Di. 28. Oktober 2025 um 8:03

Google feiert Quanten-Durchbruch

von Yves Jeanrenaud 0 Kommentare
Lesedauer: 2 Minuten

Ein Algorithmus führte im Experiment Aufgaben aus, die über die Fähigkeiten klassischer Computer hinausgingen, obwohl Expertïnnen sagen, dass die praktische Anwendung noch Jahre entfernt seien.

 

Google hat einen Durchbruch im Bereich Quantencomputing verkündet, nachdem es einen Algorithmus entwickelt hat, der eine Aufgabe bewältigt, die über die Fähigkeiten herkömmlicher Computer hinausgeht. Der Algorithmus, eine Reihe von Anweisungen, die den Betrieb eines Quantencomputers steuern, war in der Lage, die Struktur eines Moleküls zu berechnen. Dies ebnet den Weg für wichtige Entdeckungen in Bereichen wie Medizin und Materialwissenschaften. Google räumte jedoch selbst ein, dass die reale Nutzung von Quantencomputern noch Jahre entfernt sei. Dennoch ist dies das erste mal weltweit, dass ein Quantencomputer nachgewiesen erfolgreich einen überprüfbaren Algorithmus ausgeführt hat und damit die Fähigkeiten von Supercomputern übertrifft., erklärte Google in einem Blogbeitrag. Molekülstrukturen sind derartig komplex, dass die Berechnungen über klassische Algorithmen hinaus gehen. Damit legt Google eine Grundlage für eine skalierbare Verifizierung und bringt Quantencomputer ihrem Einsatz als Werkzeuge für praktische Anwendungen einen Schritt näher.

 

Michel Devoret, Chef der Quantum AI-Abteilung von Google und frisch gekührter Physik-Nobelpreisträger, bezeichnete die Ankündigung als weiteren Meilenstein in seinem Fachgebiet. Der Durchbruch beim Algorithmus, der es einem Quantencomputer ermöglicht, 13’000 Mal schneller als ein klassischer Computer zu arbeiten, wurde in einem am Mittwoch in Nature veröffentlichten detailliert beschrieben. Es stellt den ersten, wissenschaftlich überprüfbaren Quantenvorsprung dar.

 

Andere Forschende geben jedoch zu bedenken, dass die Leistung von Google zwar beeindruckend sei, sich jedoch auf ein eng gefasstes wissenschaftliches Problem konzentriere, das keine wesentlichen Auswirkungen auf die reale Welt habe. Die Ergebnisse für zwei Moleküle wurden mit Kernspinresonanz (NMR), wie bei einem MRT, überprüft und lieferten Informationen, die mit NMR normalerweise nicht gewonnen werden können. Das ist durchaus bahnbrechend.

 

Winfried Hensinger, Professor für Quantentechnologien an der University of Sussex, sagte, Google habe sehr wohl einen sogenannten Quantenvorteil demonstriert. Das heisst, Google Quantum AI Team hat mit einem Quantencomputer eine Aufgabe gelöst, die mit einem klassischen Computer nicht oder nur sehr, sehr ineffizient zu bewältigen ist. Vollständig fehlertolerante Quantencomputer, die einige der Aufgaben realisieren können, die die wissenschaftliche Gemeinschaft am meisten begeistern, sind jedoch noch in weiter Ferne, da sie Maschinen erfordern würden, die Hunderttausende von Quantenbits beherbergen müssten. Quantenbit ist die Bezeichnung für eine Informationseinheit in einem Quantencomputer – analog zu den Bits in herkömmlichen Computern.

 

Hensinger räumt jedoch ein, dass die von Google erreichte Aufgabe nicht ganz so revolutionär sei, wie sie von manchen erwartet wurde. Es wird nun nicht die Welt verändern, zeigt jedoch deutlich auf, dass Quantencomputer immer leistungsfähiger werden. Wirklich leistungsstarke Quantencomputer, die eine Reihe von Herausforderungen bewältigen können, benötigen Millionen von Qubits und das ist etwas, das mit der aktuellen Quantenhardware nicht möglich ist, da Qubits so flüchtig sind. Der aktuelle Quanten-Chip von Google mit dem Codenamen Willow beherbergt derzeit gerade mal 105 Qubits.

 

Schon dafür muss die Hardware auf extrem niedrige Temperaturen gekühlt werden und braucht entsprechende Ressourcen und Geräte. Hartmut Neven, Vizepräsident für Technik bei Google, sagte, dass die praktische Anwendung von Quantencomputern trotz des Durchbruchs mit dem Algorithmus, den der Tech-Gigant Quantenechos” bezeichnet, noch etwa fünf Jahre entfernt sein könnte.


