Do. 02. März 2023 um 7:09

Jedes Jahr ein neues Smartphone? Ist die Branche zu schnelllebig geworden?

von Adrian Suess 0 Kommentare
Lesedauer: 5 Minuten

Wer die neusten Funktionen der bevorzugten Smartphone-Marke nutzen möchte, muss seit Jahren immer häufiger in die Geldbörse greifen. Die Taktung bei der Veröffentlichung der aktuellen Generation aller bekannten Markenhandys ist erkennbar gestiegen, teilweise vergehen nur wenige Monate bis zum neusten Modell. Der Branchentrend legt jedem Verbraucher nahe, sich individuell mit Themen wie Nachhaltigkeit, dem Nutzen der neusten Generation oder der Gewährleistung des Herstellers auseinanderzusetzen.


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Neue Smartphones: Schnelligkeit wird zur Selbstverständlichkeit

Als Markenfan von Apple, Samsung oder Google ist es nicht leicht, stets auf dem aktuellen Stand der Handy-Technologie zu bleiben. So veröffentlicht Google neue Geräte seiner Pixel-Serie mittlerweile im Abstand von wenigen Monaten. Bei Modellen wie dem Apple iPhone hat sich seit der Einführung vor gut 15 Jahren eine fast jährliche Taktung für den Release der neusten Generation durchgesetzt. Die Dynamik des Wettbewerbs sorgt für ein Nachziehen der anderen Weltmarken und verkürzt die Halbwertzeit fast jeder Handygeneration.

Aus der Marktentwicklung des letzten Jahrzehnts hat sich schleichend eine Erwartungshaltung entwickelt, spätestens in einem Jahr eine neue Version des Lieblingshandys erwarten zu dürfen. Selbst wenn dieses nicht finanziert werden soll oder kann, zeigt sich im Release der Innovationsgeist und die Wettbewerbsfähigkeit des favorisierten Herstellers. Was einen Markenfan begeistert, ist anderen mit triftigen Gegenargumenten zu schnelllebig geworden.

Technischer Fortschritt und gesteigerte Anforderungen

Natürlich gehören Smartphones zu den wichtigsten Wirtschaftsgütern unserer Tage, die Hersteller sind milliardenschwere Unternehmen. Ein gehobenes wirtschaftliches Interesse an der Vermarktung neuer Handy-Generationen dürfte betriebswirtschaftlich eine wichtige Motivation sein, die auch als grösster Kritikpunkt schnelllebiger Geräte gilt. Anstatt reine Geldgier zu unterstellen, lohnt aber ein differenzierter Blick auf die Veröffentlichungsstrategien der grossen Marken.

So hat sich das Nutzungsverhalten gerade in den letzten Jahren signifikant geändert. Leistungsfähigere Mobilfunknetze ermöglichen ein mobiles Streaming in hoher Qualität, ebenso wie die Nutzung komplexer Spiele. All dies setzt bessere technische Spezifikationen voraus, wobei jährlich Fortschritte in Prozessorleistung oder Speicherplatz auf gleichem Raum zu erkennen sind.

Der regelmässige Kauf neuer Smartphones ergibt für eine Zielgruppe Sinn, die hohe technische Anforderungen mitbringt und eine Vielzahl technischer Prozesse weiter vom klassischen PC zu Mobilgeräten verlagert. Speziell jüngere Menschen bringen diese gesteigerte Erwartungshaltung mit sich, während bei älteren Personen vielleicht überschaubare Leistungswerte für die alltägliche Handynutzung ausreichen.

Sicherheit und Funktionalität im Business

Die Folgen der Corona-Pandemie haben die gesteigerte Taktung im Release neuer Handy-Generationen indirekt angekurbelt. Firmen aller Branchen und Grössen sahen sich spontan zur Digitalisierung gezwungen. Das Smartphone rückte in diversen Betriebsbereichen in den Vordergrund, vom sicheren Datenmanagement bis zur mobilen Kommunikationslösung im Gespräch mit Kundschaft und Kollegium.

