Review: LG G7 ThinQ im Test – Der unauffällige Spätzünder?

Es ist nicht gerade einfach, wenn man den Markt so spät in der Saison betritt, wie es LG mit dem LG G7 ThinQ gemacht hat. Der MWC 2018 wurde bewusst gemieden und so haben Hersteller wie Huawei oder Samsung einen ordentlichen Vorsprung einheimsen können, die ihre Geräte schon deutlich eher im Markt platzierten. Dennoch will das LG G7 ThinQ euch mit ganz eigenen Features auf seine Seite ziehen. Gelingt das auch?
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
- Schlichtes und unauffälliges Design aus Glas und Aluminium
- LG G7 ThinQ mit Snapdragon 845 und 4 GB RAM sehr schnell unterwegs
- LC-Display erstmals mit Notch und in hervorragender Qualität
- Gute Kamera bei genügend Licht, starke Defizite in schwachem Licht
- Akkulaufzeit annehmbar, Boombox-Sound aber nicht
- Fazit: Viel gute Hardware für vielleicht schon zu viel Geld?
Schlichtes und unauffälliges Design aus Glas und Aluminium
Bei Smartphones wird die Sache mit dem Design immer schwieriger. Sich stärker von der Konkurrenz abzusetzen, heisst in den sehr kompakt gebauten Geräten auch oft diverse Kompromisse einzugehen. Grosse Kompromisse findet man jetzt nicht unbedingt beim neuen LG G7 ThinQ, denn man packt eine ganze Menge Features in das Gerät.
So blicken wir auf ein grosses Glaskleid auf dem Rücken aus Gorilla Glass 6 und einem glänzenden Aluminiumrahmen. Auf der linken Seite im Rahmen finden wir zudem den neuen Google Assistant Knopf, den LG extra dafür einbaute und ein wenig die Erinnerungen an den dedizierten Bixby-Button von Samsung wachruft. Die Kamera im Rücken ist vertikal verbaut und platziert sich zusammen mit dem Fingerscanner in der Mitte. Die Verarbeitung ist hochwertig und lässt keinerlei Beanstandung zu. Das Displayglas knickt leicht in den Rahmen ein, was einen interessanten Effekt hervorruft.
Interessant ist aber vor allem die hole Stelle, die man gut hören kann, sobald man mit dem Finger hinten auf das Gerät klopft. Hier wird es sich wohl um die Akustikkammer handeln, die LG während der Präsentation erwähnte, um mehr Volumen für den Sound aus dem Gerät zu holen. Gestört hat uns das aber in der Praxis nun nicht.
Das LG G7 ThinQ liegt sehr gut in der Hand, ist vielleicht etwas rutschig geraten, aber auch nicht rutschiger als vergleichbare Geräte, wie das Huawei P20 Pro. Lobenswert finden wir vor allem die Beibehaltung des 3.5 mm Klinkenanschlusses an der Unterseite. Zudem verspricht LG Wasser- und Staubschutz durch die integrierte IP68-Zertifizierung, was das Smartphone so auf das Level des Galaxy S9 Modellreihe hebt.
LG G7 ThinQ mit Snapdragon 845 und 4 GB RAM sehr schnell unterwegs
Gehen wir dann erst mal die interne Hardware durch, die sich absolut sehen lassen kann, aber für ein derartiges Highend-Modell auch Pflicht sein sollte: Ein Snapdragon 845 sorgt zusammen mit 4 GB RAM und 64 GB internem Speicher für die Leistung, welche absolut auf Höhe der Zeit ist und Flaggschiff-Niveau ausstrahlt. Die Kameras im Rücken knipsen mit 16 MP und haben Blenden mit f/1.6 und f/1.9 zur Verfügung. Beim Display blicken wir auf ein 6.1 grosses Panel im 19.5:9 Format, welches in QHD auflöst und eine Notch im oberen Bereich besitzt. Der Akku wird mit 3’000 mAh angegeben, was im Vergleich zu anderen Modellen erst einmal recht wenig wirkt.
