Review: HMD Pulse Pro im Test – Ein schicker Einstieg

Bisher hatte das finnische Unternehmen HMD, was für Human Mobile Devices steht, die Smartphones und Featurephones in Nachfolge der Kultfirma Nokia unter deren Marke seit 2016 weiter produziert. Nun kommt eines der ersten Geräte unter dem eigenen Namen auf den Markt: Das HMD Pulse Pro. Wir haben es uns für euch genauer angesehen.
Inhaltsverzeichnis
Lieferumfang des HMD Pulse Pro
Der Karton des Pulse Pro von HMD ist erfreulich leer. Lediglich ein SIM-Karten-Slot Werkzeug in Form eines, aus einem einzigen Drahtstück gebogenen Q sowie eine Anleitung in elf Sprachen, darunter auch Deutsch, Italienisch, Französisch und Englisch, sind dabei. Die Anleitung indes enthält vor allem regulatorische und sicherheitsrelevante Informationen und ist nicht der Rede wert. Sie muss von gesetzes wegen in Druckform beigelegt werden.
Zudem bekommen wir ein 120 cm langes, schwarzes USB-C-Kabel. Dies ist auf beiden Seiten mit einem USB-C-Stecker ausgestattet und kann so mehr als die 2 A eines USB-A-zu-USB-C-Kabel an Stromstärke liefern und kommt auf bis zu 20 A. Ein Ladegerät ist nicht enthalten, was auch gut ist, denn die meisten von uns haben sowieso schon zu viele davon herumliegen.
Hardware und Eigenschaften
Das HMD Pule Pro ist ein klassisches Barren-Smartphone und 72.02 x 163.19 x 8.55 mm gross. Es wiegt gerade mal 196 Gramm und hat eine gläserne Rückseite sowie einen Metallrahmen. Neben der im Test vorliegenden Farbe Grün namens Glacier Green ist es zudem in Lila unter dem Namen Tiwlight Purple und in Schwarz als Black Ocean erhältlich.
Display
Als Display kommt ein 6.65 Zoll IPS-Panel im Seitenverhältnis 20:9, mit einer Auflösung von 1612 x 720 Pixel daher, was einer Bildpunktdichte von gerade mal 265 ppi entspricht. Das spiegelnde Display wird mit lediglich 90 Hz Bildwiederholfrequenz betrieben. Shiny ist anders.
SoC und Speicher
Der Prozessor des HMD Pulse Pro ist ein UNISOC T606 mit acht Kernen zu je 1.6 GHz, wobei zwei grosse ARM Cortex-A75 und sechs kleinere ARM Cortex-A55 Stromsparkerne zum Einsatz kommen. Die GPU ist eine Mali-G57 MP1 mit 650 MHz Taktung und der gesamte SoC wird bei TSMC im 12nm FinFet Prozess hergestellt.
Als Arbeitsspeicher (RAM) stehen 6 GB zur Verfügung. Um Daten auf dem Smartphone zu speichern, sind beim HMD Pulse Pro 128 GB interner Flash-Speicher bereitgestellt, wovon im Auslieferungszustand knapp 100 GB verfügbar bleiben. Der Speicherplatz kann mittels microSD-Karte um bis zu 256 GB erweitert werden. Grössere Speicherkarten werden leider gar nicht erst erkannt.

Anschlüsse und Konnektivität
Neben dem obligatorischen USB-C-Anschluss unten in der Mitte verfügt das HMD Pulse Pro zudem über einen 3.5 mm Klinkenanschluss für Kopfhörer und Headsets. Das ist fast eine Seltenheit geworden heutzutage. Zudem ist auf der Unterseite der Lautsprecher und das Mikrofon zu finden.
Der USB-Anschluss kann jedoch lediglich USB 2.0, also Datenraten bis 480 MB/s bieten, ist aber OTG-fähig und erlaubt den Anschluss von allerlei Gadgets und Zubehör.
Verbaut sind zudem natürlich NFC, ein Helligkeitssensor, Beschleunigungs- und Näherungssensoren und ein Gyroskop, AGPS, GPS und GALILEO, Bluetooth 5.0 und WLAN nach IEEE 802.11a/b/g/n/ac.