Smartphones im Business-Bereich sollten in ihren Leistungswerten an vertraute Geräte wie Laptops und PCs heranreichen können. Zudem sind die Ansprüche an Datenschutz und Datensicherheit beim Einsatz mobiler Geräte gestiegen, die bei neueren Generationen immer strikter umgesetzt werden. Ein Vorteil, den auch private Anwender berücksichtigen sollten, wenn sie das Handy als Ausweis in Deutschland oder elektronisches Zahlungsmittel nutzen.

Markenbewusstsein vs. echter Anwendernutzen

Die regelmässige Investition in die neuste Handy-Generation mit verbesserten Spezifikationen ergibt für eine Zielgrippe Sinn, die beruflich oder privat einen aktiven Nutzen aus den Verbesserungen ziehen. Und dies kann selbst der alltägliche Komfort sein, abends auf dem Handy noch einen Videostream anzuschauen und hierfür nicht den Laptop nutzen zu müssen. In der Praxis ist der Nutzaspekt jedoch speziell bei Privatanwendern überschaubar.

Nicht jeder Smartphone-Hersteller erfindet mit jeder brandneuen Handygeneration das Rad neu. Eine Rückbetrachtung der grossen Handy-Modelle wie das Apple iPhone oder das Samsung Galaxy zeigen, dass es eine grosse Varianz in technischen Neuerungen bei Veröffentlichung der nächsten Generation gibt. Oft werden kleinere Anpassungen in Design, Prozessor, Speicherkapazität oder Betriebssystem schrittweise eingeführt, um eine Weiterentwicklung der nächsten Generationen anzudeuten. Einen signifikanten Mehrwert für den einzelnen Anwender und die Anwenderin bringt die Umstellung deshalb nicht immer mit sich.

Auch der Marketing-Aspekt ist nicht zu verachten. Markenhandys sind seit Jahren ein Prestige-Objekt. Der Kundschaft lässt sich allerdings nicht ansehen, ob sie tatsächlich einen drei- oder vierstelligen Betrag für das Smartphone ausgegeben hat oder dieses für einen kleinen Beitrag als Teil eines Mobilfunkvertrags erhält. Prestige und Ansehen durch die neuste Generation funktionieren eher für diejenigen, die das Gerät besitzen, als dass ein nachhaltiger Eindruck im direkten Umfeld stattfindet.

Neue Generationen und das Thema Klimaschutz

Dass die Schnelllebigkeit der Handy-Generationen nicht ewig andauern dürfte, ist aus ökologischen Gründen zu vermuten. Bei allen Bemühen der Shops und Marken, Altgeräte zu recyceln, fällt mit jedem Altgerät zunächst zusätzlicher Müll an. Das Recycling alter Smartphones ist dem natürlichen Metallabbau in jedem Fall vorzuziehen, der mit schweren Umweltschäden verbunden ist. Dennoch ist der beste Umweltschutz, ein Elektrogerät nicht zu entsorgen, das noch einwandfrei funktioniert.

Gerade hier liegt das grosse Problem, die Nachhaltigkeit eines Smartphones zu bewerten. Ein vor Jahren gekauftes Handy dürfte Gebrauchsspuren aufweisen, jedoch für die gewohnte Nutzung im beruflichen oder privaten Alltag weiterhin ausreichen. Alleine schon das Wissen, ein besseres Modell der gleichen Marke beziehen zu können, veranlasst viele Menschen zur Investition in neue Smartphones. Mit einem grösseren nachhaltigen Bewusstsein werden nachfolgende Generationen vorhandene Elektrogeräte stärker wertschätzen. Erst recht, wenn die Ressourcen für Neugeräte knapp werden und die Kaufpreise noch mehr steigen.

 

Das Problem der veralteten Software käme dann noch dazu. Wenn die Hersteller einfach die vorletzte Generation schon nicht mehr mit sicherheitsrelevanten Updates versorgen, ist der Weg zum neuen Smartphone schon aus IT Security-Sicht fast schon unumgänglich.