An der Performance selbst gibt es aber dank Snapdragon 845 rein gar nichts zu mäkeln. Die LG-eigene Oberfläche, die über Android 8.0 Oreo gestülpt wurde, macht einen extrem performanten Eindruck. Ein Ruckeln oder Stottern sind nicht auszumachen. Das spiegelt sich auch in leistungshungrigen Apps wie Spielen oder extremen Multitasking wieder. PUBG Mobile, Riptide GP Renegade oder auch das extrem wuselige Clash of Clans stellen das LG G7 ThinQ nicht unbedingt vor grosse Herausforderungen. Luft nach oben ist sogar noch vorhanden.
Synthetische Benchmark wie Geekbench 4 oder 3DMark unterstreichen den Eindruck. Mit über 2’400 Punkten im Single-Core und 8’900 Punkten im Multi-Core-Test, schlägt sich das LG G7 ThinQ enorm gut. Das gilt übrigens auch für den herausfordernden 3DMark-Test, der dem Smartphone mit über 4’500 Punkten im OpenGL 3.1 Test eine starke Leistung bescheinigt. Die Vulcan Version des Benchmarks ist mit 3’700 Punkten ebenfalls sehr hoch ausgefallen.
LC-Display erstmals mit Notch und in hervorragender Qualität
LG verzichtet beim LG G7 ThinQ auf ein AMOLED-Panel, welche in Zukunft nur noch den V-Modellen der Reihe vorbehalten sein werden und verbaut daher ein LCD für die Anzeige. Diese Flüssigkristallanzeige besitzt allerdings eine sehr hohe Qualität und kann in fast allen Bereichen durchaus überzeugen. Die Grösse misst rund 6.1 Zoll und die Auflösung beträgt knackscharfe 3120 x 1440 Pixel und erreicht damit QHD+.
Besonders beeindruckend ist die sehr grosse Helligkeit, die schon im normalen Gebrauch als deutlich überdurchschnittlich bezeichnet werden kann. Die Automatik sorgt dafür, dass ihr immer bestmögliche Sicht auf die Anzeige habt, egal wie stark die Lichteinstrahlung von Aussen auch sein mag. Ist letztere aber wirklich hoch, dann kann das Display über 1000 nits erreichen. Allerdings wird diese durch den extremen Akkuverbrauch nur maximal drei Minuten am Stück gehalten, was durchaus nachvollziehbar ist.
Generell ist das Display von hoher Qualität: Die Blickwinkel sind hervorragend und die Farbdarstellung knackig, aber nicht zu übertrieben. Das Panel unterstützt zudem den dynamischen Farbstandard HDR10, welcher auf YouTube funktioniert, sofern man Content aufruft, der HDR10-fähig ist. Auf Amazon oder Netflix konnten wir bisher nicht feststellen, dass HDR10-Inhalte in diesem Format abgespielt werden konnte.

Gute Kamera bei genügend Licht, starke Defizite in schwachem Licht
Bei Kameras ist das immer so eine schwierige Sache. Generell machen alle Top-Smartphones dieser Tage herausragende Bilder und die Geräte trennen oft nur Nuancen voneinander. Mittlerweile grenzen sich viele auch mit gesonderten Featurepaketen ab, wie Huawei mit dem Monochromsensor, das iPhone 7 Plus damals mit dem Zoom oder wie LG mit seiner Serie und der Superweitwinkel-Lösung. Diese finden wir auch wieder im LG G7 ThinQ vor.
Der Knipser im Rücken setzt hierbei auf zwei 16 MP Sensoren, die einmal als normale Weitwinkel-Kamera fungiert und der zweite Sensor setzt auf das bereits erwähnte Superweitwinkelobjektiv. Der Hauptsensor darf dabei auf eine sehr lichtstarke f/1.6 Anfangsblende zurückgreifen und der zweite Kandidat auf f/1.9. Klingt erst einmal nicht schlecht.