Für den Mobilfunk kommt 2G (850/900/1800/1900), 3G (B1/B5/B8), und 4G (B1/B3/B5/B7/B8/B20/B28/B38/B40) zum Einsatz. Richtig: Das HMD Pulse Pro kann kein 5G Mobilfunknetz benutzen.
Akku
Der interne Akku ist mit QuickFix austauschbar und fasst 5000 mAh. Er soll für bis zu 59 Stunden Akkulaufzeit ausreichen und mit 20 W Fast Charging schnellgeladen werden können. HMD versprocht 800 volle Ladezyklen der Handybatterie mit einer Wattleistung von 20 W.
Kameras
Die Frontkamera des HMD Pulse Pro löst mit 50 Megapixel auf. Dazu sind auf der Rückseite in einem minimalen Kamerabuckel zwei Objektive verbaut. Die 50 MP Autofocus-Kamera wird dabei von einer 2 MP Tiefenschärfe-Kamera unterstützt. Zudem ist ein LED-Blitz mit dabei. Die Kamera kann Super Night Modus und einen Tripod Mode bieten, FlashShot, AI HDR, Beauty-Filter Selfie Gesten, Night Selfie und AI Super Portrait sowie Selfie slo-mo. Auch die Selfie-Kamera löst mit 50 MP auf.
Beide Kameras können Videos mit 1080p FullHD und 30 Bildern pro Sekunde (fps) aufnehmen.
SIM-Karten
Während auf der rechten Seite des HMD Pulse Pro der Ein-Aus-Knopf mit eingebautem Fingerabdrucksensor und die Lautstärkewippe zu finden sind, ist auf der linken Seite des Smartphones der SIM-Karten-Slot verbaut. Dieser erlaubt es, zwei Karten im NanoSIM-Format und zusätzlich die microSD-Karte aufzunehmen. Zum Glück! Nichts ist ärgerlicher, als sich bei eine DualSIM-Gerät zwischen Speicherplatz und zweiter Telefonnummer entscheiden zu müssen.
Bilder: PocketPC.ch / Jeanrenaud
Das HMD Pulse Pro ist nach Schutzart IP52 gegen Staub und tropfendes Wasser gefeilt. Untertauchen sollte man das Smartphone aus Finnland jedoch nicht. Übrigens sind auch die 4G-Frequenzen für Mitteleuropa gut, in anderen Regionen der Welt jedoch sieht es dann schnell mal mau aus mit LTE+ mit dem HMD Pulse Pro. Vor dem Urlaub also am Besten mal informieren, welche Mobilfunkfrequenzen zum Einsatz kommen.
Testeindruck
Das HMD Pulse Pro ist ein schickes Handy. Das lässt sich nicht anders sagen. Mit seinem schlichten, unaufgeregten Design kommt es gut an. Dabei ist es nicht besonders innovativ gestaltet. Die Selfie-Kamera ist in einer Notch mittig im oberen Bildschirmrand eingelassen. Der Bildschirm ist zwar überlang aber für das Jahr 2024 sehr niedrig aufgelöst. Die Bedienelemente und Anschlüsse sind klassisch an der Seite des Geräts angeordnet.
Der Fingerabdruckscanner funktioniert, trotz seiner geringen Bauhöhe, erstaunlich gut und lässt sich gut ertasten. Auch die Lautstärkewippe ist haptisch gut gestaltet und leicht zu bedienen. Für meinen Geschmack hätte sie aber ruhig noch etwas höher an der Geräteseite angebracht sein dürfen. Die Verarbeitung ist sehr gut und das Gerät sieht für seine Preisklasse unter 200 SFr. bzw. Euro recht modern aus. alles passt, nichts wackelt und auch die Kamera-Erhebung auf der Rückseite links oben ist sehr sauber eingepasst und sieht mit angeschliffenen Kanten schick aus.
Kommen wir zur Leistung des UNISOC T606 SoC.