Grosse Hürden bei der Handy-Reparatur

Einer der grössten Kritikpunkte umweltbewusster Verbraucher und Verbraucherinnen gegenüber den Markenkonzernen ist der Umstand, eine gewünschte, längere Nutzung nicht aktiv zu fördern. Gemeint sind kleine und grosse Reparaturen am Handy, mit denen dieses noch länger nutzbar bliebe. Durch die Verklebung der Handys ist es für den einzelnen Consumer kaum mehr möglich, den Akku oder andere Ersatzteile eigenhändig auszutauschen.

Das Vorgehen zeigt, dass die Hersteller nicht aktiv an einem langen Handyleben älterer Generationen interessiert sind. Einzelne zögern, das defekte Handy einzureichen und gegen teures Geld bei einem Markenhändler reparieren zu lassen. Einfache Reparaturen wie ein Austausch des Displays lassen sich vor Ort durchführen, bei grösseren Problemen wirkt die Investition in eine neuere Generation lukrativer. Nur wenige Unternehmen, wie Swift Phone oder Fairphone, gehen da dezidiert einen anderen weg und setzen mit modularen Smartphones auf Reparierbarkeit und damit die Langlebigkeit ihrer Geräte. Hinzu kommt auch ein deutlich längerer Softwaresupport-Zeitraum.

Direkte Folgen für Garantie und Gewährleistung

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Die Schnelllebigkeit der Branche nimmt letztlich einen Einfluss auf Garantie und Gewährleistung der Geräte. Nach deutscher Gesetzgebung sind Shops beim Verkauf von Neuwaren zu einer Gewährleistung mit einer Frist von 24 Monaten verpflichtet. Ob diese überhaupt beansprucht wird, wenn ein Markenhandy der neusten Generation in einem Bruchteil der Zeit bereits verfügbar ist, bleibt zu bezweifeln.

Hier fliesst auch die Vertragsgestaltung ein, die bei Handyverträgen nicht mehr zwingend bei 24 Monaten liegt. Zusammen mit der Herstellergarantie oder der verkürzten Gewährleistungsfrist für gebrauchte Geräte lohnt es für ale Smartphone-Use, sich neben dem Aspekt Nachhaltigkeit mit der Gewährleistung oder Garantie eines Handys zu befassen. Ein fachlich facettenreiches Themenfeld, das vor teuren Reparaturkosten bewahren kann.

Psychologische Folgen des Wandels

Triftige Argumente für und gegen die Schnelllebigkeit der Handy-Branche machen es nötig, dass sich alle selbst kritisch mit der eigenen Handynutzung befassen sollten. Ein übergeordnetes Problem sollte nicht übersehen werden: Die generelle Schnellebigkeit des Internets.

Besser ausgestattete Handys neuer Generationen können mehr. Und helfen dabei, die kleinen und grossen Dinge des Alltags immer stärker in die digitale Welt zu verlagern. Das Smartphone lädt dazu ein, häufiger über den Tag hinweg genutzt zu werden, um die immer anspruchsvolleren Wünsche des Anwenders zu befriedigen. Im Extremfall geht sogar Lebensqualität verloren, wenn das Handy dank seiner stetig wachsenden Fähigkeit mehr und mehr in den Vordergrund der Tagesgestaltung rückt. Und nur weil der sprichwörtliche “Handykonsum” anders als bei Zigaretten oder Alkohol stattfindet, ist das Risiko einer Abhängigkeit vermutlich genauso gegeben.

Fazit zur Schnelllebigkeit der Handy-Branche

Die fortschreitende Digitalisierung, neue technische Möglichkeiten und der Wettbewerb der grossen Marken haben zu einem atemberaubenden Tempo bei der Veröffentlichung neuer Handy-Generationen geführt. Ob dieses einen individuellen Nutzen bringt oder ein Altgerät noch über Jahre den eigenen Ansprüchen genügt, ist individuell abzuklären. Aspekte der Nachhaltigkeit, Gewährleistung und des bewussten Umgangs mit dem Medium Internet sollten hierbei einfliessen.

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