Und in der Tat sind die Bilder gut. Die Schärfe ist ordentlich, auch wenn man zum Rand hin eine Abnahme von Details feststellen kann, welches aber nur bei akribischer Betrachtung ins Gewicht fällt. Allerdings fällt auch auf, dass die Kamera nicht die Detailfülle liefern kann, die das Galaxy S9+ oder auch das iPhone X bietet. Die Dynamik hingegen greift auf hervorragender Ebene und sorgt für ein ausgeglichenes Bild, was auch der Farbdarstellung zugute kommt, die nicht zu übertrieben auszufallen scheint. Zumindest, wenn man die künstliche Intelligenz abschaltet.
Wie die meisten Hersteller setzt nämlich auch LG auf künstliche Intelligenz, wenn es in Richtung Kamera geht, die Objekte oder Szenarien automatisch erkennen kann. Sie soll das Bild dann hingehend optimieren und “verbessern”, was wir allerdings im Test als störend empfinden. Das LG G7 macht grüne Pflanzen grüner, blaue Himmel blauer und tierische Fotos… tierischer? Bei Tieren scheint der Filter etwas wärmer zu greifen und dem Bild ein wenig den Blauanteil zu klauen.
Die Farben werden also verändert und der Kontrast an einigen Stellen stark überdreht, nur damit man quasi ein “perfektes” Foto erhält. Allerdings sehen wir das etwas anders. Die Verfälschung der Sicht macht aus dem Bild kein natürlich wiedergegebenes Objekt mehr. Man sieht auf dem Foto nicht das tatsächlich gesehene Szenario, sondern eher ein wie auf Instagram manipuliertes Bild. Das mögen einige Menschen vielleicht ganz schick finden, aber wir haben den KI-Schalter in der Kamera recht schnell deaktiviert, damit wir die Ergebnisse bekommen, die wir auch wirklich haben wollten.
Eine deutliche Schwäche offenbarte die LG G7 ThinQ Kamera übrigens in dunkleren Lichtverhältnissen. So traten deutliche Artefakte schon bei schwächeren Lichtumgebungen auf und das Rauschen im Bild nimmt drastisch zu. Da hilft auch anscheinend die lichtstarke Blende von f/1.6 nicht mehr. Dabei betonte LG während der Vorstellung auch die Stärken im schwachen Licht, die wir leider nicht nachvollziehen können. Das Huawei P20 Pro, das Galaxy S9+ oder auch das iPhone X sind bei weitem stärker in diesen Situationen und Apples Smartphone hat diese Szenarien ebenfalls nicht als Paradedisziplin ausgeschrieben.
Akkulaufzeit annehmbar, Boombox-Sound aber nicht
Der im Rücken verbaute 3’000 mAh messende Akku scheint im Vergleich zur Konkurrenz deutlich unter dem Schnitt zu liegen. Das Galaxy S9+ beispielsweise setzt auf 3’500 mAh und bei Huawei sind im P20 Pro sogar satte 4’000 mAh verbaut. Das LG G7 ThinQ hingegen muss zudem ein enorm helles LCD-Panel befeuern und hier liegt dann wohl auch der Hund begraben, denn ein Laufwunder ist das Smartphone absolut nicht.
Einen Tag schafft man mit dem LG G7 ThinQ bei normaler Nutzung immer, doch könnte bereits bei helleren Ausflügen die Displayautomatik einiges zunichte machen, denn das Display ist der grösste Stromfresser im Gerät. Hier hilft unter Umständen nur das manuelle Nachregeln der Hintergrundbeleuchtung, verliert aber dann den Vorteil der sehr guten Lesbarkeit im Sonnenlicht. Dennoch überrascht uns generell die Akkulaufzeit des LG G7 ThinQ mit einem so vergleichsweise kleinen Akku. Hier muss der Hersteller per Software ordentlich optimiert haben, um auf fast zwei Tage bei moderater Nutzung zu landen. Wir sehen hier keinen eklatanten Nachteil gegenüber dem Galaxy S9+, welches dann doch den grösseren Akku besitzt, sich aber nicht entscheidend absetzen kann.