Leistung
Der Unisoc T606 ist ein Prozessor der unteren Mittelklasse, der technisch nur bis LTE Cat.7 ausgelegt ist. Darum kann das HMD Pulse Pro auch kein 5G. Mit seinen acht Kernen, wobei die bekannte ARM big.LITTLE Architektur zum Einsatz kommt, reisst der T606 des Herstellers UNISOC keine Bäume aus.
Sowohl 3D Mark als auch Geebench 6 sprechen Bände. Das HMD Pulse Pro ist jeweils weit abgeschlagen, was Rechenleistung und Graphik-Performance an geht. Es ist schlicht kein Leistungswunder und auch nicht fürs Gaming ausgelegt. Casual-Spiele mal aussen vor, sollte man das Gerät wirklich nicht zum mobilen Zocken benutzen.
Screenhots: PocketPC.ch / Jeanrenaud
Doch wozu ist das HMD Pulse Pro dann gut? Als Kamera-Handy wird es vermarktet, was vor allem an der vergleichsweise starken Fronkamera liegt. Das erstaunt zunächst, da der UNISOC T606 nur Kameras bis 24 MP unterstützt, und zwar als Dual-Kamera 16+8 MP. Daran mag es auch liegen, dass die Bilder nicht immer so toll aussehen, denn HMD musste hier einen eigenen Chip für die Graphikverarbeitung benutzen.
Bilder, die mit der Hauptkamera aufgenommen wurden, sind ziemlich scharf, jedoch ist der Kontrast der Aufnahmen nur durchschnittlich: Bei dunklerem Vordergrund und hellem Hintergrund gehen einige Details verloren. In Aufnahmen der Umgebung wirken einige Bereiche leicht überstrahlt, und Objekte im Hintergrund sowie Einzelheiten in grossen Flächen erscheinen verschwommen. Teilweise wirken die Fotos auch etwas blass und kontrastarm. Die Hauptkamera hellt dunkle Bilder mit Lichtquelle gut auf, jedoch geht dadurch auch in helleren Bereichen die Detailgenauigkeit verloren. Insgesamt wirken die Bilder unscharf und recht körnig.
Bilder: PocketPC.ch / Jeanrenaud
Die ebenfalls mit 50 MP auflösende Selfie-Kamera bringt auch eher blasse Farben zustande, kommt dafür mit Beauty-Filter und Hautton-Aufheller daher. Wer auch immer helle Punkte im Selbstportrait mit Sternchen, Tannenbäumchen oder anderen Schnickschnack ergänzen möchte.
Was indes praktisch sein könnte, sind die Selfie-Gesten, die vom HMD Pulse Pro unterstützt werden. So kann man mit Peace- oder Herzchen-Zeichen per Hand den Countdown von drei Sekunden auslösen, nachdem ein Selfie geschossen wird. Das ist nichts, was man unbedingt braucht, aber auch nicht schlecht. Auch wenn die Vorstellung dieser Funktion beim ersten Öffnen der Kamera-App mit sehr irritierenden KI-generierten Grinse-Gesichtern daher kommt. Und das Feature ist in den eher spartanisch ausgestatteten Einstellungen der Kamera-App auch deaktivierbar.
Display und Entsperren
Das Entsperren per Fingerabdruck funktioniert zuverlässig und so auch per Gesichtserkennung. Einzig in dunkleren Umgebungen schafft es das Handy nicht immer, den Sperrbildschirm zu deaktivieren, nur weil man in die Frontkamera blickt. Dazu ist das Display einfach auch nicht hell genug. Insgesamt reicht die anzeige mit einer Helligkeit von maximal 500 cd/m² eigentlich ganz gut für den Alltagsgebrauch. Auch bei gleissendem Sonnenlicht kann das HMD Pulse Pro noch gebraucht werden, so denn das Display nicht gerade spiegelt.
