Adore für Nintendo Switch im Test: Pokémon trifft Diablo – Und es funktioniert!

Cadabra Games hatte ich persönlich jetzt noch nicht auf dem Schirm. Das Indie-Studio aus Brasilien hat mit sehr wenig Personen (als Team werden gerade einmal drei Personen genannt!) das Spiel Adore für Konsolen wie PlayStation, Xbox Series, Nintendo Switch und Windows-PC entwickelt. Wir haben es für die Nintendo Switch erhalten und habe mich ans “Monsterbändigen” in die Welt Gaterdrik gewagt. Mit wirklich enorm erstaunlichen Eindrücken. Um Kritik kommt das Spiel aber auch nicht rum.
Inhaltsverzeichnis
Konzept zwischen aRPG und Monster-Taming erinnert an Pokémon und Diablo
Was ist Adore überhaupt? Die Frage stellt man sich recht schnell, denn trotz Ähnlichkeiten zu grösseren Franchise-Spielen wie Diablo oder Pokémon werden schon früh im Spiel offensichtlich. Denn die Monster, die ihr fangt setzt ihr in Echtzeit im Kampf ein, ähnlich wie Fähigkeiten in Action-RPGs. Zudem könnt ihr eine Reihe von unterschiedlichen Monstern mit ebenfalls unterschiedlichen Fähigkeiten und Elementen fangen und diese euch zu Eigen machen. Sie können übrigens auch verbessert werden, um mehr Schaden anzurichten.
Es gibt also keinen rundenbasierten Aspekt im Spiel, wie viele andere Games es versuchen von Pokémon zu kopieren und auch irgendwo völlig legitim ist. Cadabra Games lässt euch allerdings in Echtzeit kämpfen, die Monster strategisch aufs Feld bringen und spielt auch mit der Idee von Spezialattacken. Das ganze Läuft flüssig ab und erinnert tatsächlich an ein Action-RPG mit echten Fähigkeiten eures Charakters, nur eben dass es hier nun gesammelte Monster sind. Ich persönlich finde diese Idee extrem cool und macht einen riesigen Reiz des Spiels aus! Adore hat mich hier mehr als nur positiv überrascht.
Dabei darf man aber auch nicht vergessen, dass Adore im Laufe seiner Entwicklung eine enorme Transformation hingelegt hat. Im Early Access verwandelte sich das Spiel vor den Augen der Testenden von einem Rogue Like Dungeon Crawler zu dem Spielkonzept, was es heute ist. Das verdient durchaus Anerkennung, vor allem was die Experimentierfreude betrifft. Ich bin aber auch ein Stück weit froh darüber, dass Adore dort gelandet ist, wo es aktuell steht.
Screenshots: PocketPC.ch / Laser
Adore wie Pokémon? Nur ein kleiner, aber dafür ausgeklügelter Monster-Pool
Monster-Taming-Games haben natürlichen einen ganz grossen Zweck: So viele virtuelle Haustiere wie nur irgend möglich einfangen und so ein perfektes Team zusammenstellen. Allerdings ist Adore wesentlich kompakter und engmaschiger gestaltet. Lediglich um die 40 verschiedenen Monster stehen zur Auswahl. Diese beherrschen auch jeweils nur eine Spezialfähigkeiten und eine einzige normale Attacke. Alles unterscheidet sich in Form von Element, Angriffsgeschwindigkeit und Animation.
Ihr habt zudem die Möglichkeit die Monster über Material und Upgrades im Town-HUB der Welt von Gaterdrik stärker werden zu lassen. Natürlich müsst ihr dieses aber erst einmal auch “Grinden” also tatsächlich eine Zeit lang durch Dungeons und Kartenabschnitte laufen, andere Monster besiegen und Truhen öffnen. Wo wir wieder beim Action-RPG-Aspekt wären, der Diablo einfach sehr ähnlich ist. Massenweise Grinding, Materialien Farmen und im Städte-Hub neues Zeug kaufen, verbessern oder mehr.