Die beworbene Boombox-Soundqualität des unten angebrachten Lautsprechers überzeugt uns erst einmal nicht. Er erreicht zwar eine ordentliche Lautstärke, aber das ist der uns aufgefallene einzige gute Punkt. Er klingt im Vergleich zu den Dual-Speakern im iPhone X oder dem Galaxy S9+ blechern und erreicht auch nicht die Qualität des BoomSound-Systems von HTC. Es gibt grundsätzlich schlechtere Speaker, doch herausragend ist die Leistung an dieser Stelle nicht, auch wenn mehr Volumen im Smartphone für besseren Sound sorgen soll, erkennen wir das hier irgendwie nicht.
Besonders gut gefallen hat uns dagegen aber der hochwertige DAC, den LG im LG G7 ThinQ verbaut. Das Smartphone ist so in der Lage, auch Kopfhörer mit hohen Widerständen zu befeuern und diese profitieren massgeblich von den Fähigkeiten des Hi-Fi Quad DAC, was auch deutlich zu hören ist, sobald man diese über ein Kabel ans LG G7 anschliesst.

Fazit: Viel gute Hardware für vielleicht schon zu viel Geld?
Das LG G7 ThinQ hat es nicht einfach: Es kommt sehr spät auf den Markt und hat mit 850 Euro bzw. Schweizer Franken eine hohe UVP, die allerdings immer noch unter dem Galaxy S9+ liegt, welches schon fast an der 1000er Grenze kratzte. Man muss es aber nun in Relation sehen, denn das Galaxy S9+ ist bereits etwas länger auf dem Markt und der Preis deutlich unter die UVP des LG G7 ThinQ gefallen.
Dabei ist LGs neustes Flaggschiff alles andere als schlecht! Das Display ist hervorragend, die Leistung ist dank aktuellem Snapdragon enorm hoch und der verbaute Hi-Fi Quad DAC macht einen super Job, wenn es um kabelgebundene Kopfhörer geht. Das Design stimmt, es werden microSD-Karten unterstützt, das Gerät ist nach IP68-Zertifizierung wasserdicht und auch Wireless Charging wird unterstützt. Das Paket ist also hochwertig besetzt und generell halten wir das Smartphone für ein wirklich ordentliches Gerät.
Allerdings kommt die Kamera im LG G7 ThinQ der Konkurrenz nicht hinterher. Die Aufnahmen sind bei ordentlichen Lichtverhältnissen gut, aber nicht auf dem Niveau der anderen. Bei schlechteren Lichteinflüssen nimmt diese sogar drastisch ab. Der Weitwinkelmodus macht allerdings Spass, wenn man mehr von der Szenerie auf den Bildschirm bekommen möchte.
Nimmt man nun die Konkurrenz zum Vergleich, so bietet das Galaxy S9+ alle guten Punkte des LG G7 ThinQ auch und bringt zusätzlich eine deutlich bessere Kamera mit, bessere Lautsprecher und insgesamt auch das bessere Display. Der Preis liegt durch den Markt auch schon deutlich unter der UVP des LG G7 ThinQ, was uns zum Eingangs erwähnten schwierigen Zeitpunkt der Veröffentlichung bringt. Nur der Hi-Fi Quad DAC wäre hier vielleicht noch hervorzuheben, aber ist der Aufpreis das Wert?
Die UVP beträgt 850 Euro in Österreich und Deutschland, bei uns in der Schweiz werden ebenfalls 850 Schweizer Franken fällig. Allerdings muss man an dieser Stelle anmerken, dass der Preisverfall mittlerweile auch das LG G7 ThinQ erreicht, welches noch nicht einmal richtig auf dem Markt angekommen ist. Auf Amazon wird schon 740 Euro verlangt, was das Gesamtpaket schon attraktiver macht, aber schlussendlich immer noch nicht an der Konkurrenz vorbeiziehen lässt.
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