sicht auf die Fantasy-Welt von VtM. Wer neu, gerade zur Tabletop-Welt hinzu stösst, kann aus dem Spiel viel lernen, wie man fesselnde Hintergrundgeschichten zu den Charakteren spinnt.
So bekommt man gut fünf Stunden für Kalis Storyline und 14 Stunden Spielzeit, wenn man alles in Reckoning of New York erfahren will. Schade ist nur, dass das Game lediglich auf Englisch zu haben ist und zudem gänzlich ohne Sprachausgabe daher kommt und die Dialoge nicht immer gerade gut lesbar sind aufgrund der kleinen Schriftart, die einfach nicht auf den 6.2 Zoll Bildschirm der Nintendo Switch passen will.
Video: Dear Villagers
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