Entdeckt ihr beim Grind neue Monster könnt ihr versuchen diese ebenfalls zu zähmen. Auch dafür benötigt ihr eine spezielle Energie über eurem Charakterlebensbalken. Ist diese vorhanden könnt ihr das Zähmen über den L-Trigger beginnen. Das Monster greift euren Character “Lukha” übrigens weiter an und ihr müsst in einem vorgegebenen Rahmen um dem Monster herum bleiben, der sich ständig bewegt. Um so angeschlagener das Monster zum Zeitpunkt des Fangvorgangs ist, um so schneller klappt es übrigens. Das Konzept wird hier als “Sweetspot” bezeichnet und ist ein wirklich interessanter Ansatz.
Wie bereits erwähnt, gibt es keine rundenbasierte Kämpfe. Ihr schickt eure Monster in den Kampf und sie schlagen sofort zu. Alles geschieht hier in Echtzeit. Ausgestattet mit vier Monstern zur gleichen Zeit, müsst ihr dann überlegen, wie ihr gegen viele gegnerische Monster oder gar eine einzige sehr starke Kreatur vorgeht. Einfach alle eure Begleiter gleichzeitig abfeuern, führt nur selten wirklich zum Sieg. Bindet Elemente intelligent ein, um euch einen Vorteil im Kampf zu verschaffen und bleibt mit eurem eigenen Charakter ständig in Bewegung. Zudem haben die Kreaturen Spezialattacken, die sich aufladen und ebenfalls strategisch im Kampf verwendet werden sollten. Einfach einen Gegner einfrieren, eine andere mächtige Attacke nachziehen und gleich wieder ein weiteres Monster flankieren. Es macht wirklich Spass!

Story ist nichts besonders, aber immerhin Mittel zum Zweck
Der Gott der Kreaturen, auch Draknar genannt, ist im Kampf besiegt und getötet worden, doch die Essenz von ihm ist in den Jungen Namens Lukha geflossen, den ihr auch spielt. In ihm lebt er nun weiter und will sich an seinem Feind, der übrigens sein eigener Sohn ist, rächen und die Welt wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Denn seit seinem Tod ist ein Fluch ausgebrochen, der die Kreaturen in der Welt von Gaterdrik befällt. Nur wenn Draknar wiedergeboren wird, kann die Seuche und damit auch sein eigener Sohn wieder gebannt werden.
Zudem spielt ihr einen “Anbeter”, also einen Adorer. Daher auch der Name des Spiels. Hier geht es vor allem um die Beziehung mit den Kreaturen, die ihr fangen könnt und bändigt. Zugegeben: Die Story reisst keine Bäume aus und ist jetzt auch nicht einer goldenen Feder entsprungen. Das ist auch bei Diablo nie der Fall gewesen, sie ist Mittel zum Zweck und das macht sie einfach auch gut. Der Kampf Draknars gegen seinen Sohn und was alles eigentlich noch dahinter steckt, wird gut erzählt und treibt durchaus an, diese weiter aufzudecken. Der Sammeltrieb und das Entdecken des für sich besten Teams ist allerdings der grössere Antrieb.

Sehr guter Grafik-Artstyle, allerdings auf der Switch mit Performance-Problemen
Erst einmal vorweg. Adore sieht auf der Nintendo Switch wirklich gut aus. Grundsätzlich liebe ich diese Art von Zwischending aus ganz leicht angehauchter Comic- und 3D-Grafik. Allein der Artstyle ist wirklich beeindruckend. Baumkronen nahe der Kamera aus der isometrischen Perspektive heraus werden verschwommen dargestellt und bieten dadurch eine optische Tiefe und zusätzliche Dimension. Die Monster sind toll animiert und unterscheiden sich deutlich voneinander und sind schick ausgearbeitet. Der minimale Neon-Look erinnert an mystische Wälder, ähnlich wie in WoW, aber auch nur ähnlich. Adore geht komplett andere Wege bei der Darstellung und es gefällt mir ausserordentlich gut!
