Kinder haben immer früher ein Smartphone

Wann bekomme ich mein Smartphone? Wer Kinder zu Hause hat, wird diese Frage vielleicht oft hören, vor allem jetzt, wo für fiele die Schule schon wieder anfängt oder bereits wieder angefangen hat. Wenn es jemals ein modernes Erziehungsdilemma gab, dann ist es dieses. Schliesslich ist die Verbreitung von Mobiltelefonen ein sehr junges Phänomen. Die meisten jungen Eltern von heute hätten kein eigenes Smartphone besessen, als sie in dem Alter waren, in dem ihre Kinder jetzt sind. Es ist auch eine äusserst schwierige Frage. Auf der einen Seite gibt es den Komfortfaktor und das Gefühl der Unabhängigkeit, das ein Kind mit dem eigenen Handy erhält. Auf der anderen Seite ist die Smartphone-Sucht eine echte Gefahr. Es ist ein Rätsel, vor dem sicher viele Eltern gerade stehen. Deshalb hat Fairphone etwas recherchiert, um die Entscheidung für oder gegen Smartphones abzuwiegen.
Inhaltsverzeichnis
Was machen Kinder überhaupt am Handy?
Laut einer Studie hat die Mediennutzung bei Tweens, also Kindern im Alter von acht bis zwölf Jahren, seit 2019 rapide zugenommen. Die durchschnittliche tägliche Bildschirmzeit in dieser Altersgruppe liegt bei fünfeinhalb Stunden, was glücklicherweise immer noch weniger ist als die achteinhalb Stunden, die Teenager aufweisen.
Ein grosser Teil der Bildschirmzeit wird mit dem Ansehen von Online-Videos verbracht, wobei YouTube die bevorzugte Plattform stellt. Andere Aktivitäten sind Videospiele und die Beschäftigung mit sozialen Medien. Natürlich sind die sozialen Medien ein viel grösserer Anziehungspunkt für Jugendliche. Aber viele Online-Plattformen verbieten Kindern unter 13 Jahren den Zugang dazu – und das zu Recht. Das heisst aber nicht, dass es keine Tweens in den sozialen Kanälen gibt. Es bedeutet nur, dass es Schlupflöcher gibt, die ausgenutzt werden können.
Positiv vermerken ist laut der Studie der Non-Profit Organisation CommonSense Media, dass es eine wachsende Gruppe von Jugendlichen gibt, die ihre Geräte für kreative Zwecke nutzen und Kunst und Musik machen. Viele Kinder verbringen ihre Zeit auch mit Lesen und Schreiben von Texten auf ihren Geräten.

Alle oben genannten Daten gelten unabhängig davon, ob das Kind das Gerät besitzt oder nicht. Kinder werden viel früher mit Bildschirmen konfrontiert. Es gibt einen Grund, warum die Serie Baby Shark so beliebt ist. Die Generation Alpha zum Beispiel kennt nur Touchscreens und wischt instinktiv über jedes Display, selbst wenn es sich um einen alten Röhrenmonitor handelt. Es ist nur verständlich und wohl unvermeidlich, dass sie ab einem bestimmten Alter ein eigenes Gerät haben wollen.
Aber welches Alter sollte das sein? Das ist die Frage, die Kuriakose von Fairphone beantworten wollte. Dafür wird im folgenden aufgezeigt, wie sehr sich ein Smartphone auf die Entwicklung eines Kindes auswirkt, vor allem wenn es ein eigenes Gerät ist.
Wirkt sich ein Smartphone auf die psychische Gesundheit von Kindern aus?
Sapien Labs hat eine internationale Studie veröffentlicht, in der der Zusammenhang zwischen dem Alter des ersten Smartphone-Besitzes und dem psychischen Wohlbefinden untersucht wurde. Dazu wurden Anfang 2023 fast 28’000 junge Erwachsene im Alter zwischen 18 und 24 Jahren befragt. Die Ergebnisse zeigten, dass die Befragten, die ihre ersten Geräte später im Leben erhielten, ein besseres psychisches Wohlbefinden zeigten, insbesondere Mädchen und junge Frauen. Auch ihr Selbstbewusstsein und ihr Selbstwertgefühl waren stärker ausgeprägt. Dies deckt sich mit den Ergebnissen der Studie, die nahelegt, dass Smartphones die Entwicklung sozialer Fähigkeiten und Bindungen behindern können. Je jünger das Kind sein erstes Telefon erhält, desto mehr Zeit ersetzt es wichtiges soziales Lernen von Angesicht zu Angesicht durch virtuelle Interaktionen. Befragte, die ihr erstes Telefon später erhielten, berichteten auch über geringere psychische Probleme, selbst bei Kindern ohne traumatische oder negative Kindheitserfahrungen.
Natürlich ist zu bedenken, dass es sich bei der Studie eher um eine Korrelation als um eine Kausalität handelt. Niemand kann mit Sicherheit sagen, dass alle oben genannten Tendenzen allein dadurch verursacht wurden, dass die Befragten früher ein Smartphone erhalten haben. Es gibt auch Fälle von Befragten in derselben Studie, die ihr Smartphone früher erhielten, aber keine der genannten negativen Eigenschaften aufwiesen.

Was nun?
Fairphone empfiehlt im firmeneigenen Blog, so lange wie möglich zu warten, bis Kinder das erste Smartphone bekommen. Denn je älter das Kind ist, desto mehr emotionale und intellektuelle Reife wird es haben, um mit den Auswirkungen des Besitzes eines solchen Geräts umzugehen. Vor allem dann, wenn es mit dem Internet verbunden ist.
Letzten Endes wissen wohl aber Eltern eher, was für ihr Kind am besten ist. Jedes Kind ist anders, ebenso wie jede Situation. Es kann Fälle geben, in denen Ihr Kind ein Telefon früher braucht als andere. Vielleicht müssen zum Beispiel das Abholen und Bringen mit dem Kind koordiniert werden oder es ist eine Möglichkeit erforderlich, mit dem Kind in Kontakt zu bleiben, wenn es alleine draussen ist.
Man sollte auch den ursprünglichen Grund für den Wunsch des Kindes nach einem Handy nicht ausser Acht lassen. Wenn alle Freund:innen ein eigenes Gerät haben, kann das Fehlen eines eigenen Geräts zu sozialer Ausgrenzung führen, was sich wiederum auf das psychische Wohlbefinden und die soziale Entwicklung des Kindes auswirken kann.
Ein eigenes Gerät kann auch positive Auswirkungen auf das Kind haben. Das Gefühl der Unabhängigkeit und Freiheit, das das Kind dabei empfindet, ist von unschätzbarem Wert, ebenso wie die Tatsache, dass man als Eltern genug Vertrauen entgegenbringt, die damit verbundene Verantwortung zu übernehmen. Wenn man also der Meinung ist, dass ein Kind bereit für das erste Smartphone sei, sollten im ersten Schritt gemeinsam mit dem Kind die Grenzen festgelegt werden und zudem sicheres Verhalten im Internet vermittelt werden. Denn keine Freiheit kommt ohne Regeln aus.
Die Verantwortung dafür sollte nie allein bei dem Kind liegen. Wenn man gemeinsam diese Aufgabe bewältigen kann, wird ein Smartphone in seinem Leben mehr Segen und kein Fluch sein.
Quellen: Sapien Labs (Englisch), Common Sense Media (Englisch), Fairphone (Englisch)
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