Verbindungen
Die Verbindungen sind sowohl per Bluetooth 5.0, als auch mittels WiFi 5 und LTE stabil und lassen nichts zu meckern übrig. Einzig, dass wir kein 5G Netz nutzen können und in den USA sowie Asien auch aus dem 4G-netz fliegen, weil nicht alle Frequenzen unterstützt werden, ist ärgerlich. Die USB-Verbindung per USB 2.0 ist entsprechend langsam, aber mal ehrlich: Wer überträgt heutzutage noch grössere Datenmengen per Kabel auf ein Smartphone?
Software
HMD installiert auf dem Pulse Pro als Betriebssystem Android 14 in einer weitgehend unangepassten Version. Einzige Änderungen sieht man, indem HMD das Thema Digital Detox in den Vordergrund rückt. Die Symbole der vorinstallierten Apps sind in Weiss gehalten, und es wurde darauf geachtet, dass das Telefon möglichst entspannte Klingeltöne bietet. Auch die meisten anderen Apps werden lediglich mit weissen Symbolen auf dem Startbildschirm und in dessen Ordnern angezeigt.
Bloatware ist indes leider auch bei HMD vorhanden: Facebook, Amazon, Booking.com, Fitbit, Kindred, LinkedIn. Alle dieser unerwünschten Nicht-System-Apps, bis auf Facebook, können jedoch deinstalliert werden. Facebook kann man nur deaktivieren. Ärgerlich. Eine App von HMD ist zudem mit dabei, die MyDevice heisst und grundlegende Informationen zum Gerät sowie Support anbietet. Dies ist auch nicht unwichtig, da HMD das Pulse Pro damit bewirbt, dass es repaierbar sei.
Auch in Zukunft soll mit Experten daran gearbeitet werden, dass das Smartphone entspannter genutzt und auch mal zur Seite gelegt werden kann.
Der Hersteller verspricht zwei Betriebssystem-Updates, also bis Android 16, was in dieser Preisklasse keineswegs üblich wäre. Zudem sollen bis Mai 2027 mindestens vierteljährliche Sicherheitsupdates bereitgestellt werden. Zum Zeitpunkt des Tests stammten die Android-Sicherheitspatches vom Mai 2024, sodass das nächste Update bald erfolgen sollte.
Screenshots: PocketPC.ch / Jeanrenaud
Reparierbarkeit
HMD legt grossen Wert auf die einfache Reparierbarkeit des HMD Pulse Pro. In Zusammenarbeit mit iFixIt werden Ersatzteile angeboten und es scheint auch gar nicht so kompliziert, einen Bildschirm oder andere Bausteile zu tauschen. Das ist insbesondere spannend, weil andere Hersteller wie Fairphone oder Swift explizit auf eine modulare Bauweise setzen, um dies zu erreichen.
Ein Repartur-Set für den Bildschirm, inklusive aller nötigen Werkzeuge und der Baugruppe, kostet für das HMD Pulse Pro bei iFixit derzeit 39,95 Euro bzw. SFr.
und die entsprechenden Reparaturanleitungen sind dort ebenfalls zu finden.
Allerdings bezeichnet HMD das Pulse Pro in einer Pressemitteilung nur als “Gen 1 repairability”, was darauf hindeutet, dass zukünftige Geräte möglicherweise noch weiter verbessert werden könnten.
Preis und Fazit
Das HMD Pulse Pro ist für den Einstieg des Herstellers ein solides Einstiegsgerät geworden, dass mit 169,99 Euro bzw. 179.- SFr. unverbindliche Preisempfehlung (UVP) für viele ein attraktives Smartphone sein könnte.
Das HMD Pulse bietet eine gerade noch passable Leistung mit einem recht schnellen internen Speicher, ein schickes, modernes Design und als Besonderheit in der Preisklasse die einfache Reparierbarkeit mit günstigen Ersatzteilen und drei Jahre lang Updates. Da kann man über das fehlende 5G, die etwas maue Kameraleistung hinwegsehen. Das Update-Versprechen und die Ersatzteile und Anleitungen auf iFixit machen das HMD Pulse Pro zu einem günstigen Gerät, was etwa als erstes Phone für Teenager durchaus seine Berechtigung hat: Ein schicker Einstieg, sowohl für die Teens als auch für HMD.
Video: HMD Global
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