Nicht ganz so toll sind allerdings die aktuell noch vorhandenen Performance-Probleme auf der Nintendo Switch. So bricht die Framerate gerne einmal teils unter 30 Bilder pro Sekunde ein. In vielen Fällen geht sie aber auch auf 60 FPS hoch und hält diese dann erstaunlich lange wieder, bis ihr eine Drehung im Spiel macht, in eine andere Richtung lauft und plötzlich die Bildraten wieder fallen. Das interessante: Der Prozess ist teilweise reproduzierbar, denn die Bildraten fallen stellenweise ohne ersichtlichen Grund. Wenn ihr an der Stelle bleibt und herumlauft, wo die Bildraten deutlich fallen, fallen diese dort auch immer wieder herunter, obwohl eigentlich gar nichts schwerwiegendes auf dem Bildschirm passiert.
Übrigens sind auch die UI-Elemente nicht besonders gut gewählt. An einem grossen Fernseher spielen oder an meinem AoC Agon 24 Zoll ist absolut kein Problem. Das Spiel sieht auch fantastisch auf meinem LG OLED CX aus, was durch den Artstyle noch einmal besonders gut auf einem OLED zur Geltung kommt. Alles ist auch wunderbar zu lesen. Doch sobald ihr auf dem Display der Nintendo Switch spielt ist alles extrem klein. Ich hätte mir hier eine deutlich angenehmere Skalierung gewünscht. Jetzt hab ich natürlich auch noch das erste Switch-Modell ohne den grösseren OLED-Screen, den es im neueren Gerät ja gibt. Das erschwert es noch einmal. Aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es auf der minimal grösseren Anzeige der OLED-Version besser wird.
Video: Cadabra Games
Fazit: Adore ist richtig gut, seinen Preis wert, aber nicht ohne Kritik
Man muss sich tatsächlich vor Augen halten: Adore ist ein Indie-Titel, der von einem sehr sehr kleinen Team aus Brasilien für mehrere Plattformen entwickelt wurde und macht dabei auch noch eine Menge richtig. Der Mix aus Grind und Monster-Taming geht voll auf, motiviert und macht sogar erfrischend Spass. Seine gesammelten Kreaturen auch noch in Echtzeit in den Kampf werfen zu können, Kombos zu timen und dabei ständig auf dem Feld in Bewegung zu bleiben, setzt dem ganzen Spass auch noch eine sehr positive Krone auf.
Kritik gibt es für den doch etwas flachen Monster-Pool von gerade einmal rund 40 Kreaturen. Immerhin: Sie sind wirklich liebevoll und detailliert ausgearbeitet. Das Studio hat sich hier sehr viel Mühe gegeben eine hohe Diversität zu schaffen. Zudem fühlen sich Dungeons und Maps etwas zu linear und klein an. Auch ist die Performance auf der Nintendo Switch nicht optimal und bricht häufig merklich ein. Auch ist die Text-Oberfläche im Handheld-Modus viel zu klein. Auch würde ich mir eine macOS-Version des Spiels für Apples M-Prozessoren wünschen, aber vielleicht kommt diese ja noch.
Adore ist aber kein schlechtes Spiel! Im Gegenteil. Nach dem Debakel mit den neusten Pokémon-Spielen und vielen Klonen davor, die dem Charme einfach nicht gerecht wurden, hat ein sehr kleines Indie-Studio nun etwas erfrischend anderes ausprobiert und es ist wirklich gut geworden. Aktuell kostet das Spiel in Deutschland und Österreich 19.99 Euro im Nintendo eShop und 28 SFr. in der Schweiz. Der Preis ist absolut gerechtfertigt und hätte gar etwas höher liegen können. Ich spreche eine volle Empfehlung an Fans von Monster-Taming-Games aus, die einmal etwas anderes ausprobieren wollen. Ist Adore besser als Pokémon? Nein, aber auch nicht schlechter. Das liegt vor allem daran, dass Cadabra Games hier etwas anderes probiert und es auf seine eigene Art funktioniert. Ein direkter Vergleich wäre daher auch einfach nicht gerecht.
Ich hoffe wirklich, das Team kann sich etwas vergrössern und bringt irgendwann in Zukunft einen zweiten Teil mit mehr Monstern, grösseren Weltabschnitten und etwas mehr Story-Tiefe heraus. Aber ohne dabei die Liebe zum Detail und die hier gelegten Wurzeln zu vernachlässigen. Ich würde sehr gerne mehr von dem Konzept in Zukunft sehen und hoffe zudem auch, dass es bald noch eine macOS-Version von Adore geben wird.
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