Sa. 19. April 2025 um 7:43

Mozilla Firefox: Warum ihr auf den Browser in Zukunft vielleicht verzichten solltet

von Marcel Laser 0 Kommentare
Lesedauer: 4 Minuten

Mozilla Firefox war lange Zeit irgendwie die “letzte Bastion” für eine offene und freie Web-Erfahrung. Gerade im krass dominierten Markt rund um die Chromium Enginge von Google, die in fast allen Browsern zum Einsatz kommt. Als quelloffene Alternative zu den dominierenden Playern, insbesondere Microsofts Internet Explorer und später Googles Chrome, verkörperte Firefox über Jahre die Hoffnung auf mehr Datenschutz, Nutzerkontrolle und die Einhaltung offener Standards. Und als Gemeinnützige Organisation fühlte es sich weitaus richtiger an, als “Big-Corpo” wieder einmal die hauseigenen Daten zur Verfügung zu stellen. Während der Marktanteil von Firefox aber nach und nach schrumpfte, sah sich die Mozilla Foundation immer wieder mit Kritik an ihrer Finanzierung, der Implementierung fragwürdiger Features und einer teils intransparenten Kommunikation konfrontiert.

Die jüngsten Ereignisse rund um eine Überarbeitung der offiziellen FAQ haben diese Debatte Anfang des Jahres 2025 neu entfacht und bei vielen langjährigen Nutzenden für Stirnrunzeln gesorgt. Auch wenn die genauen Formulierungen und ihre Interpretationen Gegenstand von Diskussionen sind, werfen sie doch ein Schlaglicht auf Praktiken und Prioritäten, die manche  dazu bewegen könnten, dem einstigen eigenen Favoriten den Rücken zu kehren. Genauer gesagt geht es um den Bereich “Ist Firefox kostenlos?” aus den FAQ. Dort stand über Jahre der Satz “Sie müssen für die Nutzung nichts bezahlen und wir verkaufen auch Ihre persönlichen Daten nicht”. Der letzte Teil mit dem Verkauf persönlicher Daten ist Ende 2024 aus der FAQ verschwunden. Als dann auch noch der CEO von Mozilla sich eine saftige Prämie hat auszahlen lassen, wurde es richtig wild, rund um den Browser Firefox, der auch zig YouTuber auf den Plan rief.


Hier sieht man ziemlich gut, welche Passage Mozilla aus seinen FAQs gestrichen hat. Es geht vor allem um den Teil “wir verkaufen Deine Daten nicht”. Bild: PocketPC.ch / Laser

Die Kritik entzündet sich daher vor allem an der Frage der Datenerhebung und der Transparenz darüber. Scheinbar unklare oder neu interpretierte Passagen lassen die Befürchtung aufkommen, dass möglicherweise mehr Daten gesammelt werden als bisher angenommen oder dass das Opt-out von bestimmten Telemetrie-Funktionen nicht so eindeutig oder umfassend ist, wie es sich datenschutzbewusste Menschen wünschen würden. Für viele, die bewusst Firefox wegen seiner Open-Source-Natur und dem Versprechen auf mehr Privatsphäre gewählt haben, ist dies ein Vertrauensbruch und sorgte für heftige Kritik im Netz. Zumal Mozilla nun auch betonte, dass man auch Daten von Nutzenden weitergeben könne, ohne diese zu verkaufen. Also würde “verkaufen” ja gar nicht stimmen in ihren Augen! Eine gewagte Aussage, die aber weiter zur Verschärfung der Problematik führte.

 

Bei aller Kritik ist Firefox aber kein schlechter Browser. Im Gegenteil, er ist mit seiner Gecko-Engine auch bis heute noch einer der engsten Konkurrenten zu Googles Chromium Engine, die in fast allen Drittanbieter-Browsern zum Einsatz kommt. Aber die Art und Weise, wie aktuell mit persönlichen Daten umgegangen wird oder wie transparent darüber kommuniziert wird, ist für viele ein entscheidendes Kriterium. Es ist gerade das Kriterium, warum man sich früher für Firefox im Vergleich zu Chrome entschieden hat. Wenn die FAQ, ein Dokument, das eigentlich für Klarheit sorgen soll, stattdessen neue Fragen aufwirft und das Gefühl verstärkt, dass die Prioritäten sich verschoben haben – weg von der Kontrolle der Nutzenden über den Browser und ihre Daten hin zu anderen Interessen, sei es durch Partnerschaften oder interne Strategien – dann ist es vielleicht auch an der Zeit, sich wieder nach neuen Alternativen umzuschauen. Und die gibt es durchaus, auch mit Mozillas Gecko Engine.

Video: The Morpheus

Alternative Browser für Datenschutzbewusste und Gecko-Engine-Fans

Für Nutzende, die von Firefox enttäuscht sind, aber der Gecko-Engine treu bleiben möchten, da sie die technischen Grundlagen von Firefox schätzen, gibt es hervorragende Alternativen, die den Fokus noch stärker auf Datenschutz, Sicherheit und Kontrolle über die eigenen Daten legen. Die Namen in der nun folgenden Liste enthalten auch die Links zu den Webseiten und Downloads der Browser.