Google Willow Quantum AI
Google Willow Quantum AI. Bild: Google

Quantenbits und KI

Google ist also nicht nur ein führender Anbieter im Bereich der künstlichen Intelligenz, Suchmaschinen, Onlinewerbung und Smartphones. Google argumentiert ebenfalls, dass Quantencomputer in der Lage sein werden, einzigartige Daten zu erstellen, die in KI-Modelle eingespeist werden können und diese dadurch leistungsfähiger machen.

Klassische Computer kodieren ihre Informationen bekanntermassen in Bits, die als Null oder Eins dargestellt und als elektrischer Impuls übertragen werden. In Quantencomputern hingegen sind die Informationen in Qubits enthalten, die in einem Chip von bescheidener Grösse untergebracht sind und Teilchen wie Elektronen oder Photonen, die sich gleichzeitig in mehreren Zuständen befinden können umfassen. Diese Eigenschaft der Quantenphysik, die als Superposition bekannt ist, wird sich hier zu nutze gemacht.

Video: Google Quantum AI

 

Das bedeutet, dass Qubits verschiedene Kombinationen von Null und Eins gleichzeitig codieren und eine Vielzahl unterschiedlicher Ergebnisse berechnen können, was mit klassischen Computern nicht möglich ist. Allerdings müssen sie in einer streng kontrollierten Umgebung aufbewahrt werden, beispielsweise einer Umgebung, die frei von elektromagnetischen Störungen ist, da sie sonst leicht verändert werden können.

Doch mit Qubits lässt sich, gerade unter Berücksichtigung bayes’scher Wahrscheinlichkeit, ganz anders und vor allem manches noch viel schneller berechnen.

 

Seit Jahren indes warnt die Kryptologie davor, dass damit hochgradige Verschlüsselungen geknackt werden könnte, was Forderungen nach quantensicheren Verschlüsselungsmethoden seitens Regierungen und Unternehmen laut werden liess.

Quantensicherheit und Zeitkapsel-Angriffe

Nicht das aktuelle Leistungsvermögen von Quantencomputern bereitet dabei die grösste Sorge, sondern vielmehr das, was sie in naher Zukunft leisten könnten. Ein Umstand, auf den sich Cyberkriminelle auch schon jetzt einstellen. Unter der Bezeichnung “Zeitkapsel-Angriffe” oder auch “Capture now, decrypt later” versteht man das gegenwärtige Abfangen und Archivieren verschlüsselter Informationen, die später mithilfe fortschrittlicher Quantencomputer entschlüsselt werden könnten. Cyberkriminelle spielen hier also auf Zeit und spekulieren darauf, in fünf oder zehn Jahren Quantencomputer nutzen zu können.

 

Dadurch besteht das Risiko, dass vertrauliche Daten, die heute entwendet werden, in einigen, vielleicht wenigen Jahren offengelegt und missbraucht werden können, sofern Organisationen und Unternehmen keine frühzeitigen Schutzmassnahmen treffen.

 

Die Einführung quantenresistenter Verschlüsselung ist daher kein theoretisches Gedankenspiel, sondern stellt eine essenzielle strategische Aufgabe dar. Staatliche Institutionen und Regulierungsbehörden erkennen auch zunehmend die Brisanz dieser Herausforderung. Über alle Branchen hinweg werden Unternehmen dazu angehalten, ihre kryptografischen Systeme zu evaluieren und Migrationsstrategien zu entwickeln, um flexible, anpassungsfähige Sicherheitsarchitekturen zu etablieren, die einen raschen Wechsel zu neuen Standards erlauben.

 

Mit der Standardisierung von Post-Quanten-Kryptografie durch das post-quantum cryptography standardisation Programm der NIST, dem National Institute of Standards and Technology, darunter der Verschlüsselungsalgorithmus Kyber, entsteht beispielsweise ein möglicher Fahrplan für den sicheren Übergang. Big Tech-Unternehmen wie Apple, Google und Cloudflare experimentieren bereits mit hybriden Verschlüsselungslösungen, die klassische Verfahren mit quantensicheren Algorithmen verbinden, um aktuell effiziente Verschlüsselung mit künftiger Widerstandsfähigkeit kombinieren zu können. Denn, wenn Google Recht behalten würde, wären AES, RSA und ECDSA längst nicht mehr in Gebrauch bis 2030.

 

 

Quellen: The Guardian (Englisch),  blog.google (Englisch), blog.google (Englisch), nature (Englisch), KeeperSecurity (Englisch), NIST (Englisch)

Video: Google Quantum AI

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