  • LibreWolf: Dies ist ein unabhängiger Fork von Firefox, der von der Community entwickelt wird. LibreWolf zielt darauf ab, die Privatsphäre und Sicherheit zu maximieren, indem es Telemetrie und andere potenziell unerwünschte Funktionen entfernt, bekannte Fingerprinting-Methoden blockiert und eine Reihe von Sicherheitseinstellungen standardmässig aktiviert, die bei Firefox manuell vorgenommen werden müssen. LibreWolf ist im Wesentlichen Firefox, allerdings extrem auf Datenschutz ausgelegt. Zudem ist das beliebte uBlock Origin Plugin bereits im Browser integriert.
  • Floorp: Ebenfalls eine auf Firefox basierende Alternative, die euch aber vor allem mehr Kontrolle gibt. Floorp ist bekannt für seine umfangreichen Anpassungsmöglichkeiten bei der Benutzeroberfläche und bietet gleichzeitig verbesserte Datenschutz- und Sicherheitsfunktionen im Vergleich zum Standard-Firefox. Wenn ihr Firefox mochtet, aber mehr Optionen zur Personalisierung und einen stärkeren Fokus auf Privatsphäre sucht, könnte Floorp einen Blick wert sein. Dieser nutzt ebenfalls die Gecko-Engine und wird interessanterweise von einem kleinen Team aus Japan entwickelt. Eine sehr interessante, aber eher unbekannte Alternative, die ihr euch anschauen solltet.
  • Tor Browser: Basierend auf einer angepassten Version von Firefox ESR (Extended Support Release), ist der Tor Browser das Standardwerkzeug für anonymes Surfen über das Tor-Netzwerk. Er ist so konfiguriert, dass er Fingerprinting minimiert und den Datenverkehr über mehrere Server leitet, um die Identität des Nutzenden zu verschleiern. Während sein Hauptzweck die Anonymität ist, bietet er durch seine strikten Sicherheitseinstellungen und die Basis der Gecko-Engine auch eine sehr privatsphärenorientierte Umgebung, auch wenn er für das alltägliche Surfen langsamer ist als andere Browser, so geht es teilweise sicherer kaum noch. Der Tor Browser ist allerdings eher ein Browser für absolute Enthusiasten.

Ladybird Browser – Eine neue Hoffnung mit neuer Browser-Engine?

Apropos Browser-Engines: Das, was die Webseiten letztlich darstellt, ist die Engine unter der Haube der Programme. Lange Zeit wurde der Markt von nur wenigen Engines dominiert: Gecko (Firefox), WebKit (Safari) und – übermächtig, monopolartig – Chromium (Chrome, Edge, Brave, Opera und viele mehr). Eine neue Engine zu entwickeln, ist ein gigantisches Unterfangen und dauert teilweise Jahre, um alle Browser-Standards und -Tests für die Eignung als neue Engine zu bestehen.

Genau deshalb ist das Projekt Ladybird so spannend. Hier entsteht gerade ein Browser, der von Grund auf eine komplett neue Engine mit dem Namen Lagrange nutzt. Das ist eine riesige Sache, denn eine neue, unabhängige Engine kann frischen Wind in die Webentwicklung bringen, den Wettbewerb fördern und potenziell neue Wege für Sicherheit und Performance eröffnen, abseits der ausgetretenen Pfade der etablierten Player. Ladybird ist noch in einem frühen Stadium der Entwicklung und noch nicht bereit für den täglichen Einsatz, aber es ist definitiv ein Projekt, das man im Auge behalten sollte. Es zeigt, dass der Wunsch nach Vielfalt und unabhängiger Technologie im Web weiter da ist und eventuell geht der Ladybird Browser ja dann auch den Weg, den Firefox einst im Kampf gegen die Übermacht Chromium beschritten hat.

Firefox ist eigentlich einer der letzten eigenständigen Konkurrenten im Kampf gegen die Chromium-Engine. Bild: Mozilla Foundation

Nicht ausser acht lassen, darf man Brave. Auch wenn er nicht auf der Gecko-Engine basiert, sondern auf Chromium, verdient der Brave Browser eine respektable Erwähnung, wenn es um Alternativen mit starkem Datenschutz geht. Brave integriert standardmässig einen robusten Werbe- und Tracker-Blocker (“Brave Shields”), der das Surfen deutlich sauberer und schneller macht und die Privatsphäre verbessert. Brave Shields basiert übrigens auf Teilen des Codes des beliebten uBlock Origin Plugins für das Blockieren von Trackern und Cookie-Bannern. Brave verfolgt einen etwas anderen Ansatz, unter anderem mit einem eigenen Krypto-Wallet und einem Modell für werbefreies Surfen, bei dem Nutzende mit BAT (Basic Attention Token) belohnt werden können, bietet aber out-of-the-box einen der besten Tracking-Sicherheiten auf dem Markt, was ihn für viele attraktiv macht, die von Chrome wegwollen.

 

Die Wahl des Browsers ist eine sehr persönliche Entscheidung, die von den individuellen Bedürfnissen und Prioritäten abhängt. Das haben wir auch bereits in unserem Artikel zu den besten Browsern für iOS und Android erklärt. Doch die jüngsten Entwicklungen rund um Mozilla Firefox, insbesondere die Verwirrung und das Misstrauen, das die FAQ-Überarbeitung ausgelöst hat, sollten für alle, denen Datenschutz wichtig ist, ein Grund sein, die eigene Browserwahl kritisch zu hinterfragen und sich bewusst nach Alternativen umzusehen. Der Markt bietet exzellente Optionen, die beweisen, dass ein starker Fokus auf Privatsphäre und Nutzerkontrolle im Jahr 2025 (oder wann auch immer ihr diesen Artikel lest) nicht nur möglich, sondern Standard sein sollte!

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